Fehlerteufel hoch 3 – der BGH muss es richten

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 16.03.2013

Dem BGH wird von Instanzrichtern schon mal vorgeworfen, erstinstanzliche Urteile nur wegen Lappalien aufzuheben und dadurch für überflüssige Mehrarbeit zu sorgen.

Dass der BGH tatsächlich sogar Fehler von Tatrichtern ausbügelt, zeigt dagegen folgender Beschluss des 3. Strafsenats vom 8.1.2013 (3 StR 505/12).  Obwohl dem Landgericht gleich drei (nicht unerhebliche) Schnitzer unterlaufen sind, nämlich

a) eine Ausurteilung nur wegen 32 Fällen, während eigentlich 41 Fälle Gegenstand der Verurteilung waren,

b) Festsetzung von zwei Einzelstrafen für eine Tat,

c) Nichtfestsetzung einer Einzelstrafe für eine weitere Tat,

korrigierte der 3. Strafsenat den Urteilstenor und den Strafausspruch entsprechend und verwarf die weitergehende Revision mit folgender Begründung:

„1. Der Senat korrigiert den Urteilstenor hinsichtlich der Anzahl der Taten, weil dem Landgericht ein Fehler allein bei der Zählung der abgeurteilten Fälle unterlaufen ist. Gegenstand der Verurteilung waren 41 und nicht lediglich 32 Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Ein solcher Zählfehler darf berichtigt werden, wenn er für alle Verfahrensbeteiligten offensichtlich ist und seine Behebung darum auch nicht den entfernten Verdacht einer inhaltlichen Änderung des Urteils begründen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 3 StR 408/11, juris Rn. 4 mwN). Dies ist hier aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Einzelnen aufgeführten Gründen der Fall.

2. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Für den Strafausspruch gilt:

a) Soweit die Kammer für die Tat B 12 der Urteilsgründe versehentlich zwei Einzelstrafen in Höhe von zwei und vier Jahren festgesetzt hat, lässt der Senat die höhere der beiden entfallen. Dies beschwert den Angeklagten nicht.

b) Der Senat holt im Fall B 88 der Urteilsgründe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die unterbliebene Verhängung der Einzelstrafe nach. Er setzt diese auf das gesetzliche Mindestmaß von einem Jahr (§ 29a Abs. 1 BtMG) fest, da die Strafkammer einen minder schweren Fall (§ 29a Abs. 2 BtMG) hinsichtlich aller Einzelfälle rechtsfehlerfrei verneint hat. Dem steht das Verschlechterungsverbot nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 29. August 1986 - 3 StR 279/86, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzelstrafe, fehlende 1 mwN).

c) Die weiteren 39 Einzelfreiheitsstrafen (zwei Mal fünf Jahre und sechs Monate; 25 Mal vier Jahre; zwölf Mal zwei Jahre) hat das Landgericht rechtsfehlerfrei zugemessen. Mit Blick hierauf ist auszuschließen, dass sich der Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe von vier Jahren (Fall B 12 der Urteilsgründe) auf die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe auswirkt; diese kann somit bestehen bleiben.“

Jedenfalls in diesem Fall können sich die Tatrichter nicht beschweren...

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1 Kommentar

Kommentare als Feed abonnieren

Gibt es für solche Schludrigkeit eigentlich disziplinarrechtliche Konsequenzen oder wird derartiger Pfusch (incl. Verstoß gegen das Grundgesetz) generell mit richterlicher Unabhängigkeit gerechtfertigt und mit ca. 3500 Euro Beamtenpension belohnt?

Kommentar hinzufügen