Abschreibfehler in der neuen Glücksspiel-Werberichtlinie? - "Handelsgewerbe", "Handels", "Gewerbe"

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 03.05.2013

Die am 1.2.2013 in Kraft getretene Werberichtlinie Glücksspiel (Werbe-RL) gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV hat aufgrund ihrer erheblichen Restriktionen weitreichende und nach vielfacher Kritik sogar verfassungsrechtlich bedenkliche Folgen für die Werbepraxis in Bezug auf konzessionierte, legale Glücksspiele. Gerade vor dem Hintergund der vielen umstrittenen Regulierungsfelder der Werbe-RL ist bislang offenbar übersehen worden, dass die Richtlinie wegen eines offensichtlichen redaktionellen "Abschreibeversehens" einen lückenhaften Werbebegriff normiert.

Nach § 2 Abs. 1 Werbe-RL soll "Werbung im Sinne dieser Richtlinie" sein: "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern" (Hervorhebung des Verfassers).

Die Verfasser der Werbe-RL wollten offenbar nicht nur an Art. 2 lit. a der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über irreführende und vergleichende Werbung  und Art. 1 Abs. 1 lit. i der Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) sowie die Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV anknüpfen. Ausweislich der Begründung der Werbe-RL soll zur "Erhöhung der Rechtssicherheit und Einheitlichkeit" gerade auch auf die "überkommene Definition des Werbebegriffs durch den BGH zurückgegriffen" werden.

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der BGH (NJW 2005, 3716, 3717) sowie die genannten EU-Richtlinien einen anderen Werbebegriff zugrundelegen: Danach geht die Begriffsbestimmung nicht von der Ausübung eines "Handelsgewerbes", sondern von der Ausübung eines "Handels, Gewerbes" etc. aus. Die offenbar auf einem Abschreibfehler beruhende Abweichung ist nicht trivial.

Die terminologische Verknüpfung beider Einzelbegriffe "Handel" und "Gewerbe" zu einem „Handelsgewerbe“ führt teilweise zu Regelungslücken. Zwar betreiben werbende Glücksspielunternehmen in der Regel ein Handelsgewerbe i.S.d. §§ 1, 2 HGB. Nicht von der Werbe-RL sind nach dem Wortlaut aber z.B. Kleinunternehmen erfasst, die nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordern. Da nach der Fassung des Abs. 1 allein ein „Handel“ nicht genügt, sind Werbemaßnahmen für eine einmalige Glücksspielveranstaltung ebenfalls nicht erfasst, wenn es an einer gewerbetypischen Ausrichtung auf eine planmäßige, auf Dauer angelegte Tätigkeit fehlt.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich derselbe Abschreibfehler in einem Kommentar zum Glücksspielrecht findet, der schon vor dem Inkrafttreten und Bekanntwerden der Werbe-RL verfasst worden war (Hecker/Ruttig in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 5 GlüStV Rn. 33).

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