Fernseher und Laptop gegen Mitsorge

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 13.05.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht4|4483 Aufrufe

Wenn der Kindesvater ihr den Fernseher und den Laptop, die er mitgenommen habe, zurückgebe, könne die gemeinsame elterliche Sorge beim Jugendamt erklärt werden.

Sinngemäß so hatte sich die Mutter gegenüber dem nichtehelichen Vater geäußert und dies auch beim Jugendamt und dem OLG zugegeben.

Selbstredend sah das OLG andere Kriterien für die Sorgerechtsentscheidung:

Wenn der Vater eines nichtehelichen Kindes nicht sorgeberechtigt ist, überträgt das FamG ihm auf einen Antrag die elterliche Sorge oder einen Teil derselben gemeinsam mit der Mutter, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Dieser Prüfungsmaßstab soll sicherstellen, dass die Belange der Kinder maßgeblich Berücksichtigung finden und die Zugangsvoraussetzungen des nicht sorgeberechtigten Elternteils in Bezug auf den bisher alleinsorgeberechtigten Elternteil zur gemeinsamen Sorge jedoch hierbei nicht zu hoch angesetzt werden.

Bei der Beurteilung der Auswirkungen auf das Kindeswohl kann spiegelbildlich auf Kriterien zurückgegriffen werden, welche die Rechtsprechung zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 II Nr. 2 BGB entwickelt hat. Die gemeinsame elterliche Sorge setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen und die Ausrichtung ihres Verhaltens am Kindeswohl voraus. Es muss eine Verständigung der Eltern über wichtige Sorgerechtsfragen in einer Art und Weise möglich sein, die auch bei einem Dissens der Eltern eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleistet

Grundsätzlich entspricht es dem Wohl eines Kindes, wenn es in dem Bewusstsein aufwachsen kann, dass beide Elternteile Verantwortung tragen, sich beide um es kümmern und mit ihm Kontakt pflegen. Das Gericht muss sich unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte von Eltern und Kindern bemühen.

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist hier zu erwarten, dass die Begründung des gemeinsamen Sorgerechts der Eltern dem Kindeswohl entspricht. Die Eltern haben im Rahmen ihrer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bereits mehrere Jahre zusammengelebt und in dieser Zeit tatsächlich gemeinsam die Verantwortung für ihre Kinder sowie deren Erziehung und Betreuung wahrgenommen, wenngleich die Kindesmutter hieran den überwiegenden Anteil hatte, weil der Kindesvater in der Woche auswärtig in Norderstedt arbeitete und in der Regel nur am Wochenende in die Familienwohnung zurückkehrte. Der Kindesvater hat sich auch um die Erziehung und Betreuung des aus einer früheren Beziehung der Kindesmutter stammenden Sohnes Kevin gekümmert. Der Kindesvater war im Klassenelternrat von Kevin und später auch im Schulförderverein dieser Schule, die auch Paula nach dem Wechsel von der Grundschule besuchen sollte. Der Kindesvater hat sich gelegentlich am Wochenende um die Freizeitgestaltung der Kinder gekümmert, wobei die Mutter allerdings beklagt, dass sie hier wenig Unterstützung vom Kindesvater erfahren habe und er ihr die Kinder nur selten abgenommen habe. Der Kindesvater hat die schulischen Belange der Kinder wahrgenommen. So hat Tom im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Senat berichtet, dass, wenn er Probleme in der Schule gehabt habe, dieser sich der Kindesvater angenommen habe, in dem er persönliche Gespräche mit den Lehrern in der Schule geführt habe. Zu Zahnarztbesuchen hat der Kindesvater die Kinder unstreitig ausschließlich begleitet. Dies findet, so hat T. dem Senat berichtet, auch heute noch statt. Der Kindesvater hat regelmäßig Umgang mit den Kindern, so dass er trotz Trennung der Eltern am Leben der Kinder teilhat und über ihre Lebenssituation informiert ist. Er ist so in der Lage, verantwortliche Entscheidungen gemeinsam mit der Kindesmutter auf dieser Basis zu treffen.

OLG Rostock Beschluss vom 10.09.2012 - 11 UF 49/12

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4 Kommentare

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Wenige Tage vor Inkrafttreten der Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern stellt dieser Beschluss meiner Ansicht nach doch eine veralltete Sichtweise da.

 

"Wenn der Vater eines nichtehelichen Kindes nicht sorgeberechtigt ist, überträgt das FamG ihm auf einen Antrag die elterliche Sorge oder einen Teil derselben gemeinsam mit der Mutter, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht."

 

Genauso wie bei verheirateten Eltern gibt es nun ab dem 19.05.2013 eine gesetzliche Vermutung das die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widersprechen würde und daher nur dann nur zu versagen ist wenn es doch der Fall sein sollte.

Es muss also in Zukunft nicht meh festgestellt werden ob die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht sonder nur ob diese das Kindeswohl gefärden würde. Das schreibt der Gesetzgeber auch ausdrücklich in der Gesetzesbegründung und ebenso schreibt er dort das ein einfaches Komunikationsproblem nicht ausreichen kann um die gemeinsame Sorge zu verneinen. Vielmehr muss auch eine für die Zukufnt nachhaltige Störung vorliegen die nicht auszuräumen ist.

 

"Bei der Beurteilung der Auswirkungen auf das Kindeswohl kann spiegelbildlich auf Kriterien zurückgegriffen werden, welche die Rechtsprechung zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 II Nr. 2 BGB entwickelt hat. "

 

Auch diese Aussage wird so nicht  mehr zu tragen sein da es im Abs II Nr.2 des des §1671 BGB darum geht das es dem Wohl des Kindes am besten Entspricht.

Da aber  die gemeinsame Sorge nur dann versagt werden kann wenn damit zu rechnen ist das sich daraus eine Kindeswohlgefärdung ergibt muss man sich spiegelbildlich an der Rechtsprechung des § 1666 BGb  orientieren.

Neu zu bewerten ist auch die Möglichkeit das die gemeinsame Sorge in Teilbereichen übertragen werden kann, so kann bei Streitigkeiten um den Aufenthalt das ABR nicht übertragen werden statt es komplett zu versagen. Dennoch wird der Vater in Zukunft auch von Behörden als Elternteil mit der elterlichen Sorge anerkannt werden.

Spannend wird sein, wie es den Richtern und Richterinnen gelingt sich auf diese neuen Gegebenheiten einzulassen oder ob die Mehrheit derer lieber versuchen werden die neuen Gesetze so auszulegen das sie in gewohnter Weise vorgehen können.

 

 

 

 

 

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@Hard, genau so ist es.

 

Absurderweise kann man jetzt als Vater das GSR nach §1626 BGB "relativ leicht" bekommen, es dann aber nach §1671 noch leichter gleich wieder verlieren.

 

Wozu es neben dem hochschwelligen § 1666 auch noch einen konkurrierenden § 1671 gibt, der praktisch genau das gleiche besagt, nur mit erheblich niedrigerer Schwelle, konnte mir auch noch nie mit nachvollziehbarer Logik erklären.

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@ Gast:

Der Unterschied zwischen § 1666 BGB und § 1671 BGB ist bedeutsam:

§ 1666 BGB ermöglicht die Entziehung der elterlichen Sorge eines oder beider Elternteile, i. d. R. auf Antrag bzw. Anregung Dritter (vor allem Jugendamt) wegen Kindeswohlgefährdung. Der Eingriff in Elternrechte auf Grundlage dieser Vorschrift ist nur zulässig, wenn es kein milderes Mittel zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung gibt (z. B. ambulante Hilfen).

§ 1671 BGB betrifft hingegen den Streit getrennt lebender Eltern über die Ausübung der (bisher gemeinsam innegehabten) elterlichen Sorge. Hier ist es also vordringliche Aufgabe des Familiengerichts, den Streit der Eltern zu schlichten. Nur wenn dies nicht gelingt, hat das Familiengericht zu prüfen, ob die Übertragung elterlichen Sorge (oder von Teilbereichen, z. B. schulische Angelegenheiten, Gesundheitsfürsorge) auf einen Elternteil (und dies muss nicht notwendig der antragstellende Elternteil sein!) dem Wohl des Kindes am Besten entspricht.

Die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge verlangt nicht vollständige Harmonie beider Elternteile in allen das Kind betreffenden Fragen. Sie setzt jedoch voraus, dass die Eltern grundsätzlich die Bedürfnisse ihres Kindes im Blick behalten, zum Gespräch miteinander bereit sind und etwaige Konflikte sachlich miteinander austragen. Nur dann, wenn solche gemeinsamen Gespräche schlechthin unzumutbar sind (etwa, wenn ein Elternteil wegen einer schwerwiegenden Straftat zum Nachteil des anderen Elternteils oder eines nahen Angehörigen verurteilt wurde) oder wenn ein Elternteil aus sachfremden Motiven Entscheidungen blockiert, ist die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben.

Auch bei § 1671 BGB geht der Gesetzgeber im Grundsatz - wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt - davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge mit der damit verbundenen Meinungsvielfalt der Eltern, dem Wohl des Kindes am Besten entspricht. Die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil ist eine zu begründende Ausnahme.

 

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So steht es aber nicht im Gesetz.

 

Und es gibt mehr als genug Fälle in denen das Gericht durchaus erkannt hat, dass die Kommunikationsstörungen alleine von der Mutter ausgehen um dann trotzdem dem Vater das SR nach §1671 zu entziehen.

Begründung: "Die Alleinsorge erscheint eben eben einfach besser geeignet zu sein!"

Klappe zu Ruhe im Karton.

Das klappt so gut, dass das schon zu den gängigen Tipps in Mütterberatungsberatungsstellen zählt, wie man z.B. erst jüngst in München bei einer VamV-Anwältin mithören konnte.

 

So einfach kann "Recht"sprechung" sein.

 

"Wenn sie dem Vater das SR entziehen lassen und die Schwelle des §1666 sist Ihnen zu hoch, versuchen Sie es doch einfach über §1671. Da geht das einfacher und schneller."

 

Die Denkweise, dass (auch einseitige) Kommunikationsstörungen ein GSR unmöglich machen, hat der Gesetzgeber ja nun zum Glück für falsch erklärt.

Im §1671 lebt das aber fort.

 

Und genau das kann dazu führen, dass nun ein Vater das GSR trotz Kommunikationsstörungen nach §1626 bekommt, es ihm aber im nächsten Moment wegen Kommunikationsstörungen nach §1671 wieder abgenommen wird.

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