Schließung der CityBKK: Teil 1

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 22.10.2013

Im Jahre 2011 hat das Bundesversicherungsamt zwei Betriebskrankenkassen wegen drohender Überschuldung geschlossen, die CityBKK zum 30.06.2011 und die BKK für Heilberufe zum 31.12.2011. Von der Schließung waren mehrere hundert Arbeitnehmer betroffen. An den großen Verwaltungsstandorten der beiden Krankenkassen in Berlin, Hamburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind von den Betroffenen zahlreiche arbeitsgerichtliche Streitigkeiten um den Fortbestand der Beschäftigungsverhältnisse anhängig gemacht worden.

In einem ersten Revisionsverfahren hat das BAG am 15.10.2013 darüber zu entscheiden gehabt, ob Arbeitnehmer der CityBKK die Weiterbeschäftigung vom Land Berlin verlangen können. Die CityBKK war durch mehrere Fusionen u.a. aus der früheren BKK Berlin hervorgegangen. Arbeitnehmern, die früher beim Land Berlin beschäftigt waren, hatte das Land beim Übergang der Arbeitsverhältnisse auf die BKK 1998 schriftlich ein Rückkehrrecht für den Fall der Auflösung oder Schließung der BKK Berlin zugesagt. Auf dieses Rückkehrrecht stützen sich nunmehr die insgesamt 19 Kläger, über deren Revisionen am 15.10.2013 verhandelt und entschieden wurde.

Aus der Pressemitteilung des BAG:

Räumt ein Arbeitgeber anlässlich der Ausgliederung eines Geschäftsbereichs und des Übergangs eines Betriebsteils auf einen anderen Inhaber unter bestimmten Voraussetzungen den vom Arbeitgeberwechsel betroffenen Arbeitnehmern ein unbefristetes Rückkehrrecht ein, haben diese Anspruch auf die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber, wenn die in der Rückkehrzusage genannten Bedingungen erfüllt sind. Entsprechendes gilt, wenn die Rückkehrzusage vor der Übernahme von Arbeitnehmern durch eine Betriebskrankenkasse (§ 147 Abs. 2 SGB V) erfolgt. Ob der bisherige Arbeitgeber das Angebot rückkehrwilliger Arbeitnehmer auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags anzunehmen oder selbst ein solches Angebot abzugeben hat, hängt von der Rückkehrzusage und den weiteren Umständen des Einzelfalls ab. Diese sind auch für den Inhalt des neu zu begründenden Arbeitsverhältnisses maßgebend.
Die Klägerin war seit September 1992 beim beklagten Land angestellt und im Rahmen einer Personalgestellung als Sachbearbeiterin in der Betriebskrankenkasse (BKK Berlin), einer rechtlich selbständigen Körperschaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Sie stimmte dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die BKK Berlin zum 1. Januar 1999 zu, nachdem das beklagte Land ihr und ca. 200 anderen Beschäftigten am 20. April 1998 für den Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin schriftlich ein unbefristetes Rückkehrrecht eingeräumt hatte. Aus der BKK Berlin ging aufgrund mehrerer Zusammenschlüsse mit anderen Betriebskrankenkassen die City BKK hervor. Noch vor deren Schließung durch das Bundesversicherungsamt zum 30. Juni 2011 machte die Klägerin ihr Rückkehrrecht gegenüber dem beklagten Land geltend. Dieses nahm das Arbeitsvertragsangebot der Klägerin nicht an und meinte, seine Rückkehrzusage habe sich nur auf eine Schließung/Auflösung der BKK Berlin und nicht der City BKK bezogen.
Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zur Annahme des Arbeitsvertragsangebots der Klägerin verurteilt und die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin über die beim beklagten Land bis zum 31. Dezember 1998 zurückgelegte Beschäftigungszeit hinaus ihre Beschäftigungszeiten bei der BKK Berlin und der City BKK im neuen Arbeitsverhältnis berücksichtigt wissen wollte. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin das beklagte Land verurteilt, auch die Beschäftigungszeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 bei der BKK Berlin zu berücksichtigen.
Die Revision des beklagten Landes hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Zwar bezog sich die Rückkehrzusage des beklagten Landes vom 20. April 1998 ihrem Wortlaut nach nur auf eine Schließung/Auflösung der BKK Berlin. Die Zusage sollte jedoch die Klägerin und die anderen ca. 200 Beschäftigten veranlassen, ihren sicheren Arbeitsplatz beim beklagten Land aufzugeben. Ihr Sinn und Zweck gebietet das Verständnis, dass das beklagte Land auch nach der Vereinigung der BKK Berlin mit anderen Betriebskrankenkassen an seine Rückkehrzusage gebunden bleibt. Die Schließung der City BKK als Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin hat das Rückkehrrecht der vormals beim beklagten Land Beschäftigten ausgelöst mit der Folge, dass diese bei Ausübung des Rechts so zu stellen sind, als wären sie durchgehend beim beklagten Land beschäftigt gewesen.

BAG, Urt. vom 15.10.2013 - 9 AZR 564/12 u.a.

Am 21.11.2013 sind beim Zweiten Senat des BAG weitere Verfahren von Arbeitnehmern terminiert, die von der Schließung betroffen worden sind. Sie verfügen nicht über ein Rückkehrrecht. Umstritten ist aber insbesondere, ob die Schließung der Krankenkasse "automatisch" zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse führt (§ 164 Abs. 4 SGB V) oder ob es dafür einer (betriebsbedingten) Kündigung bedarf, die nach § 1 Abs. 2 KSchG der Kontrolle ihrer sozialen Rechtfertigung unterliegt.

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