Verbrannt

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 30.10.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht2|4391 Aufrufe

Die Eheleute suchten gemeinsam eine Anwältin auf, um sich in ihrer Scheidungsangelegenheit beraten zu lassen. Schon bei Beginn wurden unterschiedliche Auffassungen deutlich.

Die Ehefrau mandatierte daraufhin einen anderen Anwalt. Der Ehemann ließ sich zunächst von der eingangs genannten Anwältin vertreten. Später kündigte er ihr Mandat und wechselte zu einer anderen Kanzlei.

Die Honorarklage der Anwältin über 1.911,36 € blieb in 3 Instanzen erfolglos.

Der BGH lässt offen, ob überhaupt ein wirksamer Vertrag zwischen Anwältin und Ehemann zustande gekommen ist, jedenfalls aber könne sie ihren Anspruch auch in diesem Fall gemäß § 242 BGB nicht geltend machen, da dem Ehemann dann Schadensersatzansprüche in gleicher Höhe zustünden („dolo facit…“)

Die Klägerin habe es unterlassen, die Eheleute darauf hinzuweisen,


dass ein Anwalt im Grundsatz nur einen von ihnen beraten kann, dass sie bei einer gemeinsamen Beratung nicht mehr die Interessen einer Partei einseitig vertreten darf, sondern sie die Eheleute nur unter Ausgleich der gegenseitigen Interessen beraten kann, und dass sie jedenfalls dann, wenn die gemeinsame Beratung nicht zu einer Scheidungsfolgenvereinbarung führt und widerstreitende Interessen der Eheleute unüberwindbar aufscheinen, das Mandat gegenüber beiden Eheleuten niederlegen muss mit der Folge, dass beide Eheleute neue Anwälte beauftragen müssen, so dass ihnen Kosten nicht nur für einen, sondern für drei Anwälte entstehen. Weiter hätte sie die Eheleute darüber belehren müssen, dass sie möglicherweise auch dann, wenn die Eheleute eine Scheidungsfolgenvereinbarung treffen, einen der Eheleute im Scheidungsverfahren zur Stellung des Scheidungsantrags nicht vertreten kann, die Eheleute danach auch im Fall der einvernehmlichen Scheidung die Kosten für zwei Anwälte tragen müssen, weil diese Frage richterlich noch nicht geklärt ist.

Scheidungswillige Eheleute, die aus Kostengründen nur einen Anwalt aufsuchen,


ist in diesem Fall nicht bewusst, dass ihre Interessen gegenläufig sein können, weil ihnen die gegenseitigen Rechte unbekannt sind. Sie vertrauen darauf, dass der sie gemeinsam beratende Rechtsanwalt das Beste für sie herausholt, ohne sich klar zu machen, dass dieser in einer gemeinsamen Beratung bei gegenläufigen Interessen dazu nicht in der Lage sein wird. Zudem ist ihnen die Gefahr unbekannt, dass der Anwalt, der sie gemeinsam berät, unter Umständen das Mandat gegenüber beiden niederlegen muss, und dass auf sie zusätzliche Anwaltskosten zukommen können.

BGH v. 19.09.2013 - IX ZR 322/12

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2 Kommentare

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BGH: "... so dass ihnen Kosten nicht nur für einen, sondern für drei Anwälte entstehen".

 

Zur dolo-agit-Einrede: Wäre dem Schadensersatzanspruch des Mandanten, mit dem der Honoraranspruch qua dolo-agit-Einrede abgewehrt werden soll, nicht seitens der Anwältin entgegenzuhalten, dass diese Kosten auch dann, wenn sie darüber belehrt hätte? Stichwort: Rechtmäßiges Alternativverhalten.

 

 

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Stichwort: Rechtmäßiges Alternativverhalten

Bei ordnungsemäßer Belehrung wäre wohl nur eine Gebühr für eine Erstberatung angefallen.

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