Verstoß gegen Umweltzone auch schon beim Parken?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.11.2013
Rechtsgebiete: UmweltzoneOLG HammStrafrechtVerkehrsrecht|13035 Aufrufe

Da hat der Betroffene aus Dortmund seinen PKW ohne Umweltplakette in der Umweltzone abgeparkt. Ein Fahrzeugbetrieb konnte nicht festgestellt werden. Dem AG Dortmund reichte das Parken. Dem OLG Hamm auch:

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässiger Verletzung des Verbots zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen zu einer Geldbuße von 40,- € verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts parkte der Betroffene am 30.01.2013 um 17.15 Uhr seinen PKW der Marke E mit dem amtlichen Kennzeichen ##-## #### auf der T-Straße in Höhe des Hauses Nr. ## in E. Dieser Straßenabschnitt liegt im Bereich einer Umweltzone, angeordnet durch das Verkehrszeichen § 41 Abs. 2 StVO, Anlage 2 Zeichen 270.1 in Verbindung mit dem Freistellungszeichen für die Plakettenfarben Rot, Gelb und Grün. Der geführte PKW verfügte nicht über die erforderliche Plakette, um den Anforderungen einer Freistellung zu genügen, da auf der grünen Umweltplakette, die am Fahrzeug angebracht war, das dort eingetragene Kennzeichen nicht dem am PKW angebrachten Kennzeichen entsprach.

Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er meint, die Rechtsbeschwerde sei zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, da die Frage, ob das auf der Plakette eingetragene Kennzeichen identisch sein müsse mit dem Kennzeichen am Fahrzeug selbst, einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen sei. Weiterhin bedürfe es einer höchstrichterlichen Klärung, ob auch ein parkendes Fahrzeug unter das Verkehrsverbot fällt. In der Sache erhebt er die Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Rechtsbeschwerde war nach §§ 80 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zuzulassen und die Sache gem. § 80a Abs. 3 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen.

Jedenfalls die Frage, ob auch ein zum Zeitpunkt des festgestellten Verstoßes geparktes Fahrzeug den Vorwurf nach Nr. 153 BKatV i.V.m. §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG begründen kann, ist – soweit ersichtlich – bisher obergerichtlich nicht geklärt. In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage bisher unterschiedlich behandelt. Das Amtsgericht Berlin hat im Beschluss vom 21.04.2008 (295 OWi 330/08 = BeckRS 2008, 15955) einen solchen Verstoß durch Parken für möglich erachtet. Verneinend hat sich das AG Hannover (NZV 2011, 53) ausgesprochen. Auch in der Literatur gibt es insoweit verneinende Stimmen (vgl. Ilussi, NZV 2009, 483).

Die Frage ist hier auch entscheidungserheblich. Die Formulierung im angefochtenen Urteil: „Der Betroffene parkte am 30.01.2013 um 17.15 Uhr seinen PKW …“ deutet zwar zunächst darauf hin, dass Grundlage der Ahndung das Abparken des Fahrzeugs, also ein Bewegen des Fahrzeugs, war. Demgegenüber deutet die Formulierung an anderer Stelle des angefochtenen Urteils: „Schließlich steht der Erfüllung des Tatbestandes nicht entgegen, dass der PKW im Zeitpunkt des Verstoßes parkte“ auf ein im Ruhezustand befindliches Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verstoßes hin.

Bei der Zulassungs- und Übertragungsentscheidung handelt es sich um eine Entscheidung des Berichterstatters Richter am Oberlandesgericht Dr. Q als Einzelrichter.

III.

Die – auch im Übrigen zulässige – Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das angefochtene Urteil weist – selbst, wenn das Fahrzeug des Betroffenen nur abgeparkt war - keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf. Näherer Erörterung bedürfen nur folgende Punkte:

1.

Nach § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO handelt ordnungswidrig i.S.d. § 24 StVG, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 41 Abs. 1 StVO ein durch Vorschriftszeichen angeordnetes Ge- oder Verbot der Anlage 2 Spalte 3 nicht befolgt. Nr. 44 der Anlage 2 enthält das Verbot der Teilnahme von Kraftfahrzeugführern am Verkehr in gekennzeichneten Umweltzonen. Ausgenommen sind bestimmte Fahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung. Das Fahrzeug des Betroffenen als Kraftfahrzeug fällt grundsätzlich unter die o.g. Verbotsvorschrift.

Es war auch nicht nach Nr. 46 der Anlage 2 vom Verkehrsverbot ausgenommen, weil es mit einer auf dem Zusatzzeichen in der jeweiligen Farbe eingezeichneten Plakette nach § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung ausgestattet gewesen wäre. Das Fahrzeug verfügte schon nicht über die Plakette i.S.v. § 3 Abs. 1 der genannten Verordnung (35. BImSchV), da in die vorhandene Plakette das aktuelle Kennzeichen des Fahr-zeugs des Betroffenen nicht eingetragen war. Dabei ist unschädlich, dass Nr. 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrsordnung im Wortlaut nur auf § 3 Abs. 1 der 35. BImSchV verweist, während der Eintrag des Kennzeichens „des jeweiligen Fahrzeugs“ in § 3 Abs. 2 der 35. BImSchV geregelt ist. Der Verweis in Nr. 46 der Anlage 2 des § 3 Abs. 1 BImSchV in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung stellt einen Verweis auf die Art der Plakette dar. Die in § 3 Abs. 2 35. BImSchV enthaltene Regelung stellt keine Regelung zu einer anderen Kennzeichnung dar, sondern regelt die Ausgestaltung und Beschaffenheit der Kennzeichnung i.S.v. § 3 Abs. 1 35. BImSchV. Wer also keine den Ausgestaltungs- und Beschaffenheitsanforde-rungen des § 3 Abs. 2 35. BImSchV entsprechende Plakette besitzt, besitzt zwangs-läufig auch keine i.S.v. § 3 Abs. 1 35. BImSchV. Mit „Kennzeichen des jeweiligen Fahrzeugs“ ist das aktuelle Kennzeichen des Fahrzeugs gemeint. Das ergibt sich schon aus der Formulierung „jeweiligen“ sowie daraus, dass ansonsten der Zweck der Regelung, eine Kontrolle zu ermöglichen, ob das betreffende Fahrzeug in die Umweltzone einfahren darf, vereitelt würde.

Dass der Regelungsgehalt der Nr. 46 der Anlage 2 zur Straßenverkehrsordnung in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung einen einschränkenderen Regelungsgehalt gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Dies ergibt sich auch nicht aus den Materialien zur späteren Änderung dieser Regelung (BR-Drucks. 428/12), mit der nunmehr auf § 3 35. BImSchV insgesamt verwiesen wird.

2.

Entgegen der Ansicht des Betroffenen erfüllt auch das abgeparkte Fahrzeug den Bußgeldbestand, da es ebenfalls „am Verkehr teilgenommen“ hat. Teilnahme am Straßenverkehr meint auch das Parken. Dies ergibt sich schon aus der herkömmlichen Definition zu § 1 Abs. 1 StVO, wonach sich verkehrserheblich verhält, wer körperlich und unmittelbar durch aktives Tun oder Unterlassen auf den Ablauf eines Verkehrsvorgangs einwirkt, wozu auch das Abstellen des Fahrzeugs im Verkehrsraum oder das Parken gehört (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 1 StVO Rdnr. 17). Diese Auffassung wird auch bestätigt durch die Formulierung von Nr. 153 Abschnitt 1 BKatV in der seit dem 1. Februar 2009 geltenden Fassung („am Verkehr teilgenommen“). Hierdurch sollte auch der ruhende Verkehr erfasst werden (BR-Drucks. 428/12 S. 155 f.). Der bußgeldbewehrte Verstoß liegt in der bloßen Teilnahme am Verkehr in dem soeben geschilderten Sinn, unabhängig davon, ob das Fahrzeug materiell unter die Freistellungsregelung fallen könnte oder nicht.

Eine Auslegung in diesem Sinne verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mit dem Regelungsgefüge von § 3 35. BImSchV sowie Anlage 2 Nr. 44 und 46 zur StVO wird eine vergleichsweise unkomplizierte Identifizierung von unberechtigt in Umweltzonen am Verkehr teilnehmenden und dadurch die Luftreinhaltung potentiell gefährdenden Fahrzeugen erreicht. Viele Beiträge zur Schadstoffbelastung durch unberechtigte Fahrzeuge ohne Ausnahmegenehmigung i.S.v. Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO könnten nicht verhindert werden, wenn bei einem parkend oder sonst nicht mit laufendem Motor im öffentlichen Verkehrsraum angetroffenen Fahrzeug jeweils darauf gewartet werden müsste, dass der Motor in Betrieb gesetzt wird, obwohl – von eher unwahrscheinlichen Ausnahmen (wie etwa dem Transport des betreffenden Fahrzeugs mittels Anhänger in oder durch die Umweltzone etc.) – im Regelfall klar ist, dass das betreffende Fahrzeug mittels Motorkraft bewegt wurde bzw. werden wird und damit auch einen unerwünschten Beitrag zur Schadstoffbelastung leistet. Damit würde der Luftreinhaltungszweck dieser Regelungen letztlich nicht unerheblich geschwächt. Angesichts des geringen Regelbußgelds ist die Regelung auch noch angemessen.

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 24.9.2013 - 1 RBs 135/13

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