Edward Snowden bald „vor“ dem EU-Justizausschuss?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 11.12.2013

Heute hat das New Yorker TIME Magazine Edward Snowden nach Papst Franziskus zur" zweitwichtigsten Person" des Jahres 2013 gekürt. Hier bei uns in den USA wird diese Entscheidung teils gefeiert, teils heftig kritisiert.

Aktuell will Snowden wohl nächste Woche „vor“ dem Innen- und Justizausschusses des Europaparlaments die Fragen der Abgeordneten beantworten. Ursprünglich war eine Anhörung per Live-Videoschaltung nach Russland geplant. Diese wurde nun aber abgesagt, vermutlich damit die NSA keine Rückschlüsse auf Snowdens Aufenthaltsort ziehen könne. Snowden solle nun die Fragen der EU-Parlamentarier vorab schriftlich erhalten und seine Antworten auf Video aufzeichnen. Die Aussage würde dann in der nächstmöglichen Ausschusssitzung gezeigt, frühestens am 18. Dezember.

Inhaltlich soll es um Snowdens Einschätzung zum Ausmaß der Überwachung gehen.

Welche Bedeutung hat nach Ihrer Meinung die Aussage?  Und, sollte es durch die gezielte Befragung zu neuen Enthüllungen kommen, machen sich die fragenden EU-Parlamentarier vielleicht der Beihilfe zum Geheimnisverrat schuldig? Was könnten die europäischen Institutionen in Sachen Snowden rechtlich weiter unternehmen - gefordert wurde ja bereits ein „europäisches Asyl“ ?

Zum Hintergrund: Erst letzte Woche wurde bekannt, dass die NSA täglich 5 Millionen mobile Standortdaten erfasst, wie bereits hier im Blog diskutiert.

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1 Kommentar

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Hallo Herr Dr. Spies :)

 

Es ist tatsächlich erstaunlich, welches "Beben" Edward Snowden ausgelöst hat. Er hat m.E. sicher dazu beigetragen, dass der Umgang mit Daten noch bewusster und kritischer von vielen (wohl leider nicht von der Bundesregierung) gesehen wird. Direkte Auswirkungen auf die Gestaltung der neuen Datenschutz-Grundverordnung meine ich ebenfalls zu erkennen: So wurde der ursprünglich in dem geleakten ersten Entwurf der DSGVO noch enthaltene, später gelöschte Passus, dass Übermittlungen oder das Bereithalten von Daten zum Abruf aufgrund von Gerichts- oder Behördenentscheidungen in Drittstaaten nicht durchsetzbar sein sollen, wieder hereingenommen (derzeit § 43a DSGVO). Auch wenn diese Bestimmung mehr politisch denn rechtlich geprägt ist, zeigt es doch, dass Europa einen starken Gegenpol in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre der Menschen aufbauen will. Das ist auch ein Verdienst des Berichterstatters Jan Philipp Albrecht. Vor diesem Hintergrund (hier wäre sicher noch mehr zu nennen) ist Snowden tatsächlich eine einflussreiche Persönlichkeit.

 

Geheimnisverrat sehe ich nicht. Es muss einem Parlament, das den Anspruch erhebt, die Bürger Europas vertreten zu wollen, erlaubt sein, sich über freiheitsbeschränkende Abhöraktionen bei der nicht terrorverdächtigen Mehrheit zu informieren und die Bürgerrechte zu stärken. Antiamerikanismus ist fehl am Platze. Generalverdächtigungen aber auch.

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