LAG Schleswig-Holstein: Verbot von Leiharbeit bei dauerndem Beschäftigungsbedarf

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 17.01.2014

In seinem Urteil vom 10. Juli vergangenen Jahres hatte das BAG (NZA 2013, 1296) zu der umstrittenen Frage Stellung genommen, welche Bedeutung dem in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG aufgenommene Wort „vorübergehend“ zukommt. Es entschied, dass die Bestimmung die nicht mehr vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung verbiete. Beabsichtige der Entleiher, einen Leiharbeitnehmer mehr als vorübergehend zu beschäftigen, könne der Betriebsrat des Entleiherbetriebs nach § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung zur Übernahme verweigern. Allerdings bleiben hier einige Fragen offen, u.a.: Wann genau ist der Einsatz nicht mehr vorübergehend? Und worauf kommt es eigentlich an, auf die Überlassungsdauer des konkreten Leiharbeitnehmers oder auf den Arbeitsplatz beim Entleiher? Höchstrichterlich geklärt ist derzeit lediglich, dass eine nicht mehr vorübergehenden Überlassung jedenfalls nicht das Entstehen eines fingierten Arbeitsverhältnisses zum Entleiher zur Folge hat (BAG Urteil vom 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13 – PM 73/13; hierzu auch BlogBeitrag vom 11.12.2013). Hinsichtlich der ungeklärten Fragen richtet sich derzeit der Blick auf die Instanzrechtsprechung. Hier sticht eine neue Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 8.1.2014 - 3 TaBV 43/13) hervor, die eine arbeitsplatzbezogene Sichtweise zugrunde legt. Konkret ging es um folgenden Fall: Die Arbeitgeberin, ein großes Tochterunternehmen eines weltweit im Bereich der Gesundheitsvorsorge agierenden Konzerns, beschäftigt u.a. in einer Abteilung zehn festangestellte Ingenieure und vier Führungskräfte. Diese brauchen eine Assistenz, die ihnen regelmäßig zuarbeitet. Dafür ist aber keine Planstelle vorgesehen. Bereits zwei Jahre lang beschäftigte sie auf dieser Position befristet eine Leiharbeitnehmerin. Sie beantragte 2013 beim Betriebsrat erfolglos die Zustimmung zur erneuten befristeten Beschäftigung dieser Leiharbeitnehmerin. Das daraufhin eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren blieb auch in der zweiten Instanz erfolglos. Das LAG vertritt die sehr weitgehende Rechtsansicht, das AÜG verbiete die auch nur befristete Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, wenn sie einen dauerhaft anfallenden Bedarf abdecken solle. Zulässig sei insofern nur eine aushilfsweise Wahrnehmung solcher dauerhaft anfallenden Arbeiten. Ob dem Schutzanliegen des AÜG nicht doch eine allein auf den Schutz der konkreten Leiharbeitnehmers abstellende Sichtweise eher gerecht wird, erscheint allerdings auch nach dieser Entscheidung offen. Klärung dürfte hier eine wohl erst eine Entscheidung des BAG bringen. Immerhin hat das LAG Schleswig-Holstein die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen. 

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1 Kommentar

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Das LAG hat sich hier an der Lebenswirklichkeit orientiert. Die Anmietung von Menschen wird nämlich zwischen Mieter und Personalvermieter grundsätzlich befristet vereinbart (auf ein halbes Jahr z.B.), kein Betriebsrat in Deutschland wird je einen Antrag zur unbefristeten Nutzung eines Zeitarbeiters vorgelegt bekommen haben oder bekommen.

Vielleicht kann man uns aus dem Elfenbeinturm heraus einmal erklären, welcher "Schutz des konkreten Leiharbeitnehmers" hier gemeint sein soll? Soll der Zeitarbeiter vor einer Festanstellung "geschützt" werden?

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