Mittwochabend im Ersten: Der Fall Harry Wörz

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 27.01.2014

Dreizehneinhalb Jahre wurde Harry Wörz der versuchten Tötung an seiner Frau beschuldigt, bis er nach 11 Prozessen endlich den "Freispruch" in Händen hatte. Viereinhalb Jahre saß er in Haft. Gegen den – nach Auffassung der Zivilkammer des LG Mannheim, bei dem der Vater des seit der Tat schwerstbehinderten Opfers Wörz auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 € verklagt hatte – "wahrscheinlichen Täter" wird jetzt ermittelt.

Den Fall Wörz bewertet Thomas Darnstädt in seinem aufrüttelnden Buch "Der Richter und sein Opfer. Wenn die Justiz sich irrt" als einen „Super-GAU in der bundesdeutschen Justizgeschichte".

Spektakuläre Fehlurteile haben die Strafjustiz erheblich in Misskredit gebracht. Ein Fehler liegt in falschen Geständnissen (so auch in den Fällen Wörz und Peggy) und dass sich die Gerichte festlegen, ohne Alternativhypothesen gar nicht oder nur halbherzig nachzugehen.

Am Mittwochabend um 20:15 Uhr sendet das Erste unter dem Titel "Unter Anklage: Der Fall Harry Wörz" den erschütternden Kampf des Justizopfers um Gerechtigkeit.

Anschließend diskutiert Anne Will im Ersten über dasThema „Justizirrtümer“.

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12 Kommentare

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Der Titel des Buches wird nicht korrekt zitiert. Richtig heißt es: "Der Richter und sein Opfer". Gottseidank musste Harry Wörz nicht vor einen Henker treten.

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Entschuldigung, um so mehr, weil ich das Buch von Thomas Darnstädt überaus schätze und es meinen Studenten nachdrücklich empfehle!

Vielen Dank für den Hinweis, sehr geehrter Herr Kollege Faßbender. Ich habe mir erlaubt, den Fauxpas gleich zu korrigieren. Wahrscheinlich ist beim Abfassen des Texts die Erinnerung an Dürrenmatts Schullektüre mit mir durchgegangen.

Einen Disskurs über rechts-u. Verfassungswidriges Verhalten von Polizei, Sta, ..u. Organen der Rechtspflege incl. RICHTER , Ra's ist eine Sache.

Leider sind viel zuwenige Ra's ,Staatsanwälte und Richter ..mutig genug den Kampf aufzunehmen. Und so sogar selbst rechtswidrig verfolgt zu werden.(z.B RA Strate)(RA Schwenn).
Wenn Staatsanwälte und Richter wissentlich und vorsätzlich Straftaten begehen und damit faktisch die Verfasssung ausser Vollzug (§81,89..i.V.m.§92 StGB i.V.m. Art. 79III GG)setzen, so sollte es unter keinen Umständen toleriert werden, sondern eine Aufgabe für alle sein diese Staatsterroristen aus dem Amt zu entfernen( i.S.d. §§ 358, 45 Abs. 2 ff StGB ).
Art. 98 II, V GG !!

LG Wolfgang

Ein Hüter der Verfassung

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Eventuell sollte der Satz "Ein Fehler liegt in falschen Geständnissen (so auch in den Fällen Wörz und Peggy) und dass sich die Gerichte festlegen, ohne Alternativhypothesen gar nicht oder nur halbherzig nachzugehen." auch noch korrigiert werden, da es zumindest beim Überfliegen des Textes doch etwas verwundert, weshalb darin ein Fehler des Gerichts zu sehen sein sollte. Denn ohne etwas gar nicht nachzugehen, bedeutet ja gerade, dass etwas nachgegangen wird. Gemeint ist freilich "Ein Fehler liegt in falschen Geständnissen (so auch in den Fällen Wörz und Peggy) und dass sich die Gerichte festlegen, ohne Alternativhypothesen auch nur halbherzig nachzugehen." Dass dies gemeint ist, wird der Leser allerdings wohl genauso verstehen, wie dass der Vater offensichtlich auf ein Schmerzensgeld ge- und nicht verklagt hat. Auf den Film und die Diskussion darf man jedenfalls sehr gespannt sein, auch wenn gerade die Diskussion vermutlich wie so oft eher emotional als fachlich fundiert geführt werden wird.

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Sehr geehrter Herr Kollege Müller,

besten Dank für die von Ihnen vorgenommene sprachliche Richtigstellung! Allerdings gibt es mit Blick auf die spektakulären Fälle doch zwei Kategorien, die einen, in denen die Alternativhypothesen völlig beiseite geschoben wurden und dann immerhin doch diejenigen, in denen zumindest einer Alternativhypothese "halbherzig" nachgegangen wurde.

Mit besten Grüßen

Bernd von Heintschel-Heinegg

 

@ #5

Die von SPIEGELONLINE angesprochene Pressemitteilung wollte ich nachlesen, weil mir bei der gegebenen Sachlage die Begründung nicht einleuchtet, es fehle bereits am Anfangsverdacht. Der im Artikel von SPIEGELONLINE enthaltene Link führt mich auf die Startseite der Staatsanwaltschaft, auf deren Homepage ich die Pressemitteilung allerdings nicht finde.

 

Zum Spielfilm

 

Der heute Abend ausgestrahlte Spielfilm hat mir gefallen und mich deshalb überzeugt, weil er sicher zur gesellschaftlichen Sensibilisierung beigetragen hat, dass es jeden treffen kann, in die Mühlen der Justiz zu geraten und welche weit reichenden Folgen dies haben kann.

 

Zur anschließenden Diskussion

Die  Diskussion hat in ihrem zweiten Teil mit Recht die Frage ausgiebig diskutiert, wie der Rechtsstaat mit den von ihm begangenen Fehlern umgeht und wo Änderungsbedarf besteht. SWR-Fernsehdirektor Christoph Hauser schreibt im Presseheft zur Sendung: "Die Stärke des Rechtsstaats sollte sich darin beweisen, dass Fehler korrigiert werden können und mit den Opfern dieser Fehler angemessen umgegangen wird." So sollte es sein, jedoch zeigt gerade die Causa Wörz, dass hier der Gesetzgeber alsbald helfend eingreifen sollte.

 

Der berechtigte Ruf nach einer dringend durchzuführenden Reform des Wiederaufnahmerechts kam leider nur kurz zur Sprache.

Mit dem Vergleich sind die zivilrechtlichen Ansprüche von Wörz abgegolten. Damit sind die beteiligten Behörden doch strafrechtlich nicht freigestellt? Hat man die Aufklärung des Justizversagens solange verzögert, bis Verjährung eingetreten ist? Ist das nicht Strafvereitelung? Auch im Fall Arnold hätten Ermittlungen gegen die Behörden erfolgen müssen. Was sagen die Juristen dazu? Alles aus Versehen, Irrtum, tut uns leid, aber wir sind eigentlich die Guten und können Rechtsstaat. Ärmel hochkrempeln, schwarze Schafe feststellen und den versifften Justiz-Laden aufräumen! Das steht jetzt schon seit langem für jeden Juristen an und nicht "im Prinzip ist ja bis auf Ausnahmen eigentlich alles gut"-Korpsgeist dauersäuseln. 

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