Der tamilische Hilfskoch und sein fiktives Einkommen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 26.02.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht2|3199 Aufrufe

Der tamilische Hilfskoch ist seinen drei Kindern (11, 13 und 15 Jahre) zum Barunterhalt verpflichtet. Nach Aufgabe seiner unwirtschaftlichen Selbständigkeit ist er arbeitslos und bezieht Hartz IV.

Gesetzt, ausreichende Erwerbsbemühungen liegen nicht vor, wie wäre sein fiktives Einkommen zu berechnen?

Hartz IV (774 €) + fiktiv erzieltes, teilweise anrechnungsfrei bleibenden monatlichen Nebeneinkommen? Dies ergäbe ein fiktives Einkommen von insgesamt ca. 940 Euro, dem ein Selbstbehalt eines teilweise Erwerbstätigen von 850 bis 900 Euro gegenüberstehe. Die Differenz verbleibe rechnerisch als eine Leistungsfähigkeit geringen Umfanges zum Kindesunterhalt.

Nein, sagt der 3. Senat des OLG Hamm (3 UF 192/13 vom 06.01.2014, anders z.B. OLG Brandenburg NJW 2008, 3366), so geht das nicht . Im Hinblick auf die Systematik des Kindesunterhaltsrechts und der Regelungen des SGB II sei es verfehlt, den Antragsgegner dadurch zur Zahlung von Mindestkindesunterhalt als leistungsfähig anzusehen, dass er ihm fiktiv gerade weniger als eine vollschichtige Erwerbstätigkeit, sondern lediglich eine Teilzeiterwerbstätigkeit neben dem Bezug von Sozialleistungen ansinnen würde.

Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit sei vielmehr ein fiktives Vollerwerbseinkommen zuzurechnen. Dies betrage bei einem Hilfskoch in Nordrhein-Westfalen monatlich durchschnittlich 1.387 € brutto. (das AG war von 2.288 € (!) ausgegangen) Nach Abzug der üblichen Aufwendungen ergebe sich ein bereinigtes Netto von unter 1.000 €, so dass Leistungsfähigkeit nicht vorliege.

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2 Kommentare

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2.288 €/Monat an fiktivem Einkommen entsprechen ca. 13,60 €/h. Sportliche Annahme, die der Richter / die Richterin des Amtsgerichts da getroffen hat.

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Ein Hilfskoch, im Fachjargon auch Beikoch genannt, verdient so wenig, daß er sich nicht einmal selbst ernähren könnte, wenn beim Kartoffelnputzen nicht ab und zu mal ein Stück Schale abfiele.  Das Amtsgericht lebt in einer fremden Welt. Aber selbst die Annahme des OLG,  Beiköchen werde tatsächlich 1.378,- Euro brutto gezahlt, hat noch einen sozialromantischen Einschlag.

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