Ein Fitnessstudio als eingetragener Verein?

von Dr. Philippe Rollin, veröffentlicht am 12.03.2014

Das geht nicht, erklärt das OLG Zweibrücken (3. September 2013, BeckRS 2014, 02006) und gibt damit einen neuen Anlass, über die Anforderungen an einen eingetragenen Verein des Privatrechts (§§ 21 ff. BGB) nachzudenken.

Grundbild dieses Vereins ist der sog. nicht wirtschaftliche Verein (§ 21 BGB), auch Idealverein genannt. „Ideal“ bedeutet, dass der Zweck des Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Das ist nicht zwingend mit der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit (§ 52 AO) gleichzusetzen, für die strengere Regeln gelten. Man kann also Ideale verfolgen, ohne gemeinnützig zu sein.  

Im vorliegenden Fall wollte ein Verein ein Fitnessstudio betreiben und scheiterte damit vor dem Registergericht. Zu Recht, wie das OLG meinte:

Für die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Vereinen folgt die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, der von Karsten Schmidt begründeten typologischen Methode, nach der von drei Grundtypen von Vereinen auszugehen ist, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist [...]. Es handelt sich zum einen um den Volltypus des unternehmerischen Vereins, der an einem äußeren Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet (Typ 1), zum anderen um den Verein mit unternehmerischer Tätigkeit an einem inneren (aus den Mitgliedern bestehenden) Markt (Typ 2) und schließlich den Verein, der eine genossenschaftliche Kooperation betreibt, also von seinen Mitgliedern mit ausgegliederten unternehmerischen Tätigkeiten betraut wird (Typ 3).

Nach Ansicht des OLG lag hier der Volltypus des unternehmerischen Vereins (Typ 1) vor. Das OLG stützt sich auf eine Auskunft der IHK und die Internetseite des Vereins, auf der offenbar der Öffentlichkeit angeboten wird, das Fitnessstudio gegen Entgelt zu nutzen. Die Entscheidung ist nachvollziehbar, wirft aber in der Begründung Fragen auf, insbesondere: Wie grenzt man das (angeblich) „wirtschaftliche“ Fitnessstudio vom „klassischen“ Sportverein ab? Hierzu das OLG:

[Das Fitnessstudio] wirbt mit den Erfolgen der bei ihm tätigen Trainer und mit für einen Gewerbetreibenden typischen Aussagen (kostenloses Probetraining, preiswerter Mitgliedsbeitrag) um Kunden auf einem Markt.

Wirbt so nicht auch ein klassischer Verein, der Mitglieder gewinnen möchte?

Sportvereine als Idealvereine sind dadurch gekennzeichnet, dass sie grundsätzlich allen Menschen zugänglich sind […].

Das Fitnessstudio nicht auch?

Sportvereine als Idealvereine sind dadurch gekennzeichnet, dass […] einen Gewinn im ökonomischen Sinn nicht erzielen.

Würde ein Fitnessstudio, das als e.V. organisiert ist, nicht auch auf Gewinne, zumindest aber auf Gewinnausschüttungen, verzichten? Wenn ja: Würde das dann ausreichen, um als e.V. organisiert zu sein?

Sie [Vereine] sind selbstorganisiert […].

Müsste ein Fitnessstudio, das als e.V. organisiert ist, nicht auch zwingend selbstorganisiert (§§ 25 ff. BGB) sein? Was heißt eigentlich „selbstorganisiert“?

[…] ihre sportliche Betätigung findet zum Teil in subventionierten Räumen (Sporthallen) oder auf subventionierten Flächen (Sportplätzen) statt.

Ist die (staatliche?) Subvention wirklich ein Merkmal eines eingetragenen (Sport-)Vereins?

Die Mitglieder haben regelmäßig nur geringe Beiträge zur Erfüllung der Gemeinnützigkeit des Vereins zu zahlen.

Gibt es nicht Sportvereine mit Mitgliedsbeiträgen, die höher sind als übliche Fitnessstudiotarife?

Feste Trainingszeiten und die Teilnahme unter dem Namen des Vereins an organisierten sportlichen Wettkämpfen sind weitere, typische Kennzeichen eines Idealvereins.

Jedes Fitnessstudio hat „feste Trainingszeiten“. Wie „typisch“ sind diese Merkmale wirklich?

Im Gegensatz hierzu werden kommerzielle Sportanbieter professionell geführt […].

Gibt es nicht auch eingetragene Vereine, die „professionell“ geführt werden? Was heißt eigentlich „professionell“? Setzt das BGB nicht vielmehr stillschweigend voraus, dass es „professionelle“ Vereinsvorstände gibt, wenn es – nur – den schlecht bezahlten Vorstand haftungsmäßig privilegiert (§ 31a BGB)?

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5 Kommentare

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Über das "professionell" geführt gibt es vielleicht ein wenig Streit, aber ich gebe noch kurz mit 'rein: Der ADAC ist auch ein Idealverein...

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Turn-, Fussball-, Tennis-, Golf- und andere traditionelle Vereine und deren Sportverbände haben einfach eine erhebliche Lobby in Staat und Politik, und wollen sich gegen Fitenesscenter wehren, und diese in eine "Schmuddelecke" schieben, oder aber wenigstens als Sportstätten zweiter Klasse abstempeln.

Turnvater Jahn und seine Nachfahren haben die heute in Gesellschaft und Medien über Sport vorherrschenden Ansichten weitgehend geprägt.

Das scheint auch an vielen Richtern nicht spurlos vorbeigegangen zu sein.

Mir erscheint das Urteil möglicherweise unbewußt voreingenommen, weil vermutlich auch die hier zur Entscheidung berufenen Richter mit den traditionellen Klischees und Ansichten aufgewachsen sind, ohne diese jemals wirklich radikal und hinreichend kritisch zu hinterfragen.

Ein Phänomen, das sich nicht nur im Sport- und Vereinsrecht zeigt. 

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@ Hans-Werner: 

Nachdem weniger als 25% der Mittelverwendung des ADAC dem tatsächlichen Mitgliederservice zugute kommt und das Hauptgeschäft nunmehr als steuerpflichtige Versicherung eingestuft wurde, könnte sich das mit dem e.V. für den ADAC auch bald erledigt haben.

Die intellektuelle Qualität des Kartellschutzes von Kapitalgesellschaften liegt wertmäßig bei etwa 1 €, vgl. § 5a Abs, 1 GmbHG.

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