Wer soll das bezahlen?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 28.03.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht1|3155 Aufrufe

Der übliche Ablauf im Vaterschaftsfeststellungsverfahren:

Der potentielle Vater wendet ein a) Mehrverkehr (was von der Mutter eingeräumt wird) und b) er sei unfruchtbar.

Das Gericht holt ein Sachverständigengutachten ein, Ergebnis: Er ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,999999% der Vater.

Das Gericht stellt seine Vaterschaft fest und legt ihm  die gesamten Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten einschließlich Auslagen des Gerichts  und die notwendigen Auslagen der Mutter auf).

Die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung bleibt vor dem OLG Stuttgart erfolglos. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hat der BGH die Entscheidung zu den Kosten aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Der BGH weist eindrücklich daraufhin, dass es sich nach der Reform bei der Vaterschaftsfeststellung nicht mehr um ein kontradiktorisches Verfahren mit dem Kostengrundsatz „Der Verlierer muss alles bezahlen“ handelt.

Bei der nach § 81 I FamFG zu treffenden Ermessensentscheidung zu den Kosten handle es sich nicht um ein Regel-Ausnahme-Verhältnis.


Der Reformgesetzgeber wollte mit der Umgestaltung der Regelung zur Kostenentscheidung für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erreichen, dass das Gericht nicht nur - wie nach bisherigem Recht - die Erstattung der außergerichtlichen Kosten, sondern auch die Verteilung der Gerichtskosten nach billigem Ermessen vornehmen kann. Damit soll den Gerichten die Möglichkeit gegeben werden, im jeweiligen Einzelfall darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 215). Die nach früherem Recht in § 13 a I FGG enthaltene Grundregel, dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, wurde deshalb bewusst nicht in die Neuregelung übernommen.

Das Maß des Obsiegens oder Unterliegens sei ein Gesichtspunkt, der in die Ermessensentscheidung einzustellen sei. Bei der Ermessensentscheidung habe nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, dass die Mutter bereits zu Beginn des Verfahrens einen Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt habe. Jedenfalls deshalb habe der Antragsgegner vor Kenntnis vom Ergebnis des Abstammungsgutachtens nicht sicher sein können, ob er der Vater der Antragstellerin ist.

BGH v. 19.02.2014 - XII ZB 15/13

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"Bei der Ermessensentscheidung habe nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, dass die Mutter bereits zu Beginn des Verfahrens einen Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt habe. Jedenfalls deshalb habe der Antragsgegner vor Kenntnis vom Ergebnis des Abstammungsgutachtens nicht sicher sein können, ob er der Vater der Antragstellerin ist." 

Konsequenterweise müsste in diesem Fall die Kindesmutter die Kosten des Verfahrens tragen, da sie streng genommen Anlass zur Klage geboten hat. 

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