Uneinsichtig = Strafschärfung?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.05.2014

In die Strafzumessungserwägungen rutschen leicht einmal etwas ungünstige Formulierungen hinein, die dann richtigerweise zu erfolgreichen Revisionen führen. So etwa hier:

Der Strafausspruch hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Die Jugendkammer hat der Angeklagten straferschwerend angelastet, dass sie die Einsicht vermissen lässt, den entscheidenden Tipp für den Überfall gegeben zu haben. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken.

aa) Einer Angeklagten darf es nicht zum Nachteil gereichen, dass sie bestimmte Tatbeteiligungen oder auch Tatveranlassungen bestreitet und infolgedessen bspw. keine Einsicht darin zeigt, dass möglicherweise nur auf ihre Hinweise hin die Angeklagten sich zur Tat entschlossen. Zum Nachteil eines bestreitenden Angeklagten darf bspw. nicht verwertet werden, dass er kein Mitgefühl und keine Schuldeinsicht gezeigt hat (BGH, Beschluss vom 16. September 1988 – 2 StR 124/88, StV 1989, 199) oder nach Rechtskraft eines Schuldspruchs auch noch weiterhin die Tat leugnet (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 – 3 StR 121/12). Eine andere Bewertung ist nur zulässig, wenn ein Ange-klagter bei seiner Verteidigung ein Verhalten an den Tag legt, das im Hinblick auf die Art der Tat und die Persönlichkeit des Täters auf besondere Rechts-feindlichkeit und Gefährlichkeit schließen lässt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Be-schlüsse vom 7. November 1986 – 2 StR 563/86, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 4; vom 4. November 1993 – 1 StR 655/93, StV 1994, 125).

bb) Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Die Angeklagte war von Rechts wegen nicht gehindert, zu leugnen, dass sie den entscheidenden Tipp für den Überfall gegeben hatte. Jedenfalls war die Jugendkammer bei diesem Prozessverhalten der Angeklagten gehindert, straferschwerend zu berücksichtigen, dass sie insoweit die Einsicht darin vermissen lasse, den entscheidenden Tipp gegeben zu haben.

b) Es ist nicht auszuschließen, dass die Jugendkammer unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und ohne die rechtsfehlerhafte Erwägung auf eine niedrigere Sanktion erkannt hätte.

BGH, Beschluss vom 29.1.2014 - 1 StR 589/13

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen