Nach 88 Zeitverträgen endlich unbefristet

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 18.06.2014

Da hat die Post gerade noch mal die Kurve bekommen: Insgesamt 88 mal hatte sie eine Postbotin mit befristeten Verträgen beschäftigt, 17 Jahre lang immer wieder für ein paar Wochen, drei oder sechs Monate. Moralisch war das schon immer zweifelhaft, rechtlich galt es bis vor Kurzem als zulässig: Wenn und solange der Arbeitgeber einen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses hat (§ 14 Abs. 1 TzBfG), darf er ihn befristen. Und dass bei der Post immer wieder vorübergehender Vertretungsbedarf für erkrankte, in Mutterschutz oder Elternzeit befindliche Zusteller besteht, kann man sich leicht vorstellen.

Mit etwas Nachhilfe durch den EuGH (EuGH 26.1.2012 - C-586/10 "Kücük", NZA 2012, 135) hat das BAG aber mittlerweile erkannt, dass derartige Vertragsgestaltungen rechtsmissbräuchlich sind und damit gegen § 242 BGB verstoßen (BAG 18.7.2012 - 7 AZR 783/10, NZA 2012, 1359). Zwar hat das Gericht bislang offen gelassen, wo genau die Grenze zwischen zulässigem Rechtsgebrauch und unzulässigem Rechtsmissbrauch verläuft. Dass sie aber jedenfalls bei 88 Zeitverträgen in 17 Jahren überschritten war, dürfte unzweifelhaft sein.

Das hat - im letzten Moment - auch die beklagte Deutsche Post AG erkannt. Sie hat der Klägerin im Gütetermin vor dem ArbG Schwerin einen unbefristeten Vertrag angeboten.

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