Fusionskontrolle - Stoppschild überfahren – Bußgeld von EUR 20 Mio. ok

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 05.07.2014

Man darf fusionskontrollrechtliche Anmeldepflichten nicht übersehen. Das hat der EuGH in dieser Woche dem belgischen Energieversorger Electrabel noch einmmal schmerzhaft in Erinnerung gerufen (Urteil vom 03.07.2014, Rs. C-84/13 P – Electrabel/Kommission).

Wer trotz bestehender Anmeldepflicht einen Zusammenschluss vollzieht, verstößt - und dies gilt für die meisten Fusionskontrollrechtsordnungen und insb. die EU-Fusionskontrolle und die deutsche Fusionskontrolle - gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot.

Das führt zur Nichtigkeit des Vollzugsgeschäfts, also z.B. der Anteilsübertragung oder der Übereignung von Vermögenswerten. Allein deswegen lohnt es sich in jedem Fall, die Fusionskontrolle ernst zu nehmen. Denn wenn der Erwerber die Anteile am Zielunternehmen gar nicht erworben hat, kann er sie auch nicht irgendwann (wirksam) weiterveräußern.

Der Verstoß gegen das Vollzugsverbot kann von den Kartellbehörden wie – je nach Zuständigkeit - der Kommission oder dem Bundeskartellamt auch mit einem Bußgeld geahndet werden. Und diese Bußgelder können wehtun und das sollen sie aus Sicht der Behörden auch. Hierum geht es in dem hier zu behandelnden Fall.

Man kann sich natürlich fragen, ob es richtig ist, einen versehentlichen Verstoß gegen Anmeldepflicht und Vollzugsverbot gleich mit einem Millionenbußgeld zu ahnen. Das Bundeskartellamt hat in seiner Praxis in diesen Fällen bislang immer das richtige Augenmaß bewahrt und nur in Fällen richtig zugelangt, in denen der nicht angemeldete Zusammenschluss zu untersagen gewesen wäre.

Anders ist dies bei der Kommission, die auch in Fällen nicht angemeldeter, aber freigabefähiger Zusammenschlüsse wie mit der eisernen Faust zuschlägt. Für diese Praxis steht der hier genannte Fall.

Worum ging es?

Electrabel hatte im Jahr 2003 ca. 49% der Anteile an der Compagnie nationale du Rhône erworben. Im Jahr 2007 meldete Electrabel eine Anteilsaufstockung als Erwerb alleiniger Kontrolle über das Unternehmen an. Die Kommission gab den Zusammenschluss frei und verhängte wegen der früheren Transaktion, in der sie einen Kontrollerwerb sah, ein Bußgeld in Höhe von EUR 20 Mio. (!) wegen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot gegen Electrabel. Seither wird der Fall als abschreckendes Beispiel für die Wichtigkeit zitiert, fusionskontrollrechtliche Anmeldepflichten ernst zu nehmen.

Das EuG hatte die Bußgeldentscheidung der Kommission im Jahr 2012 bestätigt (hier). Der EuGH hat jetzt das Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen.

Es bleibt also dabei:

1. Fusionskontrollrechtliche Anmeldepflichten müssen unbedingt beachtet werden. Sonst wird es teuer.

2. Das gilt - jedenfalls für die Kommission - auch in Fällen, die problemlos freigabefähig sind.

 

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