Keine gemeinsame Sorge für den Vergewaltiger der Mutter

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 05.07.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht|3369 Aufrufe

Aus der nichtehelichen Beziehung sind zwei Kinder hervorgangen, für die bislang die gemeinsame elterliche Sorge bestand.

Er wurde wegen Vergewaltigung der Kindesmutter und Körperverletzung in zwei Fällen rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Die Haftentlassung steht im August 2014 an.  Der Kindesvater stellt die der Verurteilung zugrundeliegenden Taten nach wie vor in Abrede, so etwa im Rahmen seiner Anhörung zur vorzeitigen Bewährungsaussetzung wie auch im vorliegenden Verfahren.

Zwischen den Kindeseltern besteht seit der Inhaftierung des Kindesvaters keinerlei Kontakt; hinsichtlich des Aufenthalts der Kindesmutter und der Kinder besteht eine Auskunftssperre. Hinsichtlich des vom Kindesvater erstrebten Umgangs mit beiden Kindern, der seit der Inhaftierung nicht stattgefunden hat, wird beim Amtsgericht ein gesondertes Verfahren geführt.

Die Mutter begehrt die alleinige elterliche Sorge für die Kinder. Das AG entschied antragsgemäß, VKH für die Beschwerde wurde dem Vater vom OLG Celle verweigert.

Das OLG weist darauf hin, dass mit dem Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern der Gesetzgeber dem gesetzlichen Leitbild der gemeinsamen elterliche Sorge Geltung verschafft hat. Danach erfordere eine Alleinsorge eines Elternteils über eine schwerwiegende und nachhaltige Störung der elterlichen Kommunikation hinaus die Feststellung, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind erheblich belastet würde, wenn seine Eltern gezwungen würden, die elterliche Sorge gemeinsam zu tragen. Insofern reichten weder die bloße Ablehnung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch die Kindesmutter noch selbst manifest gewordene Kommunikationsschwierigkeiten der Kindeseltern als solche aus.

Die Reform hat also nicht nur Auswirkungen für die Herstellung, sondern - was oft vergessen wird - auch für die Auflösung der gemeinsamen Sorge.

Vorliegend aber gilt nach Auffassung des OLG:

Die Umstände des konkreten Streitfalles rechtfertigen allerdings offenkundig in diesem Sinne die Feststellung, dass das erforderliche Zusammenwirken der Eltern im Rahmen einer gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge im Kindesinteresse ausgeschlossen ist. Zugleich ist hinreichend sicher, dass eine Verpflichtung der Kindesmutter zur gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge mit dem Kindesvater für die Kinder erheblich belastend wäre. So ist es angesichts der rechtskräftigen Verurteilung des Kindesvaters wegen mehrerer schwerer und höchstpersönlicher Delikte zum Nachteil der Kindesmutter dieser schlicht nicht zumutbar, mit dem Kindesvater in der für eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge erforderlichen Weise zu kommunizieren, ihn also über zumindest wesentliche Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten und mit ihm gemeinsam wesentliche Entscheidungen zu erörtern. Dies gilt umso mehr, als der Kindesvater seine Taten nach wie vor ausdrücklich in Abrede nimmt, eine abschließende Verarbeitung mithin nicht möglich sein wird. Bereits ein Zwang der Kindesmutter zu entsprechender Kommunikation wäre mit der konkreten Möglichkeit ihrer ständigen Retraumatisierung verbunden, durch die wiederum das aktuelle verlässliche Umfeld der Kinder unmittelbar gefährdet würde. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Vergewaltigung durch den Kindesvater teilweise in Anwesenheit des gemeinsamen Sohnes erfolgt ist, insbesondere dieser also besonders schutzbedürftig vor jedem Wiederaufleben des seinerzeitigen Geschehens im Bewusstsein der Kindesmutter ist. 

Auf die im Rahmen der Beschwerde demgegenüber allein angesprochene Frage, inwieweit der Kindesvater „das Strafverfahren … innerlich vollständig aufgearbeitet“ hat (was angesichts seiner durchgehenden Leugnung der Taten allerdings bemerkenswert wäre), sowie auf eine behauptete „uneingeschränkte Kooperationsbereitschaft“ seitens des Kindesvaters kommt es insofern dagegen für sich nicht entscheidend an.


OLG Celle v. 19.05.2014 - 10 UF 91/14

 
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