Keine Anfechtung des Gewinnverwendungsbeschlusses der HV aufgrund von Stimmverlusten wegen unterlassener Mitteilungspflicht

von Dr. Philippe Rollin, veröffentlicht am 20.09.2014

Die Hauptversammlung (HV) der beklagten börsennotierten AG beschloss, den Bilanzgewinn teilweise an die Aktionäre auszuschütten und teilweise auf neue Rechnung vorzutragen. Der Wortlaut des Beschlusses wies dabei nicht nur gesamte an die Aktionäre auszuschüttende Summe aus, sondern auch den sich für jede einzelne Stammaktie und für jede einzelne Vorzugsaktie ergebenden anteiligen Betrag.

Gegen diesen Beschluss wandte sich der Kläger mit seiner Anfechtungsklage. Er war der Ansicht, dass der Beschluss rechtswidrig sei, weil einzelne Aktionäre gegen ihre Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten aus §§ 21 ff. WpHG, 35 WpÜG verstoßen hätten. Daher ruhten die Stimm- und Dividendenrechte dieser Aktionäre (§§ 28 WpHG, 59 WpÜG). Die Anfechtungsklage blieb erfolglos (BGH vom 29. April 2014, II ZR 262/13):

Zunächst seien die Stimmen der betroffenen Aktionäre für den Gewinnverwendungsbeschluss nicht kausal gewesen. Selbst wenn man annähme, dass die betroffenen Aktionäre gegen ihre Pflichten aus WpHG und WpÜG verstoßen hätten und der Versammlungsleiter der HV den Stimmverlust, der sich daraus ergibt, berücksichtigt hätte, wären die betreffenden Beschlüsse nicht anders gefasst worden.

Weiterhin schadete es der Beklagten auch nicht, dass sie im Beschlusstext den auf jede einzelne Aktie anfallenden Dividendenanteil genannt hatte. Hieraus hatte die Klägerin versucht, Honig zu saugen: Sie argumentierte – grundsätzlich richtig – dass sich der Rechtsverlust aus §§ 28 WpHG, 59 WpÜG auch auf den Dividendenanspruch erstrecke. Daher hätte die HV der Beklagten bei der Berechnung des Dividendenanteils jeder Aktie die von dem Stimmverlust betroffenen Aktionäre herausrechnen müssen. Auch dieser Ansicht erteilte der BGH eine Absage:

Zunächst ist die HV nach Ansicht des BGH gar nicht dafür zuständig, zu beschließen, an welche Aktionäre eine Dividende ausgeschüttet wird. Diese Frage ergebe sich aus Gesetz oder Satzung. Die Aufschlüsselung, die die HV der Beklagten – überobligationsmäßig – vorgenommen hatte, sei nur nachrichtlich und deklaratorisch. Weiterhin hätten von einem Stimmverlust betroffene Aktionäre die Möglichkeit, ihren Pflichten nachzukommen und ihren Rechtsverlust damit rückwirkend zu beseitigen. Ob dies im Zeitpunkt der tatsächlichen Gewinnausschüttung überhaupt der Fall sei, sei unklar.

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