OLG Hamm: Bei Vorfahrtsverletzung müssen die beiderseitigen Sichtverhältnisse dargestellt werden

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.11.2014

Eine kurze aber trotzdem schöne Entscheidung zu den Darstellungsanforderungen an das tatrichterliche Urteil nach Vorfahrsverstoß:

Der Senat weist darauf hin, dass zur Feststellung einer Vorfahrtsverletzung grundsätzlich die Darlegung der beiderseitigen Sicht- und Geschwindigkeitsverhältnisse gehört (Hentschel/König/Dauer, 42. Aufl., StVO § 8 Rdn. 75 m.w.N.). Dies ist hier nicht geschehen. Allerdings begründet dies nicht den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, da nichts dafür erkennbar ist, dass die Tatrichterin etwa grundsätzlich die Feststellungsanforderungen verkannt oder anders bewertet hätte und deswegen eine Wiederholungsgefahr besteht. Vielmehr liegt ersichtlich eine Oberflächlichkeit im Einzelfall vor. Der Senat gibt in diesem Zusammenhang zu erwägen, sorgfältig zu prüfen, ob derartige Fälle ohne Einholung eines verkehrsanalytischen Gutachtens entschieden werden können. Es kommt insoweit bzgl. der Erhebung eines Fahrlässigkeitsvorwurfes nicht nur auf ein (ggf. sogar umsichtiges) Verhalten des Betroffenen an, sondern auch darauf, ob dieser ggf. trotz des umsichtigen Verhaltens den vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer nicht so rechtzeitig hat wahrnehmen können, um sein Fahrzeug noch rechtzeitig zum Stehen bringen zu können. Auch hieraus folgt allerdings kein Zulassungsgrund, da es sich um eine Frage handelt, die sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles bestimmt.

  Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 20.8.2014 - 1 RBs 122/14
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