Regierungsentwurf zu § 184 c (Jugendpornografie) deutlich entschärft

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 14.11.2014

Dieser Beitrag ist zugleich ein Update zu dem von mir vor zwei Monaten erstellten Beitrag "Gesetzgeberischer Murks: Der geplante 184c StGB (Jugendpornografie)".

Dem Bundestag lag zur zweiten und dritten Lesung nunmehr ein gegenüber der Fassung vom September in einigen Punkten entschärfter Entwurf vor:

In die Definition (auch in § 184 b StGB)  ist nun wie im geltenden Recht  der Begriff „pornografisch“ wieder eingefügt worden, so dass es bei der Anknüpfung der Kinder- und Jugendpornografie an den allg. Pornografiebegriff bleibt. Inwieweit der Begriff „pornografisch“ dann doch anders ausgelegt wird als bei der Erwachsenenpornografie und welche Interpretation bei Jugendpornografie Verwendung finden wird, wird sich wohl erst in der Praxis zeigen (vgl. zuletzt der BGH zur geltenden Norm). Jedenfalls ist dadurch mein erster Kritikpunkt erheblich entschärft worden.

Durch die neue Formulierung des § 184c Abs.4 StGB wird die Gesetzeslage sogar gegenüber der geltenden Regelung verbessert. Nunmehr soll der Strafausschluss nicht mehr vom Alter des Herstellers abhängen, sondern allgemein gelten, wenn es um die einvernehmliche Herstellung von Bildern ausschließlich zum privaten Gebrauch geht. Der neue Absatz 4 soll nun lauten:

„Absatz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 5, und Absatz 3 sind nicht  anzuwenden auf Handlungen von Personen in  Bezug auf solche jugendpornographischen Schriften, die sie ausschließlich zum persönlichen Gebrauch mit Einwilligung der dargestellten Personen hergestellt haben.“

Die geänderte Regelung folgt damit auch der Stellungnahme des Kollegen Eisele aus Tübingen. Damit hat sich mein zweiter Kritikpunkt erledigt. Zudem kann auch die in meinem dritten Punkt angesprochene Situation nicht mehr eintreten.

Mein vierter Kritikpunkt (Strafbarkeit des Versendens eines aufreizenden "selfies") bleibt nach dem Wortlaut aktuell, ist aber nunmehr durch die Begrenzung auf Pornografie wesentlich entschärft.

Mein fünfter Kritikpunkt bleibt ebenfalls aktuell, denn nach wie vor ist vom Wortlaut der Ausnahme in Abs.4 nur eine Verbreitungshandlung des Herstellers, nicht aber eine der dargestellten Person selbst ausgeschlossen. Auf die Problematik hatte auch Kollege Eisele in seiner Stellungnahme hingewiesen, sie blieb aber unbeachtet. Man kann darf aber hoffen, dass die h. M. trotz der scheinbaren Bestätigung des Wortlauts durch den Gesetzgeber auch künftig eine erweiternde Auslegung des Abs.4 S.2 dahingehend vornimmt, die Strafbarkeit der dargestellten Person(en) selbst auszuschließen.

Immerhin kann man feststellen, dass die Kritik am Regierungsentwurf nicht unbeachtet geblieben ist.

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4 Kommentare

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Was leider bleibt, ist das Verbot der Erstellung von "Blossstellenden Aufnahmen". Das bedeutet ein z.B. ein Verbot von Aufnahmen von Prinz Regenschirm. Er würde einfach argumentieren, es gäbe kein öffentliches Interesse, er sei keine absolute Person der Zeitgeschichte.  (Vor einigen Jahrem hatte übrigens Sigmar Gabriel behauptet er sei keine absolute Person der Zeitgeschichte, im Zusammenhang mit einer Karikatur die ihm nicht gefiel). Jedenfalls wird es wieder viel Beschäftigung für Gerichte geben.

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Einspruch...es wurde meiner Meinung nach nichts entschärft....

Aus dem Entwurf:

[...]Um auch unwillkürlich eingenommene
geschlechtsbetonte Körperhaltungen, etwa durch ein schlafendes Kind, strafrechtlich in § 184b StGB zu erfassen, soll es nicht mehr auf das Einnehmen dieser Körperhaltung als sexuelle Handlung ankommen, sondern lediglich auf die Körperhaltung selbst.
[...]
Seite 30 in http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/026/1802601.pdf

Wer legt die Hand ins Feuer, dass wenn z.B. Kinder nackig oder teilweise unbekleidet im Garten am Kinderplantschbecken spielen oder sich unter dem Rasensprenger abkühlen keine Bilder von "unwillkürlich eingenommenen geschlechtsbetonten Körperhaltungen" entstehen und dass sich diese Bilder u.U. auf Festplatten oder Smart-Phones von Eltern wiederfinden?

Außerdem wo ist im §184b und §184c in der neuen Fassung der Begriff pornographisch zu finden?

bombjack

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Sehr geehrter Herr Bombjack,

zunächst: Dieser Beitrag, wie auch der vorherige, bezieht sich auf § 184 c (Jugendpornographie), also nur auf einen Ausschnitt aus dem gesamten Gesetzentwurf. Hier, bei § 184 c, wurde allerdings teilweise geändert und damit entschärft, was ich zuvor als "Murks" bezeichnet habe. Ich habe die Begrenzung meines Beitrags  in den Überschriften deutlich gemacht. Ich hatte § 184 c StGB zum Gegenstand meiner Betrachtung gemacht, weil dieser in den übrigen Medien überhaupt nicht thematisiert wurde. Die anderen Änderungen sehe ich teilweise ebenfalls als kritikwürdig an.

In der Pressemitteilung heißt es:

Das Sexualstrafrecht wird verschärft. Der Bundestag stimmte am Freitag, 14. November 2014, mit den Stimmen von CDU/CSU- und SPD-Fraktion einem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (18/2601) in der durch den Ausschuss geänderten Fassung (18/3202) zu.

Ihr Zitat stammt aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf. Gerade weil dieser geändert wurde, habe ich dieses Update geschrieben, habe aber zunächst versehentlich die ältere Version an der falschen Stelle verlinkt. Das Wort "pornographisch" wurde in der Fassung des Rechtsausschusses sowohl in § 184 b als auch in § 184 c (wieder) ergänzt. Im Regierungsentwurf hieß es jeweils in Abs.1 Nr.1 der Vorschriften, kinderpornographisch/jugendpornographisch "ist eine Schrift, wenn sie ...zum Gegenstand hat". Nun heißt es "ist eine pornographische Schrift, wenn sie...zum Gegenstand hat".

Einen Überblick über sämtliche Änderungen des Gesetzentwurfs nach Beratung im Rechtsausschuss finden Sie hier.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:
Einen Überblick über sämtliche Änderungen des Gesetzentwurfs nach Beratung im Rechtsausschuss finden Sie hier.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

 

 

Danke für den Link.....trotzdem bleibt da bei beiden Paragraphen der Knackpunkt was eine "unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung" ist und zusätzlich beim §184b was eine "sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes" ist.

Zudem und das ist meiner Meinung auch ein Knackpunkt liegt bei letzterem und mit Einschränkungen auch bei ersteren eben keine Tat im Sinne des §176 und ff. vor d.h. hier wird explizit darauf abgestellt was ein Rezipient u.U. bei einem Bild empfinden könnte und damit sind wir beim Gesinnungsstrafrecht angelangt, eine in meinen Augen besorgniserregende Entwicklung.....

Ferner dürfte nun diese beiden §184b und §184c Definitionen so weit gefasst sein, dass eine Bildersuche bei einer Suchmaschine (ohne BpjM-Modul) oder sich im Bilderforum eines Bilderhosters im Ausland Treffer im Sinne der beiden Paragraphen finden lassen werden, in Verbindung mit dem neu eingeführten § 184d Abs. 2 dürften da Ermittlungen dann Tür und Tor geöffnet sein und man weiß ja, dass bei solchen Ermittlungen, dann das soziale Leben für die Betroffenen ohne Probleme weiter gehen wird.....

Außerdem wie schaut es nun mit den Büchern und Bildern von Jock Sturges, Sally Mann, David Hamilton, Will McBride (Zeig mal) und Robert Mapplethorpe aus?

Darf ich u.U. dann mit einer Anklage rechnen wenn diese Bücher oder Bilder bei mir gefunden werden, weil irgendein Staatsanwalt meint diese könnten ein Kind/Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zeigen bzw. zusätzlich eine sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes darstellen?

Mit freundlichen Grüßen
bombjack

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