Geschlechterquote im Aufsichtsrat?

von Dr. Philippe Rollin, veröffentlicht am 17.11.2014

Das Bundesfamilienministerium hat den Referentenentwurf eines „Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft […]“ vorgelegt. Der hier interessierende privatrechtliche Teil des Gesetzes sieht unter anderem vor, dass künftig eine Geschlechterquote in bestimmten Aufsichtsräten gilt.

Die Regelung gilt für börsennotierte Gesellschaften, die der paritätischen Mitbestimmung unterfallen. Nicht börsennotierte Rechtsformen wie z.B. GmbHs sind außen vor, ebenso „nur“ drittelbestimmte Gesellschaften nach dem DrittelBG.

Das „unterrepräsentierte Geschlecht“ muss künftig mit mindestens 30% im Aufsichtsrat vertreten sein. Die Quote gilt gesondert für die Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer.

Aufsichtsratswahlen, die gegen die Quotenregelung verstoßen, sind nichtig. Der betreffende Stuhl im Aufsichtsrat bliebe dann leer. Die Nichtigkeit in Verbindung mit der getrennten Quotengeltung für beide Teile des Aufsichtsrates soll „verhaltenssteuernde Wirkung“ haben, weil beide Seiten bestrebt seien, „ihre“ Stühle im Aufsichtsrat zu besetzen. Adressaten sind neben Anteilseignern und Arbeitnehmern auch ein Gericht, das ausnahmsweise Aufsichtsratsmitglieder bestellt (§ 104 AktG).

Die Nichtigkeit kann insbesondere bei kleineren Aufsichtsräten unerfreuliche Folgen für die Beschlussfähigkeit haben, vor allem wenn ein Scheinaufsichtsratsmitglied an der Beschlussfassung mitwirkt. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn in einer Listenwahl mehrere Aufsichtsratsmitglieder gleichzeitig gewählt werden. Bei diesem aktienrechtlich erlaubten, wenngleich nach Ziffer 5.4.3 Satz 1 DCGK unerwünschten, Wahlmodus droht die Nichtigkeit der gesamten Listenwahl.

Das Gesetz soll ab 2016 gelten.

Über verfassungsrechtliche Bedenken informiert Prof. Stoffels: http://blog.beck.de/2014/11/09/gutachten-geplante-gesetzliche-frauenquot...

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