BAG: Einsatz von Leiharbeitnehmern im JobCenter

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 11.12.2014
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtZeitarbeitLeiharbeitJobCenter2|3441 Aufrufe

Der Kläger macht die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses geltend. Er ist bei einer gemeinnützigen Gesellschaft angestellt, deren Trägerin zu rund 98% der Landkreis ist. Die Gesellschaft erzielt keine Gewinne. Ihre vorrangige Aufgabe ist die Betreuung und ggf. Vermittlung von Langzeitarbeitslosen. Über eine Erlaubnis nach dem AÜG verfügte sie nicht. Sie hat eine solche auch nach der Änderung des AÜG zum 1.12.2011 (Erlaubnispflichtigkeit bei jeder Überlassung als "wirtschaftliche Tätigkeit" statt zuvor nur bei "gewerbsmäßigem", also auf Gewinnerzielung gerichtetem Handeln) nicht beantragt. Den Kläger hat sie an das örtliche JobCenter überlassen, wo er im Rahmen der Personalgestellung als "Fachassistent im Bearbeitungsservice Leistungen SGB II“ eingesetzt war. Die Beschäftigung erfolgte aufgrund mehrerer befristeter Verträge vom 1.7.2007 bis zum 30.6.2008, vom 1.7.2008 bis zum 31.12.2009, vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2010 und schließlich vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2011.

Das LAG Düsseldorf hat die Befristungskontrollklage abgewiesen. Der Kläger stehe gar nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Da diese nicht über die nach § 1 Abs. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis verfüge, fingiere § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG i.V. mit § 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher, hier dem Landkreis als Träger des JobCenters. Dieser sei nicht verklagt worden. Darüber, ob das Arbeitsverhältnis mit dem Landkreis unbefristet bestehe, sei daher nicht zu entscheiden (LAG Düsseldorf, Urt. vom 26.7.2012 - 15 Sa 336/12, BeckRS 2012, 71606; dazu den Bericht hier im BeckBlog).

Auf die Revision des Klägers hat das BAG das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen:

Zwar sei für den Erfolg einer Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG grundsätzlich Voraussetzung, dass zum Zeitpunkt des streitbefangenen Beendigungstermins ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe. Es spreche aber viel dafür, dass der bisherige Arbeitgeber für eine zulässigerweise bereits vor dem vereinbarten Fristende erhobene Befristungskontrollklage passiv legitimiert bleibe, wenn zwischen der Erhebung der Befristungskontrollklage und dem Beendigungstermin ein Betriebsübergang erfolge.

Indem § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG die Erlaubnispflicht seit dem 1.12.2011 auf alle Arbeitgeber erstrecke, die "im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit" Arbeitnehmerüberlassung betreiben, bedürften nunmehr wohl auch Verleiher bei einer nicht auf Gewinn ausgerichteten Tätigkeit, aber Entgeltlichkeit der Überlassung, einer Erlaubnis.

Werde ein Antrag auf Verlängerung einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis abgelehnt, gölte gem. § 2 Abs. 4 AÜG die Erlaubnis für die Abwicklung der zuvor erlaubt abgeschlossenen Verträge für längstens ein Jahr als fortbestehend. Diese Regelung sei entsprechend anzuwenden, wenn die bisher erlaubnisfreie Arbeitnehmerüberlassung infolge einer Gesetzesänderung erlaubnispflichtig und der Antrag des Verleihers auf Erteilung einer Überlassungserlaubnis abgelehnt oder mangels Erfolgsaussicht erst gar nicht gestellt worden sei.

Jedenfalls sei ein Einsatz von Leiharbeitnehmern in gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 SGB II mit dem System des SGB II nicht vereinbar.

(BAG, Urt. vom 23.7.2014 - 7 AZR 853/12, BeckRS 2014, 73848)

Anm.: Im drittletzten Absatz hieß es statt "Verleiher" ursprünglich "Entleiher". Ich bitte, das Versehen zu entschuldigen.

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2 Kommentare

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bedürften nunmehr wohl auch Entleiher bei einer nicht auf Gewinn ausgerichteten Tätigkeit, aber Entgeltlichkeit der Überlassung, einer Erlaubnis

Ich nehme an, es sind Verleiher - korrekt eigentlich: Vermieter, die "Leihe" ist nicht unentgeltlich und daher ein Euphemismus - gemeint.

Erwähnenswert im Hinblick auf die "Leistung" des LAG vielleicht noch, dass der Arbeitnehmer seine Klage vor dem 1.12.2011 erhoben hat.

Und der Hinweis des BAG:

Das Landesarbeitsgericht wird weiter zu berücksichtigen haben, dass ein vorübergehender Bedarf des Arbeitgebers, der sich aus der Planung eines Betriebsübergangs ergibt, keinen Sachgrund für eine Befristung darstellt.

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