"Der Ersatzführerschein ist mir aber etwas zu schmal ausgefallen..."

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.12.2014

Mal etwas aus dem Verwaltungsrecht. Der Kläger hat seine Fleppe verloren. Der neue Führerschein weist aber weniger Führerscheinklassen auf, als der Kläger sich eigentlich dachte. Was nun? Allgemeine Leistungsklage zum VG. War aber erfolglos (VG Bremen, Urteil vom 06.11.2014 - 5 K 795/13):

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Ausstellung eines Führerscheins, der zusätzliche Fahrerlaubnisklassen ausweist.
Dem Kläger kam Anfang Mai 2013 sein am 21.04.1999 erteilter Führerschein abhanden. Daraufhin stellte er bei der einen Antrag auf Ausstellung eines Ersatzführerscheins. Nachdem die Auskünfte aus dem Verkehrszentralregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister eingeholt hatte, stellte sie dem Kläger unter dem 10.05.2013 einen neuen Führerschein aus, der die Fahrerlaubnisklassen AM, A1, A, B und L ausweist. In der Folge wandte sich der Kläger an die und teilte mit, dass er Inhaber einer Fahrerlaubnis der alten Klasse 3 gewesen sei und daher der Führerschein auch die Klassen BE, C1 und C1E ausweisen müsse.
Der Kläger hat am 26.06.2013 Klage erhoben. Er trägt vor, dass er - damals bereits unstreitig Inhaber einer türkischen Fahrerlaubnis der Klasse B und 24-jährig - im Jahr 1998 bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der damaligen Fahrerlaubnisklasse 3 gestellt habe. Zuvor habe er, um über eine bloße Umschreibung hinaus auch die neuen Klassen BE, C1 und C1E zu erwerben, neben theoretischer und praktischer Prüfung auch Fahrstunden absolviert.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des am 10.05.2013 von der Beklagten ausgestellten Führerscheins mit der Führerscheinnummer E0110015863, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Führerschein zu erteilen, der die Fahrerlaubnisklassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E und L ausweist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass der 1999 erfolgten Fahrerlaubniserteilung eine bloße Umschreibung der türkischen Fahrerlaubnis zu einer Fahrerlaubnis mit den Klassen B, M und L nach § 31 FeV 1998 zugrunde gelegen habe. Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse 3 sei der Kläger nie gewesen.
Mit Beschluss vom 01.10.2014 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die als allgemeine Leistungsklage - bei der Ausstellung eines Führerscheins handelt es sich um einen Realakt - zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausstellung eines Führerscheins, der die Fahrerlaubnisklassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E und L ausweist, da nicht feststeht, dass er Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen BE, C1 und C1E ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 4 Abs. 2 Satz 1 FeV).

Für eine solche Erteilung spricht zwar, dass sich in einem Auszug aus der Führerscheindatei der der ausweislich der Erläuterungen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlungen von einem Sachbearbeiter angefertigte Vermerk befindet: „Die Fahrerlaubnis der Klasse 3 wurde aufgrund eines Türkischen Führerscheins Klasse B erteilt.“. Gegen eine Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen BE, C1 und C1E spricht indes, dass ausweislich der von der vor der Ausstellung des Ersatzführerscheins eingeholten Auskunft des Zentralen Fahrerlaubnisregisters der Kläger (lediglich) Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, A, B und L ist.

Der Einzelrichter sieht keine Möglichkeit, den Sachverhalt nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO weiter zu erforschen. Es lässt sich nicht weiter aufklären, ob dem Kläger im Jahr 1999 eine Fahrerlaubnis der A, A1, AM, B, BE, C1, C1E und L erteilt wurde. Weder bei der noch beim TÜV Nord sind noch Akten über die Fahrerlaubniserteilung im Jahr 1999 vorhanden. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte ehemalige Fahrlehrer des Klägers, der Zeuge ..., konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob der Kläger bei ihm eine vollständige Ausbildung zum Erwerb der damaligen Fahrerlaubnisklasse 3 durchlaufen oder sich aber nur auf eine wegen einer etwaigen Umschreibung der türkischen Fahrerlaubnis erforderliche theoretischen und praktischen Prüfung vorbereitet hat.

Die Unerweislichkeit der Frage, ob dem Kläger auch eine Fahrerlaubnis der Klassen BE, C1 und C1E erteilt wurde, geht zu seinen Lasten. Bei der Beantragung eines Ersatzführerscheins nach § 25 Abs. 4 FeV ist das Bestehen der Fahrerlaubnisklassen, deren Vorhandensein der Führerschein dokumentieren soll, von dem Antragsteller nachzuweisen, da es sich um eine für ihn günstige Tatsache handelt (vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 02.02.1995 - 9 W 6/95 -, ZfS 1996, 158). Eine formelle Beweislast in dem Sinne, dass ein Beteiligter - wie etwa im Zivilprozess - den Beweis zu führen hat, existiert im Verwaltungsprozess zwar nicht. Auch im Verwaltungsprozess gibt es aber eine materielle Beweislast dergestalt, dass die Folgen der Unerweislichkeit einer Tatsache denjenigen Beteiligten treffen, der aus dieser Tatsache ihm günstige Rechtsfolgen herleitet (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 06.02.2014 - 6 A 876/10 -, juris Rn. 87).

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