Tarifeinheitsgesetz

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 30.12.2014

Mitte Dezember hat das Bundeskabinett beschlossen, den Entwurf des "Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit" (Tarifeinheitsgesetz) in den Deutschen Bundestag einzubringen. Markus Stoffels hatte hier im BeckBlog bereits über den Referentenentwurf berichtet. Der Regierungsentwurf sieht jetzt folgende Ergänzung des Tarifvertragsgesetzes um einen neuen § 4a vor:

§ 4a. Tarifkollision

(1) Ein Arbeitgeber kann nach § 3 an mehrere Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften gebunden sein. Soweit sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften überschneiden (kollidierende Tarifverträge), sind im Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen kollidierenden Tarifvertrages im Betrieb die meisten Mitglieder hat. Als Betriebe gelten auch ein Betrieb nach § 1 Absatz 1 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes und ein durch Tarifvertrag nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 bis Nummer 3 des Betriebsverfassungsgesetzes errichteter Betrieb. Abweichend von Satz 2 ist der Zeitpunkt des Entstehens des Betriebes maßgeblich, wenn der Betrieb nach Abschluss des letzten kollidierenden Tarifvertrags entstanden ist.

(2) Für Rechtsnormen eines Tarifvertrags über eine betriebsverfassungsrechtliche Frage nach § 3 Absatz 1 und § 117 Absatz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes gilt Absatz 1 Satz 2 nur, wenn diese betriebsverfassungsrechtliche Frage bereits durch Tarifvertrag einer anderen Gewerkschaft geregelt ist.

(3) Eine Gewerkschaft kann vom Arbeitgeber oder der Vereinigung der Arbeitgeber die Nachzeichnung eines mit ihrem Tarifvertrag kollidierenden Tarifvertrags verlangen, soweit sich die Geltungsbereiche der Tarifverträge überschneiden. Der Anspruch auf Nachzeichnung beinhaltet den Abschluss eines mit dem kollidierenden Tarifvertrag inhaltsgleichen Tarifvertrags. Die Rechtsnormen eines nach Satz 1 nachgezeichneten Tarifvertrags gelten unmittelbar und zwingend, soweit der Tarifvertrag der nachzeichnenden Gewerkschaft nach Absatz 1 Satz 2 nicht zur Anwendung kommt.

(4) Nimmt ein Arbeitgeber oder eine Vereinigung von Arbeitgebern mit einer Gewerkschaft Verhandlungen über den Abschluss eines Tarifvertrages auf, ist der Arbeitgeber oder die Vereinigung von Arbeitgebern verpflichtet, dies rechtzeitig und in geeigneter Weise bekannt zu geben. Eine andere Gewerkschaft, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben der Abschluss eines Tarifvertrags nach Satz 1 gehört, ist berechtigt, dem Arbeitgeber oder der Vereinigung von Arbeitgebern ihre Vorstellungen und Forderungen mündlich vorzutragen.

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1 Kommentar

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Dann viel Vergnügen bei der Definition, was ein "sich überschneidender Geltungsbereich" ist. Bezogen auf Organisatonseinheiten und damit der Willkür der Arbeitgebers ausgesetzt? Auf die Funktion des Mitarbeiters bezogen, mit dem gleichen Effekt? Von den Manipulationsmöglichkeiten durch Betriebszusammenlegungen und -aufspaltungen will ich erst gar nicht anfangen ...

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