Diskussion um den Vorschlag des BA-Chefs Weise zu einer freiwilligen Rente mit 70

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 05.01.2015

Mit einer provokant klingenden Forderung hat der der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, zu Beginn des neuen Jahres von sich reden gemacht. Angesichts des Fachkräftebedarfs in Deutschland plädiert Weise für zusätzliche Anreize, um Ältere bis zum Alter von 70 Jahren im Berufsleben zu halten. "Flexible Ausstiege aus dem Erwerbsleben in Rente sind grundsätzlich ein gutes Modell", sagte Weise der "Welt". Jetzt habe man an dem einen Ende begonnen und den früheren Ausstieg mit der Rente mit 63 ermöglicht. "Man sollte nun auch Anreize dafür setzen, dass Arbeitnehmer, die fit sind, freiwillig bis 70 arbeiten können", forderte Weise. Für den Arbeitsmarkt wäre das gut, betonte der BA-Vorstand. Offenbar geht Weise davon aus, dass der am 1. Juli vergangenen Jahres in Kraft getretene § 41 Satz 3 SGB VI (hierzu zuletzt Poguntke, NZA 2014, 1372) noch nicht ausreichend ist, obwohl er immerhin ein erster Schritt in die von ihm gewiesene Richtung darstellt. Nach dieser Vorschrift können die Arbeitsvertragsparteien das Arbeitsverhältnis beliebig oft verlängern, wenn es an sich bis zum Zeitpunkt des Renteneintritts des Arbeitnehmers befristet ist. Ob damit die erwünschte Rechtssicherheit geschaffen worden ist, erscheint angesichts ernst zu nehmender europarechtlicher Bedenken, sehr zweifelhaft (vgl. etwa die kritische Kommentierung von Rolfs in ErfK § 41 SGB VI Rz. 22). Außerdem werden wichtige Fallkonstellationen nicht erfasst, so etwa die Tätigkeit eines Rentners bei einem anderen Arbeitgeber. Aber auch der Rückruf des Arbeitnehmers kurze Zeit nach seiner Verrentung durch den bisherigen Arbeitgeber ist nicht privilegiert. Schon von daher sollte hier nachgebessert werden. Bemerkenswert ist, dass die Anregung des BA-Chefs über die Parteien hinweg ein positives Echo gefunden hat. Sogar bei den Grünen und bei Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow von den Linken fanden die Überlegungen Weises Anklang. Lediglich der Deutsche Gewerkschaftsbund reagierte verhalten. Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte gegenüber "NDR Info", die Chance auf eine längere Erwerbstätigkeit hänge vor allem von der beruflichen Qualifikation ab. Wer zwischen 60 und 65 Jahren noch eine sozialversicherungspflichtige Arbeit ausübe, habe meistens einen Berufsabschluss und sei Akademiker. Sie hätten oft andere Arbeitsbedingungen als diejenigen, die schlechter qualifiziert sind oder mit harter körperlicher Belastung in ihrem Arbeitsleben zu kämpfen hatten. Gerade Letztere müssten in eine Rente kommen können, von der sie auch leben könnten.

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