Arme Oldtimerfreunde: Im Oldtimer muss der Motor nicht original sein...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.01.2015
Rechtsgebiete: OrdnungswidrigkeitenOldtimerVerkehrsrecht5|3691 Aufrufe

Mal etwas ganz anderes einmal im Verkehrsrechtsblog. Es geht um Kaufrecht bei Oldtimern: Kann der Käufer eines restaurierten Oldtimers erwarten, dass er auch einen Originalmotor dabeibekommt? Nein, meint das OLG Karlsruhe.

So war der Sachverhalt:

Am 28.11.2010 begab sich der Kläger in das Autohaus der Beklagten Ziff. 1 in S., die sowohl moderne als auch klassische Automobile verkauft. Er war an einem bestimmten Oldtimer interessiert. Bei dem Besuch fiel ihm ein anderes Fahrzeug auf, welches sein Interesse fand, nämlich ein Jaguar, welcher als „Jaguar XK 150 S Roadster“, Baujahr 1958, bezeichnet wurde. Mit schriftlichem Kaufvertrag vom selben Tag erwarb der Kläger dieses Fahrzeug zum Preis von 148.000,00 €. Der Beklagte Ziff. 2 ist als Autoverkäufer bei der Beklagten Ziff. 1 tätig. Er trat bei den Verhandlungen mit dem Kläger für diese auf. Für den Kaufvertrag verwendeten die Parteien ein in englischer Sprache abgefasstes Formular der Beklagten Ziff. 1 (vgl. den Vertrag Anlage K 2). In § 3 a des Vertrages heißt es (ins Deutsche übersetzt) unter anderem:
„Der Kunde wurde darüber informiert, dass es sich bei dem zum Verkauf angebotenen Auto um einen Oldtimer/Youngtimer handelt, der sich in einem Zustand von vor 52 Jahren befindet und in Bezug auf die Funktionalität nicht mit einem modernen Auto verglichen werden kann.
3Der Verkäufer garantiert weder die Originalität der Teile, Baugruppen, der Konstruktion und der Karosserie noch die Richtigkeit, Originalität und Qualität der Wartungen, die in der Vergangenheit durchgeführt wurden.“ (Vgl. die Übersetzung, Anlage K 55.)
4Im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss wurde dem Kläger ein „Production Record Trace Certificate“ (Anlage K1) übergeben. Das Schriftstück enthält verschiedene Informationen über das verkaufte Fahrzeug, wie Modell, Produktionsdatum und Motornummer.
5Das Modell „Jaguar XK 150 S Roadster“ war vom Hersteller im Jahr 1958 ursprünglich mit einem 3,4-l-Motor ausgestattet worden, welcher etwa 250 PS leistete. Im streitgegenständlichen Fahrzeug war dieser Motor später durch einen 3,8-l-Motor ersetzt worden, der etwa 265 PS leistete.

Der Kläger (=Käufer) verlangte Rückabwicklung u. Schadensersatz.

Das OLG Karlsruhe dazu:

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Rückabwicklungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten nicht zu.
191. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gegen die Beklagte Ziff. 1 gemäß §§ 434, 437 Ziff. 2, 346 BGB. Der Kläger war zum Rücktritt vom Kaufvertrag im vorgerichtlichen Schreiben seines Anwalts vom 02.08.2011 (Anlage K 50) nicht berechtigt. Denn der erworbene Oldtimer war nicht mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB.

Leitsätze des Gerichts:

1. Ob und inwieweit sich aus der Modellbezeichnung eines Oldtimers im Kaufvertrag (hier: "Jaguar XK 150 S Roadster") eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB hinsichtlich des technischen Zustands oder hinsichtlich des Vorhandenseins bestimmter historischer Fahrzeugteile ergibt, richtet sich nach den üblichen Erwartungen von Kaufinteressenten auf dem Oldtimermarkt.
2. Bei einem restaurierten Oldtimer ist das Vorhandensein des Originalmotors - wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist - in der Regel keine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB).
3. Soweit die Originalität der Fahrzeugteile eines Oldtimers nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung ist, besteht keine Pflicht des Verkäufers, den Käufer vor Abschluss des Vertrages - ungefragt - über nachträgliche technische Veränderungen an dem Fahrzeug aufzuklären. 

OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.11.2014 - 9 U 234/12 (LG Konstanz), BeckRS 2014, 22682

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5 Kommentare

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Was denkt sich so ein Anwalt? "Wer 150 Mille für ein Auto springen lässt, dem rede ich eine aussichtslose Klage lieber nicht aus"? (Seine Sammlung umfasst mehrere wertvolle Oldtimer, unter anderem einen Rolls-Royce Silver Ghost, Baujahr 1926, und einen Rolls-Royce Phantom I, Baujahr 1929.)

Kann natürlich auch sein, dass der Käufer da beratungsresistent war - wenn er schon androht: „… to unleash with a vengeance of my international stable of underfed overpaid blood hungry lawyers to protect my interest …“. Immerhin hat er ja vor dem LG Konstanz ja gewonnen.

Übrigens, liebe Richter: Wikipedia ist keine verlässliche Quelle.

Wenn "Zustand von vor 52 Jahren" drauf steht, halte ich es jedenfalls nicht für geschmacklos, zum Gericht zu gehen, wenn tatsächlich "Zustand von vor 48 Jahren drin" ist. Dazu lässt das OLG auch eine Vertragsauslegung vermissen. Es sieht für mich eher so aus, dass die Klage gegen den Beklagten zu 2. (Verkäufer) persönlich wegen Betrugs als unfreundlich empfunden wurde und gemeinsam mit dem klägerischen Reichtum und dessen unglücklichem vorprozessualen Verhalten (weshalb wird das sonst im Urteil so betont bzw. überhaupt erwähnt?) zur Klagabweisung geführt haben könnte.

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"Der Verkäufer garantiert weder die Originalität der Teile, Baugruppen, der Konstruktion und der Karosserie noch die Richtigkeit, Originalität und Qualität der Wartungen, die in der Vergangenheit durchgeführt wurden.“ Da ist nun in der Tat völlig eindeutig, dass das Auto nicht aus Originalteilen bestehen muss. im Grunde müsste es nicht mal ein einziges Originalteil enthalten.

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Immer wieder Unsicherheiten um die Begriffe Aliud, Sachmangel, objektive Beschaffenheitsvereinbarung, subjektive Beschaffenheitsvereinbarung, objektiver Fehlerbegriff, subjektiver Fehlerbegriff, Garantie ...

Keine Garantie zu geben bedeutet vielleicht grob laienhaft, auch keine Gewährleistung zu übernehmen, aber Juristen und auch Autohändler sollten die Unterschiede zwischen Gewährleistung und Garantie kennen ...

Ob das Urteil hier richtig oder falsch ist kann ich nicht sagen, aber höchstwahrscheinlich wird es wieder mal genug Leute geben die es falsch verstehen ...

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Wer wider besseren Wissens eine Beschaffenheit angibt, die tatsächlich unzutreffend ist, der kann sich von seiner Verantwortung nicht freizeichnen durch eine Klausel, wonach er für nichts garantiere.

 

Das sollte man hier vielleicht vorsorglich mal klarstellen, auch wenn wenn es im vorliegenden Fall vielleicht nicht entscheidungserheblich sein mag.

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