Mindestlohn für ausländische LKW- und Busfahrer stößt auf Unverständnis

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 20.01.2015

Das neue Mindestlohngesetz gilt auch für ausländische Lkw- oder Busfahrer beim Transit auf deutschen Straßen. Was zunächst in Deutschland lediglich Erstaunen ausgelöst hat, stößt beispielsweise in Tschechien auf Unverständnis. Ein Bericht von Stefan Heinlein aus dem Prager Hörfunkstudie der ARD zeigt das anschaulich. Heinlein zitiert in seinem Bericht den Sprecher des größten tschechischen Verkehrsverbandes, Felix. Das neue deutsche Mindestlohngesetz habe seine Branche kalt erwischt. "Diese Nachricht hat uns absolut schockiert. Der Stundenlohn unserer Fahrer beträgt bisher zwischen zwei und vier Euro. Jetzt sollen wir auf einmal ein Vielfaches bezahlen. Das verursacht unseren Firmen riesige wirtschaftliche Probleme", sagt Felix. Kritisiert wird nicht nur die Erstreckung des Mindestlohns von 8,50 Euro, sondern auch der den ausländischen Spediteuren abverlangte bürokratische Aufwand. So müssen die Fahrten zuvor schriftlich bei der Bundesfinanzdirektion gemeldet werden. Außerdem muss der Fahrer immer einen Arbeitsvertrag dabei haben in deutscher Sprache und auch die Bestätigung des Arbeitgebers, dass ihm 8,50 Euro erstattet werden. Der Zoll ist für die Kontrolle der Papiere zuständig und wacht über die Einhaltung der Vorschriften. Bei Verstößen drohen Geldstrafen bis zu einer halbe Millionen Euro. "Das ist eine entsetzliche Einmischung in das Arbeitsrecht eines anderen Landes. Deutschland kann uns doch nicht vorschreiben wie wir unsere Fahrer bezahlen. Das ist völlig unannehmbar", sagt Branchensprecher Felix. Auch das tschechische Arbeits- und Sozialministerium zeigt sich überrascht. Der Sprecher des Ministeriums Petr Haban soll gesagt: "Viele tschechische Spediteure wollen von uns jetzt Ratschläge. Sie verlangen, dass wir mit der Bundesregierung über Veränderungen verhandeln. Wir werden jetzt die rechtliche Lage analysieren und prüfen ob das Gesetz dem europäischen Recht entspricht." Tatsächlich ist es offenbar so, da alle anderen EU-Länder bei Transitfahrten ausländischer Spediteure auf die Anwendungen ihrer Mindestlohnregelungen verzichten. Handelt es sich also jedenfalls politisch fragwürdigen Übergriff des deutschen Gesetzgebers oder schlicht um eine gebotene Konsequenz der neuen Mindestlohngesetzgebung? 

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12 Kommentare

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Ohne diese Regelung könnten ausländische Logistikunternehmer weiterhin Lohndumping betreiben und würden nach kurzer Zeit die deutschen Konkurrenzunternehmen vom Markt verdrängen. Wir können froh sein, dass der Gesetzgeber endlich einmal mitgedacht hat.

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Ich hatte mich anfangs gewundert, wo im MiLoG das geregelt ist. Vermutlich über den Verweis ins AEntG. Aber das sollte ja nur für Arbeitnehmer gelten, bei denen der dahinterstehende Auftraggeber Arbeit hier in Deutschland wünscht. Reine Durchfahrten durch Deutschland sollten damit nicht betroffen sein. Insoweit sehe ich auch nicht die europarechtliche Problematik, denn wenn Arbeitnehmer konkret hier in Deutschland arbeiten sollen, werden sie doch nur gleichbehandelt zu inländischen Arbeitnehmern. Das muss der Auftraggeber dann bei seiner Preiskalkulation berücksichtigen, wenn er mit dem Arbeitggeber verhandelt.

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Etwas differenzierter bitte, Professor Stoffels!

Es ist zwischen Transit- und Karbotagefahrten und klassischen Entsendefällen zu differenzieren. Instruktiv dazu Bissels/Falter/Evers, ArbRAktuell 2015, 4, Geltung des MiLoG bei Transitfahrten durch das Inland.

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Vielen Dank für den Hinweis auf den Beitrag von Bissels/Falter/Evers, die in der Tat diese Unterscheidung machen. Ob sich diese Sichtweise durchsetzt, also Transitfahrten nicht dem MiLoG unterworfen werden, wird sich zeigen. 

Wenn es für die Anwendung des MiLoG nur darauf ankommt, dass die Arbeitsleistung auf deutschem Gebiet ausgeübt wurde, müsste dann der Mindestlohn nicht auch z.B. für alle Seeleute gelten, solange sich das Schiff in deutschen Hoheitsgewässern befindet (egal, welche Flagge es führt)?

Würde es für sinnvoll erachten, wenn der Mindestlohn auch für Transitfahrten gilt.

Wieso denn auch nicht? Der Fahrer arbeitet während des "Transits" im Bundesgebiet. Ob er davor oder danach auch noch bspw. in Polen und Frankreich arbeitet, sollte m. E. vollkommen gleichgültig sein.

Wenn man dafür - ohne explizite gesetzliche Regelung - eine Ausnahme macht, würde das m. E. auch für andere Fälle zutreffen, in denen jemand grenzüberschreitend tätig wird, bspw. morgens eine Heizung in Österreich repariert, dann mittags über die Grenze fährt und einen Auftrag in Deutschland erledigt, dann nachmittags wieder in Österreich ein Rohr verlegt. Und das kann ja wohl nicht gewollt sein.

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Wenn Mindestlöhne auch für reine Transitfahrten gelten sollten, muss man sich als Arbeitgeber wohl zukünftig die Verkehrskarte wohl ganz genau anschauen... herrscht in Luxemburg nicht ein Mindestlohn von 13 Euro und höher? ;)
 

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@ Prof. Rolfs und ra.stroecker: Beides falsch.

Hier maßgeblich ist Art. 94 (1) des Internationalen Seerechtsübereinkommens:

Jeder Staat übt seine Hoheitsgewalt und Kontrolle in verwaltungsmässigen, technischen und sozialen Angelegenheiten über die seine Flagge führenden Schiffe wirksam aus.

Das ist ja der seit Jahrzehnten praktizierte Trick mit der Ausflaggung: Deutschland ist - auch wenn sich manche Politiker und leider auch Juristen so anhören - nicht das erste Land mit einem gesetzlichen Mindestlohn. Der  Mindestlohn gilt also für Schiffe unter deutscher Flagge, egal wo sie sich befinden und nicht für die, die sich in deutschen Hoheitsgewässern aufhalten.

Nach Art. 27 ist die Strafgerichtsbarkeit über Schiffe in den eigenen Küstengewässern bzw. deren Besatzungen in bestimmten Fällen durchaus möglich, nach Art. 28 auch in Vollstreckungen in Zivilsachen - beschränkt allerdings auf Verbindlichkeiten bzw. Haftungen durch das Schiff selbst, nicht seiner Besatzung.

@ Mein Name: Unabhängig davon, dass ich eine ernst gemeinte Frage gestellt hatte, die nicht "falsch" sein kann: Art. 94 steht im Titel VII "Hohe See". Gefragt hatte ich aber nach deutschen Hoheitsgewässern.

@ Prof. Rolfs: Danke für den Hinweis.

Art. 21 des Abkommens -  Gesetze und sonstige Vorschriften des Küstenstaats über die friedliche Durchfahrt (im Küstenmeer, also Hoheitsgebiet):

(2) Diese Gesetze und sonstigen Vorschriften dürfen sich nicht auf den Entwurf, den Bau, die Bemannung oder die Ausrüstung von fremden Schiffen erstrecken, sofern sie nicht allgemein anerkannten internationalen Regeln oder Normen Wirksamkeit verleihen.

Für die deutschen Binnengewässer dürfte aber analog das Gleiche gelten wie für Autobahnen. Oder gibt es da Ausnahmen im Entsendegesetz?

Auch der Luftraum gehört übrigens zum Hoheitsgebiet ...

@Leser leser schrieb

Würde es für sinnvoll erachten, wenn der Mindestlohn auch für Transitfahrten gilt.

Wieso denn auch nicht? Der Fahrer arbeitet während des "Transits" im Bundesgebiet. Ob er davor oder danach auch noch bspw. in Polen und Frankreich arbeitet, sollte m. E. vollkommen gleichgültig sein.

 

Das ist rechtlich nicht für Verkehre mit Gemeinschaftslizenz (EU Lizenz) nicht durchführbar.

Es gibt keine EU Verordnung die den Mindestlohn für Kraftfahrer regelt.

Zu unser aller Glück gibt es aber entsprechende VO's zB 561/2006 ..., die die Aufzeichnungspflichten und Lenk-, Pausen-, Beretschafts-, Tagesruhezeiten  und Arbeitszeiten regeln.

(Ziel: Verkehrssicherheit, Gesundheit, Vermeidung von Schäden) Mit der Kontrolle hapert es aber. Bereitschaftszeiten sind mitdestens mit Mindestlohn in Deutschland zu vergüten.

Duchführbar und kontrollierbar ist  die Anwendung des Mindestlohn Gesetzes für alle Transporte bei denen eine Be- bzw. Enladung in Deutschland erfolgt.  Natürlich fallen darunter auch Begegnungsverkehre bei denen nur der Auflieger getauscht bzw. die Wechselbrücke oder der Container getauscht werden. D.h. mal eben die CTU ins Ausland verschieben und und dann das ganze als Transitverkehr tarnen darf nicht machbar sein.

Die Kontrolle ist einfach sie erfordert nur die Bereitschaft derjenigen, die die Gesetze machen sie auch auf Ihre Anwendung prüfen zu lassen, und bei Verstößen entsprechend zu sanktionieren. (entsprechend ausgefüllten Transportpapiere,  bei grenzüberschreitenden Transporten ist der Waren und Wertefluß zu Dokumentieren ich sage nur HGB... ein bischen EDV Einsaz und Goodwill).

Wer in Deutschland sein Recht auf Kabotage wahrnimmt hat mindestens Mindestlohn zu zahlen.

Schlupflöcher sind zu stopfen, bzw. gar nicht erst zuzulassen.

Entsprechende Kontrollen sind durch zu führen.

Nicht nur Frachführer sondern auch Spediteure (Transportbesorger) sind in die Pflicht zu nehmen.

 

 

 

 

       
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