OLG München zu Ersatzerbermittlung durch ergänzende Testamentsauslegung

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 25.01.2015

Nachdem der Erblasser aufgrund eines Schlaganfalls nicht mehr sprechen und lesen konnte, verstarb seine Ehefrau. Er hatte lediglich durch Testament seine Ehefrau zu seiner Alleinerbin eingesetzt. Nach seinem Tod stellte sich die Frage, wer ich beerbt.

Eine der beiden Schwestern des Ehemannes war der Auffassung, dass sie aufgrund ergänzender Auslegung mit ihrer Schwester Erben des längerlebenden Erblassers waren. Dies begründete sie mit den persönlichen Beziehungen des Erblassers zu seinen Schwägerinnen, deren Ehemännern und deren Kindern.

Das OLG München lehnte seine solche Ersatzerbberufung ab (Beschluss vom 11.12.2014; 31 Wx 379/14). Das Ergebnis ist sicherlich vertretbar; die Begründung überzeugt indes nicht. So führte der Senat aus, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür fehlen würden, dass der Erblasser, hätte er das Vorversterben seiner Ehefrau bedacht, deren Schwester als Erbinnen eingesetzt hätte. Es fordert also gerade einen Anhaltspunkt für das Ergebnis der ergänzenden Auslegung. Nach dem OLG Köln ist das „sinnwidrig“ (ZEV 2009, 241, 242): „Wenn ein solcher Anhaltspunkt im Testament zu finden wäre, hätte der Erblasser die mögliche Entwicklung bereits berücksichtig, so dass s sich nicht um die ergänzende, sondern einfache Auslegung handeln würde“.

Bei diesen Fällen handelt es sich stets um absolute Einzelfallentscheidungen. Nachweise sind bei Horn/Kroiß, Testamentsauslegung, 2012, § 10 Rn. 21, zu finden. § 2069 BGB wird in diesen Fällen auch nicht analog angewendet, da dann ein Abkömmling weggefallen sein müsste.

Auch wenn die Beschwerdeführerin für sich und ihre Schwester einen Erbschein beantragt hat, hat der Senat den Geschäftswert auf die Hälfte des Nachlasswertes angesetzt (§ 61 GNotKG).

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