Diskriminierende Mieterhöhung und Nichtgewährung einer Räumungsfrist

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 01.02.2015

Das AG Tempelhof-Kreuzberg hat am 19.12.2014 (25 C 357/14) einen Vermieter verurteilt, zwei türkischen Mietern eine Entschädigung in Höhe von jeweils 15.000,00 € zu zahlen. Grund: der Vermieter hatte zunächst allen 32 Mietern der Wohnanlage die Miete in gleichem Umfang erhöht; eine weitere Mieterhöhung erhielten allein die beiden türkischen Kläger sowie zwei orientalische (arabische, also außereuropäische) Mieter. Die anderen Mieter, deutscher und mittel-europäischer Herkunft, wurden von dieser zweiten Mieterhöhungs-Welle verschont, obwohl einige von ihnen gleich große und gleich ausgestattete Wohnungen nutzten.

Nachdem die Kläger von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht hatten, baten Sie um eine Räumungsfrist. Diese wurde ihnen versagt und der Vermieter erhob Räumungsklage. Im gleichen zeitlichen Zusammenhang hatte der beklagte Vermieter einem deutschen Mieter, der ebenfalls von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 561 BGB Gebrauch gemacht hatte, die beantragte Räumungsfrist bewilligt.

Die Entscheidungsgründe zeigen deutlich, dass der Sachverhalt durch die Kläger intensiv recherchiert wurde. Es konnte anhand von statistischen Darstellungen zu dem Verhalten des Vermieters in seiner Wohnanlage und den Auswirkungen auf die einzelnen Mietparteien die notwindigen Tatsachen zusammengetragen werden, um das Gericht davon zu überzeugen, dass die ethnische Herkunft der klagenden Mieter jedenfalls mitursächlich für die „Sonderbehandlung“ war.

Insoweit kommt den Klägern zur Hilfe, dass das Amtsgericht die Beweislastverteilung des § 22 AGG anwendet. Danach muss der Anspruchsteller – entgegen dem Wortlaut - die Umstände, aus denen sich die Benachteiligung herleiten lassen soll, nur indiziell vortragen, so dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit (= Glaubhaftmachung) vorliegt (MünchKomm/Thüsing, 6. Aufl., § 22 AGG Rz. 10 m.w.N.).

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