Rein und raus aus den Kartoffeln, aber trotzdem VKH

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 12.02.2015
Rechtsgebiete: Familienrecht|2496 Aufrufe

Der Kindesvater beantragt für seine beiden nichtehelichen Kinder die gemeinsame elterliche Sorge.


Das Gericht ordnet das vereinfachte schriftliche Verfahren nach § 155 a III 1 FamFG an.


Die Mutter meldet sich und beantragt, keine Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu treffen. Der Antragsteller sei sich der Tragweite einer gemeinsamen elterlichen Sorge nicht bewusst. Er nehme regelmäßig das Zusammentreffen mit der Kindesmutter anlässlich der Umgänge zum Anlass, die Kindesmutter zu beschimpfen oder anderweitig zu diskreditieren. Zugleich beantragt sie Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.


Das Gericht beraumt Termin zur mündlichen Erörterung an.


Nunmehr gibt die Antragsgegnerin ein „Anerkenntnis“ ab und beantragt, den Anhörungstermin aufzuheben. Sie erklärt, sie habe grundsätzlich keine Einwände gegen die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Sie war und sei bemüht, dass sich der Antragsteller der Verantwortung für die beiden Kinder bewusst werde und die Sorge um die Kinder mittrage. Sie habe versucht, dies dem Kindesvater vorgerichtlich mit Hilfe des Jugendamtes deutlich zu machen. Leider sei ihr dies nicht gelungen.


Das FamGericht ordnet die gemeinsame elterliche Sorge an, lehnt aber den VKH-Antrag ab.


Die Beschwerde der Mutter hat Erfolg.

Welche Anforderungen an die Erheblichkeit der gegen die gemeinsame Sorge vorgebrachten Gründe zu stellen sind, ist in Rechtsprechung und Literatur bislang noch nicht hinreichend geklärt. Werden wie von der Antragsgegnerin - jedenfalls im Ansatz - konkrete kindbezogenen Gründe vorgetragen, bedarf es nach Auffassung des Senates der Klärung durch Anhörung der Beteiligten. Aufgrund der ungeklärten Rechtslage und des Vortrages der Antragsgegnerin erscheint die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 78 II FamFG geboten


Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb angebracht, weil die Antragsgegnerin im Nachhinein den Antrag des Antragstellers am 08.01.2015 anerkannt hat, da insoweit auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe durch Beschluss am 24.11.2014 abzustellen ist (h.M., vgl. BGH, NJW 1982, 1104).

ThürOLG v. 19.01.2015 - 1 WF 43/15

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