Frauen erhielten bei Schuhhersteller Birkenstock weniger Lohn

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 16.03.2015

Dass Frauen immer noch schlechter bezahlt werden, ist unbestreitbar und empirisch nachgewiesen. Über das Ausmaß dieser Differenz und die Gründe für die Lohnungleichheit mag man geteilter Ansicht sein. Ein eklatantes Beispiel aus der Praxis ist jedenfalls jüngst publik geworden. Die Birkenstock Gruppe hat offenbar jahrelang Mitarbeiterinnen in Produktionsbetrieben schlechter bezahlt als Männer. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel erhielten Frauen, die für Gesellschaften des Konzerns Schuhe produzierten, noch bis zum Jahr 2013 gut einen Euro weniger Stundenlohn. Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine Mitarbeiterin der damaligen Birkenstock-Tochter Fußbett Schuhproduktion. Sie hatte geklagt, nachdem sie auf einer Betriebsversammlung im Herbst 2012 von der schlechteren Bezahlung für Mitarbeiterinnen erfahren hatte: So erhielten Frauen im Jahr 2009 einen Stundenlohn von 8,54 Euro (Männer: 9,76 Euro), in den Jahren 2010 bis 2012 waren es 8,72 Euro (Männer: 9,86). Auch bei Sonderzahlungen hatten Frauen das Nachsehen: Da Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine Anwesenheitsprämie an den Stundenlohn gekoppelt waren, fielen die Beträge für Mitarbeiterinnen entsprechend niedriger aus. Die Mitarbeiterin reichte Klage beim Koblenzer Arbeitsgericht ein, das ihr grundsätzlich Recht gab. Für die Richter war unstrittig, dass der geringere Lohn nur mit dem Geschlecht der Frau zu erklären sei. Der Schuhproduzent wurde daher im September 2013 zur Nachzahlung der Lohndifferenz von rund 7500 Euro verurteilt. Zudem erhielt die Mitarbeiterin eine finanzielle Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern: etwa 3500 Euro. Das LAG Mainz bestätigte sodann diese Entscheidung. Nach Auskunft des Direktors des Arbeitsgerichts, Hans-Joachim Gans, Koblenz sind derzeit gut 100 Verfahren in erster Instanz anhängig. In einer vorherigen Klagewelle seien bereits mehrere Dutzend Klagen von Mitarbeiterinnen entschieden worden, sagte Gans. Der Arbeitgeber sei teils zu Nachzahlungen und zu Entschädigungszahlungen "im vierstelligen Eurobereich" verurteilt worden. Birkenstock zeigt sich mittlerweile einsichtig: Es handele sich um „Altlasten aus der Vergangenheit“, von denen sich die Anfang 2013 angetretenen neuen Gesellschafter und die Geschäftsführung „in aller Klarheit“ distanzierten, sagte ein Sprecher der Birkenstock-Gruppe in Neustadt/Wied. Die ungleichen Löhne rührten aus einer Zeit, in der Männer noch körperliche schwere Arbeiten ausgeführt hätten. Im Januar 2013 habe die Birkenstock-Gruppe „diesen Missstand“ abgestellt: Seitdem würden Männer und Frauen gleich bezahlt. Allen betroffenen Mitarbeiterinnen seien Ausgleichszahlungen angeboten worden - auch wenn gesetzliche Anspruchsfristen bereits abgelaufen waren. „Mehr als die Hälfte hat das Angebot in Anspruch genommen“, sagte der Sprecher. Es werde auch weiterhin aufrecht gehalten.

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