Eltern haften für ihre Kinder (mal anders)

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 31.03.2015
Rechtsgebiete: Familienrecht3|3671 Aufrufe

Die Eltern hatten für ihre beiden minderjährigen Kinder Sparkonten auf deren Namen angelegt. Auf diese Konten zahlten Dritte (z.B. Großeltern) Geldbeträge ein.

In der Folgezeit hob der Vater Teile des Geldes ab und kaufte hiervon Geschenke für die Kinder, Einrichtungsgegenstände für die Kinderzimmer, zum Teil wurden wohl auch Urlaubsreisen der Kinder finanziert.

Die Kinder nahmen den Vater deshalb auf Schadensersatz in Anspruch und bekamen Recht (OLG Bremen v. 03.12.2014 – 4 UF 112/14 

Anspruchsgrundlage ist § 1664 BGB.

Im vorliegenden Fall hätten die Kindeseltern die beiden Sparbücher für die Antragstellerinnen angelegt, damit auf diese z.B. Einzahlungen Dritter wie beispielsweise der Großeltern vorgenommen werden können. Bei den auf den Sparkonten befindlichen Beträgen handelte es sich also von vornherein nicht um eigenes Geld der Kindeseltern. Eine derartige Fallkonstellation spricht für die Annahme eines Vertrages zu Gunsten des Kindes Im Übrigen scheine auch der Antragsgegner davon auszugehen, dass das auf den Sparbüchern befindliche Geld allein seinen beiden Kindern, der Antragstellerin zu 1. und 2., zustehe. Denn er lege Wert auf die Feststellung, dass er die abgehobenen Beträge, soweit er sie nicht ohnehin zurückgezahlt hat, ausschließlich für die Kinder und nicht für eigene Zwecke verbraucht hat.

Ob der Antragsgegner, wie er auch in der Beschwerdeinstanz vorträgt, mit den von den Sparkonten der Antragstellerinnen abgehobenen Beträge für seine Kinder Geschenke bzw. Einrichtungsgegenstände gekauft hat, kann dahinstehen. Denn das Amtsgericht hat diesbezüglich in der angefochtenen Entscheidung bereits zu Recht darauf hingewiesen, dass die Eltern ihren Kindern einen angemessenen Lebensunterhalt schulden und dieser somit von den Kindeseltern und nicht von den Kindern zu tragen ist. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Einrichtung eines Kinderzimmers als auch in Bezug auf den Kauf von Geschenken und die Finanzierung von Urlaubsreisen. Daher kann auch offen bleiben, welche Absprachen bezüglich der Finanzierung des Kinderzimmers für […] bestanden, ob also die Großeltern die Einrichtung geschenkt haben oder sie vom Sparkonto von […] bezahlt wurde: Die für das Kinderzimmer erstellte Rechnung der Firma […] durfte jedenfalls nicht mit den von […] Sparbuch abgehobenen Geldbeträgen bezahlt werden, da es sich hier um eine Leistung im Rahmen der elterlichen Unterhaltspflicht handelte. Ebenso kann dahinstehen, ob die Kindeseltern sich hinsichtlich der von den abgehobenen Beträgen getätigten Anschaffungen für die Kinder einig waren oder nicht. Das Amtsgericht hat diesbezüglich zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Einverständnis der Kindesmutter nichts an der Pflichtwidrigkeit des Handelns des Antragsgegners ändern würde. Angesichts der gesamtschuldnerischen Haftung der Kindeseltern gemäß §§ 1664 Abs. 2, 421 BGB können sich die Antragstellerinnen darauf beschränken, allein gegen den Kindesvater Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

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3 Kommentare

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Wurde denn geprüft, ob die Geschenke, Einrichtungsgegenstände, Reisen usw. zum geschuldeten Unterhalt gehörten? Wenn, um ein Beispiel zu geben, eine Sprachreise in die USA bezahlt wurde, die die Familie sich sonst nicht hätte leisten können und die daher auch nicht geschuldet gewesen sein kann, wäre das Geld doch für die Kinder verwendet worden.

Die Gerichtsentscheidung wirft für mich die Frage auf, wofür das Geld denn überhaupt hätte verwendet werden dürfen. Wenn sich die Eltern durch jede Verwendung dem Risiko späterer richterlicher Wilkür Freiheit unterwerfern, ist es quasi bis zur Geschäftsfähigkeit der Kinder vollständig dem Zugriff entzogen - denn wer setzt sich vernünftigerweise dem Risiko späterer Schadensersatzansprüche aus?

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Schwer zu sagen, ohne die Geschichte dahinter zu kennen. Angenommen, die konkrete Ausstattung des Kinderzimmers, Geschenke und Urlaubsreisen gehörten in dem jeweiligen Umfang zum Kindesunterhalt, weil die Eltern entsprechend leistungsfähig sind, ist es dennoch oft so: Die Eltern legen für diese Anschaffungen und wahrscheinlich auch die Ausbildung ohnehin Geld zur Seite (und achten nicht darauf, ob "ihr Geld" oder unter Übereignung an die Kinder). Opa und Oma wollen auch was beisteuern, aber natürlich nur auf ein "sicheres" Sparbuch mit Nullverzinsung, das feierlich für das Kind eingerichtet wird, und nicht für irgendein finanzkapitalistisches Teufelszeug. Wenn Anschaffungen für ein Kind anstehen, stehen die Eltern dann vor der Wahl, das tote Geld des Kindes vom Sparbuch zu nehmen, oder aus einem Aktiendepot, das dank EZB gerade durch die Decke geht.

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Die Entscheidung wie auch der Blogeintrag zitieren leider nicht die entscheidende Norm: § 1602 Abs. 2 BGB.

Nur weil ein minderjähriges Kind für seinen Unterhalt (anders als alle Anderen) nicht mit seinem eigenen Vermögen haftet, sondern ausschließlich mit den Einkünften aus seinem Vermögen (also z.B. den laufenden Zinsen), muss es auch für die Einrichtung "eines" eigenen Kinderzimmers oder eine Urlaubsreise nicht selbst mit dem Vermögensstamm aufkommen. Erst im Anschluss an diese Feststellung, stellt sich die Frage, ob die Eltern gem. § 1648 BGB für die Aufwendungen vom Kind Ersatz verlangen können.

Das Gericht geht hier davon aus, dass die Einrichtung "des" Kinderzimmers den Eltern zur Last fällt. Leider lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen, ob es sich um ein den familiären Lebensverhältnissen entsprechendes oder ein besonders teures Kinderzimmer / eine außergewöhnliche Urlaubsreise handelte. Denn hier liegt der Unterschied: zum Unterhalt verpflichtet sind die Eltern, auch im Bereich des § 1602 Abs. 2 BGB, nur nach Maßgabe der familiären Verhältnisse (angemessener Unterhalt gem. § 1610 Abs. 1 BGB). Sofern die Ausgaben hierüber hinaus gehen, kommt dann der Aufwandsersatz durch das Kind gem. § 1648 BGB in Betracht. Voraussetzung ist wiederum, dass sie die Aufwendungen für erforderlich halten durften.

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