CDU-Sozialflügel warnt Parteifreunde vor Verfassungsverstoß bei Tarifeinheit

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 19.04.2015
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtTarifeinheitVerfassungCDUCDA3|3638 Aufrufe

Nachdem der Wirtschaftsflügel der Union vor einigen Tagen in einem Eckpunktepapier eine Verschärfung des Gesetzentwurfs zur Tarifeinheit aus dem Hause Nahles gefordert hatte (Blog-Beitrag vom 17.4.2015), bezieht nun der Sozialflügel der Union Stellung und kritisiert die Vorstellungen der Parteifreunde mit deutlichen Worten. Der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, hält die von einigen Unions-Wirtschaftspolitikern angestrebte Einschränkung des Streikrechts sogar für verfassungswidrig. „Die Politik darf nicht vorgeben, wo das im Grundgesetz verankerte Streikrecht ohne oder mit Einschränkungen gilt, sagte Bäumler dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). Eine Verschärfung des Tarifeinheitsgesetzes würde aus Bäumlers Sicht zudem den sozialen Frieden nicht stärken sondern beeinträchtigen. „Wenn Erziehern und Lehrern erst dann das Streikrecht zugebilligt wird, wenn sie sich einem obligatorischen Schlichtungsverfahren unterzogen haben, werden sie zu Beschäftigten zweiter Klasse“, sagte der CDU-Politiker. Der CDU-Politiker äußerte sich nicht dazu, ob es nicht auch gute Gründe für eine solche Einschränkung geben könnte, die eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung möglich erscheinen lassen könnten. Man könnte auch den Standpunkt einnehmen, dass eine Beschränkung des Arbeitskampfes im Bereich der Daseinsvorsorge als milderes Mittel im Verhältnis zur Wiedereinführung der Tarifeinheit geboten ist. Es bleibt jedenfalls spannend, welche Veränderungen der Gesetzentwurf noch erfahren wird.

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Art. 11 EMRK

(1) Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Dieser Artikel steht rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen.

Da in anderen europäischen demokratischen Gesellschaften die nationale Ordnung trotz eines Vielfachem an den Streiktagen Deutschlands nicht zusammengebrochen ist, wird ein Tarifeinheitsgesetz spätestens vor dem EGMR scheitern. 

Mit dem Beamtenrecht hat Deutschland außerdem bereits ein wirksames gesetzlich geregeltes Mittel, diese Rechte einzuschränken. Das BVerwG hat vor gut einem Jahr entschieden (2 C 1.13), dass gemäß EMRK auch Beamten, "die nicht in den Streitkräften, der Polizei und der genuinen Hoheitsverwaltung tätig sind, sowie ihren Gewerkschaften (Plural!) [gemäß] Art. 11 EMRK in seiner bindenden Auslegung durch den EGMR ein Recht auf Kollektivverhandlungen und darauf bezogene kollektive Kampfmaßnahmen zu gewährleisten ist".

Damit hat das BVerwG bereits den Rahmen konkretisiert, der laut EMRK und EGMR-Rechtsprechung überhaupt gesetzlich gestaltet werden kann.

Aber es wird kommen wie es kommen muss: es wird von vornherein verfassungs- und EMRK-widriger Schrott beschlossen und wenn der Schrott dann von den zuständigen Institutionen auf den Schrottplatz gekarrt wird, hebt das große Jammern an, dass der TÜV daran schuld ist, dass man sich mir schrottreifen Autos auf die Straße wagt.

Was verstehen unsere VolksvertreterInnen im Artikel 9 (3) des GG zur Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit nicht, und ich bin mir ziemlich sicher, dass aufgrund der Erfahrungen im dritten Reich dieser Artikel ebenfalls mit einer Ewigkeitsgarantie ausgestattet ist, wie der Art. 20 (4), zumindest habe ich das so in Erinnerung aus der Vorlesung. Was verstehen die politisch Verantwortlichen nicht, wenn geschrieben steht, .... ist für jedermann (ich hoffe auch für jede Frau) und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken bzw. zu behindern sind nichtig und damit rechtswidrig. Es sorgt mich, wie wieder und wieder gewählte Abgeordnete versuchen das GG auszuhebeln. Dass der DGB bei diesem Rechtsbruch mitmacht, hat mich dazu veranlasst meine Gewerkschaft (als treibende Kraft) nach 23 Jahren zu verlassen. Einer anderen deutschen Gewerkschaft kann ich aufgrund der Rechtsauffassung im DGB leider nicht beitreten. Es ist eine wahre Tragödie. Solange der DGB diesen Rechtsbruch unterstützt, werde ich keiner deutschen Gewerkschaft mehr beitreten, weil ich mich an dem Verrat an der ArbeiterInnenschaft nicht mit schuldig machen werde. Die Errungenschaften der ArbeiterInnenschaft unser Groß/mütter und Groß/väter werden von den Kinder bzw. Enkeln einfach mal so in die Tonne gekloppt. Ich kann jetzt nur noch auf die RichterInnen im BVG hoffen. Deutschland ist auf dem besten Wege, sich von einem Rechtsstaat in einen Willkürstaat umzuwandeln. Wer schützt unser Grundgesetz???

 

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