Anspruch auf Home-Office in den Niederlanden und Deutschland

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 25.05.2015

Ab Juli 2015 haben Arbeitnehmer in den Niederlanden einen Anspruch darauf, dass sie ihr Arbeitgeber von zuhause aus arbeiten lässt. Ein entsprechendes Gesetz passierte vor kurzem die Erste Parlamentskammer. Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmern nach dem neuen Gesetz die Arbeit vom Home Office aus nur dann verweigern, wenn das sachlich unmöglich ist, unverhältnismäßige Kosten verursachen oder die Sicherheit unangemessen beeinträchtigen würde. Streifenpolizisten, Piloten, Krankenschwestern und Fabrikarbeiter werden also auch weiterhin ihren Dienst vor Ort antreten müssen. Sicherheitsbedenken könnten zum Beispiel greifen, wenn das Projekt, an dem gearbeitet wird, so wertvoll und/oder so geheim ist, dass ein VPN oder andere herkömmliche Vorkehrungen nicht ausreichen, um zu verhindern, dass sensible Informationen nach außen dringen. Da dieser Bereich den größten Interpretationsspielraum bietet, werden hier die meisten Streitfälle erwartet. Lehnt der Arbeitgeber Heimarbeit ab, muss er dies begründen – das kehrt die Beweispflicht um. Bemerkenswert ist, dass in den Niederlanden inzwischen fast ein Drittel der Arbeitnehmer im Home Office - Tendenz arbeitet. In Deutschland kam eine für den IT-Branchenverband Bitkom durchgeführte Studie mit 1.006 Befragten im letzten Sommer auf 21 Prozent, die regelmäßig ein Home Office nutzen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kam zwei Jahre vorher auf einen Anteil von 12 Prozent insgesamt und 7,8 Prozent bei abhängig. Ein Rechtsanspruch auf die Einräumung einer Home-Office-Möglichkeit gibt es in Deutschland hingegen (noch?) nicht. Ein solcher kann etwa durch Betriebsvereinbarung oder durch eine arbeitsvertragliche Regelung begründet werden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf ein neueres Urteil des LAG Düsseldorf (Urteil vom 10.9.2014, BeckRS 2014, 73155), das allerdings einen besonders gelagerten Fall betraf: Hier war ein Kundenberater über 13 Jahre auf der Basis einer schriftlichen Vereinbarung zu einem vergleichsweise hohen Anteil von etwa 40 Prozent seiner Arbeitszeit zu Hause tätig. Zudem gab es auch einen hohen Anteil an Außendiensttätigkeit, und der Wohnort des Arbeitnehmers war etwa 90 Kilometer vom Büro des Arbeitgebers entfernt. Vor diesem Hintergrund hatte das LAG entschieden, dass eine Beendigung einer Home-Office-Vereinbarung bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis nicht auf der Basis des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts zulässig ist, sondern eine Änderungskündigung erfordert. Überdies soll eine arbeitsvertragliche Klausel, nach der beide Seiten das Home Office ohne Grund kündigen dürfen, nicht wirksam sein, weil diese Klausel auch eine Abwägung der Arbeitgeber- mit den Arbeitnehmerinteressen vorsehen müsse. Die Beendigung der Telearbeit sei im Fall auch deshalb rechtsunwirksam gewesen, weil es sich dabei um eine Versetzung i. S. des § 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG gehandelt und die hierzu erforderliche Zustimmung des Betriebsrats gefehlt habe. Die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf und die Aufgabenerfüllung sei auch bei teilweiser Telearbeit aufgrund von deren Besonderheiten eine völlig andere als ohne Telearbeit, so dass sich bei der Beendigung der Telearbeit das Bild der Tätigkeit grundsätzlich ändere.

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