Die informelle Kartellrechtsdurchsetzung - Bundeskartellamt veröffentlicht Jahresbericht 2014

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 30.06.2015

Am heutigen 30.06.2015 hat das Bundeskartellamt seinen Jahresbericht 2014 veröffentlicht (hier und hier).

Der Bericht sei hier zur Lektüre empfohlen. Das Bundeskartellamt berichtet darin allerhand Interessantes:

Wussten Sie, dass

  • das Bundeskartellamt 355 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat bei einem Budget (2014) von EUR 27,6 Mio.? Zum Vergleich: Die Federal Trade Commission gibt für 2015 für das Ziel "Promoting Competition" 538 Mitarbeiter (sog. Full time equivalents) bei einem Budget von USD 129,5 Mio. an. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine von zwei US-amerikanischen Bundeskartellbehörden.
  • auf jeden Bundeskartellamts-Mitarbeiter im Jahr 2014 ein durchschnittliches vom Bundeskartellamt verhängtes Bußgeld von ca. EUR 3,15 Mio. entfällt? Im Vergleich: Der Volkswagen-Konzern erzielte im Jahr 2014 einen durchschnittlichen Umsatz pro Mitarbeiter von ca. EUR 341.000. Das Bundeskartellamt ist also im Vergleich höchst profitabel.
  • das Bundeskartellamt für weniger als 2 % aller Fusionskontrollanmeldungen eine zweite Phase-Prüfung ("Hauptprüfverfahren") eingeleitet hat? Es sind eben viele Fälle anzumelden, die wettbewerblich überhaupt nicht problematisch sind.
  • das Bundeskartellamt inzwischen – wie die Anwälte – auf die Rankings von Branchenblättern schielt? So hebt es hervor, dass es 2013 wieder in den Kreis der Elite-Kartellbehörden aufgenommen wurde und sich in der elitären Gesellschaft der Europäischen Kommission, der beiden US-amerikanischen Bundeskartellbehörden FTC und DoJ und der französischen Kartellbehörde befindet.
  • das Bundeskartellamt an 100 von 160 Fällen von von mehreren nationalen Behörden geprüften Zusammenschlussvorhaben beteiligt war? Auch wieder ein Beleg für die niedrigen Anmeldeschwellen in Deutschland.
  • das Bundeskartellamt im Jahr 2014 170 neue Kartellzivilsachen verzeichnet? Dazu zählen auch kartellrechtliche Schadensersatzklagen.
  • das Bundeskartellamt im Jahr 2014 ca. 19 Terabyte IT-Asservate sichergestellt hat, aber nur 817 Aktenordner? Spätestens dieser Hinweis sollte Anlass geben, darüber nachzudenken, ob die für Aktenordner und dergleichen entwickelten Grundsätze unseres Strafprozessrechts wirklich auch für die Sicherstellung und insbesondere Durchsicht von elektronischen Daten geeignet sind.
  • das Bundeskartellamt bei der 6. Beschlussabteilung ein Task Force für Online-Plattformen errichtet hat? In der Tat stellen sich bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Online-Plattformen besondere Fragen. Allerdings fehlen auch langfristige Erkenntnisse darüber, wie stabil die angebliche "Marktmacht" bestimmter Plattformen ist.
  • das Bundeskartellamt im Jahr 2014 in 41 Fällen 72 Bonusanträge von 68 Unternehmen und vier persönlich Betroffenen erhalten hat? Im gleichen Zeitraum haben 15 Durchsuchungen stattgefunden. Dies unterstreicht die hohe praktische Bedeutung der Kronzeugenregelung. Die oben schon hervorgehobene Bedeutung elektronischer Beweismittel zeigt sich auch daran, dass von den im Jahr 2014 für Durchsuchungen eingesetzten 486 Mitarbeitern 87 IT-Kräfte waren.

Es findet sich also viel Spannendes im Jahresbericht 2014.

Den kartellrechtlich Interessierten sei noch der im Zweijahresrhythmus erscheinende Tätigkeitsbericht empfohlen, der in der Praxis eine wichtige Quelle für Erkenntnisse über die Praxis des Bundeskartellamts darstellt. Dabei handelt es sich neben dem mit der Bundesnetzagentur veröffentlichten Monitoring-Bericht im Energiebereich um den einzigen Bericht, für den es im GWB eine explizite Rechtsgrundlage gibt.

In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass sich das Bundeskartellamt bei seiner Öffentlichkeitsarbeit nun auch die Jüngsten vornimmt, um diese von den – unbestreitbaren – Vorteilen des Wettbewerbs zu überzeugen oder vorzubeugen, dass Hänschen, wenn es später mal Hans ist, gar nicht erst in die Verlegenheit kommt, einen Bonusantrag stellen zu müssen. Erst am 23.06.2015 hattee das Bundeskartellamt Unterrichtsmaterialien für Schulen zum Thema der Wettbewerbsaufsicht veröffentlicht (hier)

Sehr empfohlen sei auch die in diesem Zusammenhang veröffentlichte Link-Sammlung des Bundeskartellamts mit zahlreichen Videobeiträgen zum Thema (hier). Das dort auch vorgestellte Comic der Europäischen Kommission hatte ich bereits im Beck-Blog rezensiert (hier).

Viel Spaß bei der Fortbildung in Sachen Kartellrecht auf den Seiten des Bundeskartellamts!
 

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