OLG Stuttgart: Verschärfung der Rechtslage zu Lasten der PKH-Partei

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 12.09.2015
Rechtsgebiete: Vergütungs- und Kostenrecht4|3498 Aufrufe

Bislang war es ganz herrschende Meinung, dass das Wort „Rückstand“ in § 124 I Nr. 5 ZPO wie „Verzug“ zu lesen ist, sodass die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung zugunsten einer Partei, die mit der Zahlung der festgesetzten Raten in Rückstand war, nur dann in Betracht kam, wenn der Zahlungsrückstand verschuldet war, mithin wenn also Verzug vorlag. Das OLG Stuttgart hat im Beschluss vom 23.07.2015 – 2 W 21/15 - die Auffassung vertreten, dass, da der Gesetzgeber im 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz trotz Kenntnis der Auslegungsproblematik an dem Begriff „Rückstand“ in § 124 I Nr. 5 ZPO festgehalten hat, der Begriff streng wörtlich zu verstehen ist, mit der Folge, dass die Aufhebung einer Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 I Nr. 5 ZPO kein Verschulden bei der Nichtzahlung der festgesetzten Beträge voraussetzt.

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4 Kommentare

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"... sodass die Prozesskostenhilfebewilligung zugunsten einer Partei ...."

In dem Text scheint etwas zu fehlen. Die Einfügung von "Aufhebung der ..." vor "Prozesskostenhilfebewilligung" dürfte dem zitierten Beschluss näher kommen.

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Früher hatte man einmal das Ideal, daß, unabhängig von Stand und Geldvermögen, alle Menschen vor dem Gesetz alle gleich sein sollten.

Daraus leitete man den Gedanken her, daß vor Gericht "Waffengleichheit" herrschen sollte, und die Parteien sich dort auf gleiche Augenhöhe begegnen können sollten. 

Die Prozesskostenhilfe wird dem nicht wirklich gerecht. Bereits, daß ein für eine PKH-Partei tätiger Anwalt nur reduzierte Gebühren erhält, und somit wirtschaftlich nicht in der Lage ist, soviel zu leisten und in den Fall soviel Zeit zu inverstieren wie der Gegenanwalt, macht die PKH-Partei von Anfang an zur schwächeren Partei.

Verschärfungen der PKH-Bewilligung und der PKH-Rückzahlungsregeln gehehn vor dem Hintergrund dieses Ungleichgewichts in die falsche Richtung.

Im Mietrecht, Leasingrecht, Darlehensrecht u.s.w. wird regelmäßig auf Verzug und somit auf Verschulden abgestellt - ausgerechnet ausnahmweise bei der PKH davon abzurücken erscheint nicht überzeugend.

Anscheinend will man (potentiellen) PKH-Parteien das Leben schwer machen oder sie "abschrecken". Oder die Schwaben sind auf einem Sparsamkeitstrip. Der würde allerdings lächerlich wirken wenn man bedenkt welche Summen für andere (oft weniger gebotene) Zwecke ausgegeben werden.

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M. E. ist das Gegenteil richtig.

Wenn der Gesetzgeber den Wortlaut "Rückstand" nicht verändert, obwohl er weiß, dass dieser nach h. M. als "Verzug" ausgelegt wird, dann bleibt es bei dem bisherigen Verständnis. Daran ändert auch nichts, dass aus einer Kann-Bestimmung eine Soll-Bestimmung geworden ist, die Änderung gilt für alle anderen alten und neuen Aufhebungstatbestände ebenso.

Warum das OLG im Übrigen "rumhupt", obwohl es nicht darauf ankommt, da der Rückstand mangels Darlegungen des Klägers als verschuldet anzusehen ist ... überflüssige Entscheidung.

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