Kündigung wegen Telefonanrufs bei Gewinnspiel

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 18.09.2015

Unterforderte oder nicht ausgelastete oder unterbezahlte Arbeitnehmer kommen bisweilen auf erstaunliche Ideen, sich im Büro die Zeit zu vertreiben. Im jetzt vom LAG Düsseldorf (Urteil vom 16.09.2015 -12 Sa 630/15) entschiedenen Fall ging es um eine seit einem Jahr in einem Kleinbetrieb beschäftigte Bürokauffrau. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten u.a. die Kontrolle der eingehenden Rechnungen und das Einscannen derselben. Überweisungen durfte sie nicht vornehmen. Den Mitarbeitern war es gestattet, über die Telefonanlage private Anrufe zu tätigen, ohne diese zu bezahlen. Der Anruf bei kostenpflichtigen Sonderrufnummern war weder ausdrücklich genehmigt noch ausdrücklich untersagt. Im Januar 2015 hatte die Klägerin in den Arbeitspausen mehrere Anrufe bei der Hotline eines lokalen Radiosenders im Rahmen des Gewinnspielspiels „Das geheimnisvolle Geräusch“ getätigt. Jeder Anruf kostete 0,50 Euro. Die Telefonrechnung für Januar 2015 mit 37 Einheiten für Sonderrufnummern scannte die Klägerin ein, ohne auf die von ihr getätigten Anrufe bei dem Gewinnspiel hinzuweisen. Da die Rechnung per Lastschrift eingezogen wurde, bedurfte es keiner Überweisung durch die beklagte Arbeitgeberin. Nachdem dem Geschäftsführer die 37 Einheiten aufgefallen waren, sprach er die Klägerin darauf an. Sie antwortete, dass aufgrund der Einzelverbindungsnachweise herauszufinden sein müsse, wer angerufen habe. Am nächsten Morgen räumte die Klägerin die Anrufe bei der Gewinnspielhotline ein und bot an, einen Betrag von 18,50 Euro zu erstatten. Drei Tage später, kündigte die Beklagte der Klägerin fristlos und hilfsweise fristgerecht. Das LAG Düsseldorf hat jetzt die fristlose Kündigung für unwirksam erachtet. Es liege zwar eine Pflichtverletzung vor. Denn auch wenn das private Telefonieren am Arbeitsplatz gestattet sei, sei es pflichtwidrig, diese Gestattung dazu zu benutzen, um bei einer kostenpflichtigen Gewinnspielhotline anzurufen. Die Pflichtverletzung hatte zur Überzeugung der Kammer in diesem Fall aber nicht das Gewicht, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Umstand, dass bei der Beklagten der Umfang der Privatnutzung betrieblich nicht geregelt war, mindere den Verschuldensvorwurf gegenüber der Klägerin. Zu berücksichtigen sei weiter gewesen, dass die Anrufe in den Arbeitspausen erfolgten, so dass nicht von einem Arbeitszeitbetrug auszugehen war. Die Beklagte habe zudem die genaue Anzahl der ihr zuzurechnenden Anrufe nicht ausreichend dargelegt. Ihre Stelle hat die Klägerin gleichwohl verloren. Denn die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung stand nicht im Streit und war von der Klägerin nicht mehr angegriffen. Den Jackpot (immerhin 26.000 Euro) hat die Klägerin übrigens nicht geknackt. Der Vorsitzende Richter der Kammer, Gotthardt, schien darüber nicht unglücklich. Er wird mit den Worten zitiert „Sonst hätten wir hier wegen der Frage, wem das Geld gehört, noch einen Prozess.“

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