Keine Verwirkung des Rechts auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bei Falschangaben im Bewilligungsverfahren

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 01.10.2015
Rechtsgebiete: Vergütungs- und Kostenrecht1|2276 Aufrufe

Der BGH hat im Beschluss vom 19.8.2015 – XII ZB 208/15 die Streitfrage entschieden, ob § 124 I Nr. 2 ZPO, der nach seinem Regelungsgehalt nur die nachträgliche Aufhebung einer Bewilligung von Prozesskosten- oder Verfahrenskostenhilfe wegen falscher Angaben ermöglicht, analog bereits im Bewilligungsverfahren anzuwenden ist und auch hierbei mindestens grob nachlässigen unrichtigen Angaben zur Versagung der Hilfe führt. Der BGH hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Regelung des § 124 I Nr. 2 ZPO im Bewilligungsverfahren der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nicht analog anzuwenden ist; § 124 I Nr. 2 ZPO habe vor allem Sanktionscharakter; würde man den Rechtsgedanken des § 124 I Nr. 2 ZPO bereits im Bewilligungsverfahren anwenden und Verfahrenskostenhilfe wegen falscher Angaben versagen, ergäbe sich die Folge, dass das beabsichtigte Verfahren, letztendlich also der Zugang zum Rechtsschutz insgesamt, versagt bliebe. Erfreulich ist, mal wieder über eine Entscheidung zu berichten, die nicht den Anwendungsbereich von Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe einschränkt.

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1 Kommentar

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Respekt! Ich bin begeistert. Schlimm finde ich, mit welcher Selbstverständlichkeit das Vorgericht wieder einmal ohne gesetzliche Regelung "Verwirkung" etc. angenommen hatte. Der BGH geht diesen Weg exzellenterweise nicht mit. Ein Sieg gegen die "Marginalisierung der Juristen", von der Peter M. Huber heute in der FAZ (leider zu Recht) schreibt.

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