ArbG Mönchengladbach: Sexistische Kaffeewerbung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 15.10.2015

Wir erinnern uns: Der Arbeitgeber (eine Kaffeefirma) gestaltet eines seiner Verkaufsfahrzeuge um, großflächig räkeln sich nun an beiden Seiten des Autos nackte, in roten Highheels steckende Frauenbeine in einem Berg Kaffeebohnen (Foto des Autos hier). Der Arbeitnehmer, immerhin seit 20 Jahren für das Unternehmen tätig, weigert sich, in solch einem Auto seine Arbeit zu verrichten. Prompt erhält er die Kündigung.

Jetzt hat das ArbG Mönchengladbach erstinstanzlich entschieden:

Die außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) ist unwirksam, weil unverhältnismäßig. Der Arbeitgeber hätte vor deren Ausspruch zunächst eine Abmahnung aussprechen und den Arbeitnehmer darauf hinweisen müssen, dass er mit seiner Weigerung den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährde. Außerdem war es dem Arbeitgeber angesichts des langjährigen und bislang beanstandungsfreien Arbeitsverhältnisses zumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten.

Die ordentliche Kündigung zum Jahresende 2015 ist demgegenüber wirksam. Sie ist nicht nach § 1 KSchG auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen, weil der Arbeitnehmer in einem vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommenen Kleinbetrieb (§ 23 Abs. 1 KSchG) arbeitet.

Ein Verstoß gegen § 7 AGG liege nicht vor. Der Kläger hatte geltend gemacht, er werde wegen seiner sexuellen Identität diskriminiert (§ 1 AGG). Während die anderen Arbeitnehmer weiterhin ein neutrales Fahrzeug zugewiesen bekommen hätten, habe der Arbeitgeber ihm wegen seiner Homosexualität dieses "Puffauto" gegeben. Das Gericht konnte jedoch nicht feststellen, dass die Homosexualität des Klägers das Motiv der Beklagten für die Zuweisung des Fahrzeugs war (§ 7 Abs. 1 AGG: "wegen").

Ob das Gericht auch eine Unwirksamkeit der Kündigung wegen Verstoßes gegen § 612a BGB in Betracht gezogen hat, lässt sich der Pressemitteilung nicht mit Gewissheit entnehmen. Dort heißt es nur, nach Auffassung des Gerichts habe der Arbeitgeber "grundsätzlich" im Rahmen seines Direktionsrechts (§ 106 GewO) die Möglichkeit, einem Arbeitnehmer ein nach seinen Vorstellungen gestaltetes Fahrzeug zuzuweisen. Ob die Beklagte ihr arbeitgeberseitiges Weisungsrecht im vorliegenden Fall nach billigem Ermessen ausgeübt hat (§ 106 Satz 1 GewO), habe das Gericht offen gelassen.

ArbG Mönchengladbach, Urt. vom 14.10.2015 - 2 Ca 1765/15, Pressemitteilung hier

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3 Kommentare

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Schon merkwürdig. M.E. müsste § 612a BGB da eigentlich den Kern des Falles ausmachen. Da offensichtlich ist, dass wegen der Verweigerung gekündigt wird, müsste das Gericht eigentlich Farbe bekennen, ob der Arbeitnehmer das "Puffauto" nun fahren musste oder nicht. Möglicherweise hat der Arbeitnehmer keine Maßregelung gerügt. Das wäre indes ziemlich fahrlässig, wenn man schon keinen allgemeinen Kündigungsschutz hat.

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Ich bin auf den Ausgang der nächsten Instanz gespant. Hoffentlich wird es nicht - wie so viele spannende Fälle - einfach geräuschlos wegverglichen.

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Die Entscheidungsgründe legen nahe, dass die Frage der Maßregelung nicht Gegenstand des Verfahrens war. Wenn es die zweite Instanz denn geben sollte, so erwarte ich exakt die gleiche Entscheidung, ggf. garniert mit einem Hinweis auf § 6 S. 1 KSchG, dass eine Rüge der Maßregelung nunmehr zu spät komme. Schade, hätte Potenzial zum Klausurfall gehabt.

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