LAG Schleswig-Holstein: Kein Zugang einer Kündigung durch Briefkasteneinwurf am Sonntag

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.11.2015

Auch im Arbeitsrecht machen sich mitunter solide Kenntnisse im BGB bezahlt. Hilfreich ist beispielsweise die Kenntnis der Zugangsdefinition, wenn mit der Kündigung Kündigungsfristen gewahrt werden sollen. Gerichtlicher Nachhilfe bedurfte in diesem Punkt vor kurzem ausgerechnet ein Rechtsanwalt in seiner Funktion als Arbeitgeber. Die Parteien des Rechtsstreits verband ein Arbeitsverhältnis. Es war eine Probezeit bis zum 30.11.2014 vereinbart. Das war ein Sonntag. In der Probezeit gilt eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwei Wochen. Danach kann nur mit einer Frist von mindestens vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Die Beklagte, eine Rechtsanwaltskanzlei, kündigte der Klägerin am Sonntag, den 30.11.2014 zum 15.12.2014 und warf das Kündigungsschreiben noch am gleichen Tag in den Hausbriefkasten der Klägerin ein. Diese entnahm das Schreiben erst in den Folgetagen und machte vor Gericht geltend, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31.12.2014 sein Ende gefunden habe. Das LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 13.10.2015, Az.: 2 Sa 149/15) hat der Klägerin, Recht gegeben. Die Kündigung sei dieser erst nach Ablauf der Probezeit frühestens am Montag, den 1.12.2014, zugegangen und habe das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der längeren gesetzlichen Kündigungsfrist außerhalb der Probezeit erst zum 31.12.2014 beenden können. Selbst wenn das Kündigungsschreiben bereits am Sonntag, den 30.11.2014, in den Briefkasten gelegt worden war, sei die Kündigung der Klägerin frühestens am folgenden Werktag zur üblichen Postleerungszeit zugegangen. Arbeitnehmer müssten ihren Briefkasten am Sonntag grundsätzlich nicht überprüfen. Dies gilt laut LAG selbst dann, wenn an diesem Tag die Probezeit abläuft und bekannt ist, dass der Arbeitgeber auch sonntags arbeitet. Dass am Wochenende Wochenblätter verteilt werden, sei nicht mit dem Zugang von Briefpost vergleichbar.

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