Fall Mollath - BGH verwirft Revision

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 09.12.2015

Mit seiner heute bekannt gemachten Entscheidung hat der 1. Senat des BGH die von Gustl Mollath gegen das Urteil des LG Regensburg vom 14. August 2014 eingelegte Revision verworfen, Pressemitteilung.

Die Entscheidung wurde sogleich mit Begründung im Wortlaut veröffentlicht.

Die Ausführlichkeit der Begründung und deren sofortige Veröffentlichung stehen im erstaunlichen Kontrast zur erstmaligen Revision des BGH im Fall Mollath, bei der ein außerordentlich fehlerhaftes und problematisches Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom selben Senat einfach ohne nähere Begründung zur Rechtskraft „durchgewunken“ wurde. Immerhin scheint auch der BGH insofern aus dem Fall Mollath „gelernt“ zu haben. Zunächst nur ein kurzer Kommentar, den ich je nach Diskussionsverlauf möglicherweise in den nächsten Tagen ggf. noch ergänzen werde:

Wie ich schon zuvor verschiedentlich geäußert haben, war tatsächlich kaum damit zu rechnen, dass der BGH seine grundsätzliche Linie, der Tenor eines Urteils selbst müsse eine Beschwer enthalten, damit zulässig Revision eingelegt werden kann, gerade bei diesem Fall ändert. Dennoch gab es natürlich auch bei mir die leise Hoffnung, der BGH werde sich mit den sachlichen Einwänden gegen das Urteil, die auch ich noch hatte, auseinandersetzen.

Immerhin kann man den Beschluss angesichts der ausführlichen Begründung nun auch juristisch nachvollziehen, selbst wenn man ihm im Ergebnis nicht zustimmt. Es findet insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit dem auch hier im Beck-Blog diskutierten vom EGMR entschiedenen Fall Cleve ./. Deutschland statt: Dort war der EGMR von der Tenorbeschwer abgewichen. Der BGH meint nun, das Urteil im Fall Mollath sei mit Cleve ./. Deutschland nicht vergleichbar, weil im Mollath-Urteil anders als im Cleve-Fall kein direkter Widerspruch zwischen Tenor und  Begründung festzustellen sei.

Enttäuscht bin ich vom letzten Satz der Begründung des Beschlusses, der konstatiert, die Revision sei ohnehin unbegründet gewesen. Dieser Satz ist völlig verzichtbar und gibt dem Leser Steine statt Brot.

Abgesehen von der  Kritik am Urteil des LG Regensburg möchte ich aber noch einmal darauf hinweisen: Der gesamte Fall in seiner Entwicklung und Dynamik ist ein aus Sicht des Dezember 2012 riesiger persönlicher Erfolg für Herrn Mollath und ist auch in seiner langfristigen Wirkung auf die (bayerische) Justiz und den Maßregelvollzug nicht zu unterschätzen.. Das sollte man – bei aller Enttäuschung über die heutige Entscheidung des BGH – nicht vergessen.

Update (14.12.2015): Eine eingehendere sehr kritische Analyse hat nun Oliver Garcia im delegibus-Blog veröffentlicht.

Update 3.3.2016: Die Kommentarspalte ist nach mehr als tausend Beiträgen geschlossen.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1041 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Gast schrieb:

RSponsel schrieb:

Lügen heißt mit Wissen und Absicht die Unwahrheit sagen

Da gibt es viele Varianten dazwischen.

[...]

Nein.

Bin ich der einzige, der aus einem solchen Beitrag keinen genauen Inhalt herauslesen kann?

Mein "Nein" bezieht sich auf ihre überschlichte Schlussfolgerung:

Gast schrieb:

Sollte die Darstellung von Weinberger zutreffen, hat ihn Mollath in dieser Hinsicht also belogen.

Das wirft die Frage auf: was hat die Rechtswissenschaft für ein Verständnis von der Wahrheit, der Lüge und dem dazwischen? Sind das überhaupt Rechtsbegriffe? Hier ist es vielleicht auch noch hilfreich, folgendes zu bedenken:

„Der Irrtum ist der größte Feind der Wahrheitsfindung vor Gericht." Rolf Bender, 1982, Strafverteidiger 1982

Hinzu kommen natürlich noch die Abwehrleistungen ...

Das Urteil war gegen das Gesetz nicht ohne wenigstens einen Makel des Angeklagten von der Justiz zu ertragen.

Wie meinen?

Das ahnte wohl auch GM. Hätte er das konkret ausgesprochen, wäre ihm das erneut als Wahn angeheftet worden.

Ähm: Ja.

0

Sehr geehrter Herr Prof. Müller, werte Kommentatoren !

Herr Mollath hat 2006 und auch im WA-Verfahren 2014 nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich n u r gewehrt hat, also Schläge n u r passiv abgewehrt hat. Dies stellt eine klassische Notwehrsituation dar.

Gründe, die für die Glaubwürdigkeit dieser Zeugenaussage von Gustl Mollath sprechen, wurden in k e i n e r Weise vom Gericht überprüft, sondern aufgrund des fragwürdigen Attestes einseitig und vorschnell mit der von der Nebenklägerin behaupteten Verletzungen in einen Kausalzusammenhang gebracht.

Der Erklärung, die Ex-Frau hätte sich aus dem fahrenden Auto gestürzt wurde nachweislich von der Vorsitzenden Richterin und auch dem Oberstaatsanwalt abgeblockt. Möglichen Beweisen nicht nachgegangen.

Es ist bewiesen, dass die Ex-Frau bewußt, planvoll und sogar, was entscheidend ist, v o r a u s s c h a u e n d in schwer aggressiver und destruktiver Weise durch den nachweisbaren Vernichtungsfeldzug gegen Ihren Ehemann vorgegangen ist. Dieses systematische Vorgehen wurde vom LG nicht auf die Konsistenz geprüft. Allein aufgrund dieses ungewöhnlichen möglicherweise krankhaften Aggressionspotentials liegt es nicht nur im Bereich des Möglichen, sondern in den Bereich der psychologisch Wahrscheinlichkeit, dass die Nebenklägerin in einer emotional aufgeladenen Konfliktsituation noch weniger ihre vorhandenen Aggressionen beherrschen konnte und auf Ihren Mann eingeschlagen hat. Dies hat sie auch sogar zugegeben: Sie hätte dort hingelangt, wo es einem Mann wehtut!

Diese Tatsachen, die für eine Unglaubwürdigkeit, eine mögliche, m.E. sehr wahrscheinliche Falschbeschuldigung der Nebenklägerin und ihre offen zu Tage tretenden Motive sprechen, können nicht einfach verleugnet werden, wie dies jedoch vom WA-Gericht in der deutlich zu Tage tretenden Einseitigkeit in der Urteilsbegründung niedergelegt wurde.

Herr Prof. Müller, Sie schreiben:

Eine Beweiswürdigung …... enthält ein subjektives Element, die persönliche richterliche Überzeugung. Und diese Überzeugung von der Tatbegehung, die hat Herr Mollath dem Gericht zumindest ermöglicht.

Nach meinem Rechtsempfinden, kann die Beweiswürdigung und das subjektive Element der persönlichen richterlichen Überzeugung nicht so weit gehen, über alle Anzeichen der Unglaubwürdigkeit der Nebenklägerin hinwegzusehen, die Glaubwürdigkeit oberflächlich mit der Konsistienz der Beschuldigung zu begründen und gleichzeitig nahezu ausschließlich die Schuld beim Angeklagten zu suchen. Den Gesamtzusammenhang des Geschehens und die nachvollziehbaren und begründeten Beweisanträge hat G.M. am 15. Verhandlungstag anhand einer schriftlichen Erklärung sehr überzeugend vorgelesen. Dieser Gesamtzusammenhang wurde vom LG nicht einbezogen und die Beweisanträge rigoros abgelehnt. Der Fall Mollath quasi auf eine KV vor 12 Jahren reduziert.

Herr Prof. Müller, Sie sprechen davon, dass G.M. diese Beweiswürdigung zumindest ermöglicht hat. Wie kam es dazu?

Dabei ist die außergewöhnliche Dynamik vor dem WA-Gericht mitentscheidend !

Die Verhandlungsführung der Richterin Escher war weitgehend zumindest im Verhandlungsstil fair, sensibel, geradezu charmant. Dies führte m.E. zu einer gewissen Vertrauensbasis bei Herrn G. Mollath.

Ganze 12 Tage, hat G.M. hat passiv am Gerichtsgeschehen teilgenommen. Nachdem er sein verständliches Schweigen beendet hat, muß mental sich auf eine aktive Mitwirkung umstellen, wird relativ unvermittelt und überraschend von der Vorsitzenden Richterin gefragt, was in dieser Situation der KV passiert ist. G.M. war m.E. auf diese Frage nicht vorbereitet, in dieser Situation offensichtlich überfordert und antwortete deswegen nicht adäquat. Wie Herr Lutz Lippke in zwei Kommentaren dargestellt hat, schätzte G.M. seine gerichtliche Situation nicht realistisch ein und dürfte gleichzeitig seine fatalistische Grundstimmung für dieses zurückgenommenes Aussageverhalten ursächlich und bestimmend gewesen sein.

Das Desaster und die Tragik besteht m.E. darin, dass Herr Gustl Mollath aufgrund seines Selbstbildes, seiner Werte, seines Erlebens und seines ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühls nicht verstehen kann, dass er auch vom Landgericht nach einer unrechtmäßigen Unterbringung wiederum nicht verstanden wird und seinen schlüssigen Darstellungen ebenfalls nicht geglaubt wird.

Tatsächlich stoßen, wie von vielen Bürgern empfunden, zwei Welten und Wertvorstellungen aufeinander. Recht und Gerechtigkeit suchende Bürger und das Hohe Gericht!

Dieses Aneinandervorreden hat sogar Prof. Nedopil für den Fall Mollath als symptomatisch herausgestellt und gleichwohl dazu beigetragen.

Darüber hinaus gibt es weitere entscheidende Gründe für das zurückgenommene Aussageverhalten von G.M.: Welcher Mann mit einem Ehrgefühl und einem Rest an mitmenschlichen Schutzgefühl gegenüber seiner langjährigen Ehefrau, gibt unumwunden zu, dass er von seiner Frau geschlagen wurde und noch dazu, wo es einem Mann weh tut? War es tatsächlich notwendig intime Einzelheiten eines höchst peinlichen Streits vor Gericht und damit in aller Öffentlichkeit auszubreiten? War diese Forderung in diesem Ausmaß überhaupt angemessen? Hätte nicht ein Antrag gestellt werden können, die Öffentlichkeit auszuschließen?

Weder der Verteidiger noch die Vorsitzende reagierten trotz ihrer Erfahrungen nicht auf diese herausfordernde Aussagesituation und richteten nicht eindeutig die Botschaft an G.M., dass seine Aussagen grundlegende Bedeutung für die Urteilsfindung haben werden. Auf Antrag des Verteidigers hätte die Sitzung zu einer Beratung über diese wichtige Problematik mit dem Mandanten auch unterbrochen werden können.Die Notwendigkeit hätte dazu zweifelslos bestanden.

Dieses menschlich nachvollziehbare und verständliche Aussageverhalten von G.M.                                         u n a u s g e s p r o c h e n als eine Art Schuldeingeständnis zu werten – wie es m.E. auch vom Gericht gewertet, jedoch schriftlich nicht begründet wurde und als das l e t z l i c h entscheidende Argument für dieses Urteil aufzuwerten, zu überhöhen , ist m.E. ausgesprochen oberflächlich, nahezu willkürlich und auch zutiefst ungerecht.

Bei dieser Betrachtungsweise könnte man auch der Nebenklägerin die Schuld anlasten nur, weil sie sich geweigert hat vor Gericht auszusagen.

Es ist zu vermuten, dass im Fall, des von einer Frau zu Unrecht einer Vergewaltigung beschuldigten Lehrers Arnold ähnliche einseitige und vorverurteilende Tendenzen zum dem Unrechtsurteil im Fall des Arnold geführt haben. Es bleibt zu hoffen, dass sich nicht eines Tages der Fall Mollath als der zweite Fall Arnold herausstellt.

Auch und insbesondere aufgrund dieser Interpretation dieses Aussageverhaltens wurde G.M. als Opfer des schweren Unrechts einer 7 ½ jährigen Unterbringung wiederum vorschnell die KV angelastet und damit erneut zum Opfer gemacht, u.a. weil G.M. in einer wichtigen Situation vor Gericht nicht optimal und nicht wach genug den festgelegten und überhöhten Vorstellungen der Richter über ein Aussageverhalten nicht entsprochen hat.

Ein Schuldiger bei dem Strafanspruch musste gefunden werden...

Auch die Anlastung der KV weist, wie die Feststellung einer möglichen seelischen Abartigkeit überdeutlich groteske und bizarre Züge auf: Einer Frau, die Ihren Mann durch ihr destruktives Vorgehen gnadenlos in die Forensik noch nach fünf Jahren der angeblichen KV gebracht, ursächlich und mitverantwortlich dem Ansehen der bayerischen Justiz schweren Schaden zugefügt hat, wird völlig einseitig von dem Landgericht geglaubt und dem integren Staatsbürger Gustl Mollath, der Schaden infolge gesellschaftszerstörerischer, gieriger Geldgeschäften verhindern wollte, wird oberflächlich die Glaubwürdigkeit abgesprochen und außerdem dem Verdacht einer nicht ausschließbaren seelischen Abartigkeit ausgesetzt. Stellt dies nicht die Fragwürdigkeit und Begrenzheit und die tatsächliche Abartigkeit des Denkens und Handelns dar?

4

Weder der Verteidiger noch die Vorsitzende reagierten trotz ihrer Erfahrungen nicht auf diese herausfordernde Aussagesituation und richteten nicht eindeutig die Botschaft an G.M., dass seine Aussagen grundlegende Bedeutung für die Urteilsfindung haben werden ... Bei dieser Betrachtungsweise könnte man auch der Nebenklägerin die Schuld anlasten nur, weil sie sich geweigert hat vor Gericht auszusagen.

Wäre Mollath ebenso klug gewesen, wie die Nebenklägerin und hätte er auf Strate gehört, stünde er anders da.  Die Miranda-Warnung ("Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden") ist in Deutschland nicht vorgeschrieben. Mollath war von Strate gewarnt. Alles besser zu wissen und sich über guten Rat hinweg zu setzen, ist nur in seltenen Fällen und bei Menschen mit besonderem besseren Beurteilungsvermögen sinnvoll. Mollath gehört eindeutig nicht zu diesem Personenkreis.

4

Gast schrieb:

Weder der Verteidiger noch die Vorsitzende reagierten trotz ihrer Erfahrungen nicht auf diese herausfordernde Aussagesituation und richteten nicht eindeutig die Botschaft an G.M., dass seine Aussagen grundlegende Bedeutung für die Urteilsfindung haben werden ... Bei dieser Betrachtungsweise könnte man auch der Nebenklägerin die Schuld anlasten nur, weil sie sich geweigert hat vor Gericht auszusagen.

Wäre Mollath ebenso klug gewesen, wie die Nebenklägerin und hätte er auf Strate gehört, stünde er anders da.  Die Miranda-Warnung ("Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden") ist in Deutschland nicht vorgeschrieben. Mollath war von Strate gewarnt. Alles besser zu wissen und sich über guten Rat hinweg zu setzen, ist nur in seltenen Fällen und bei Menschen mit besonderem besseren Beurteilungsvermögen sinnvoll. Mollath gehört eindeutig nicht zu diesem Personenkreis.

Ein nicht optimales Aussageverhalten des Angeklagten  bzw.dem Rat seines Verteidigers nicht zu befolgen, kann doch letzlich nicht dieses zweifelhafte, nicht überzeugende Urteil im WA-verfahren rechtfertigen. Dies wäre zu vereinfachend und bringt wiederum zum Ausdruck, das Justizopfer ist wiederum auch an dem WA-Urteil schuld.

Hinzu kommt, dass G.M. soweit die tatsächlichen Hintergründe überhaupt bekannt sind, durchaus Gründe für einen Dissens hatte. Wobei es sehr zu bedauern ist, dass es zu der Mandatsniederlegung von Herrn Dr. Strate als Wahlverteidiger gekommen ist.

Zudem ist G.M. ein ausgeprochen intelligenter und kritischer Mensch und war durchaus in der Lage sich vor Gericht darzustellen, was auch u.a.  in seiner Entgegnung gegenüber Prof. Nedopil und seiner  umfassenden Erklärung deutlich zu erkennen  ist. Vielleicht lesen Sie diese Erklärung nach und tragen mit  tiefer gehende Argumente zu dieser Diskussion bei.

3

Die Beitragsfolge „Der Fall Mollath – BGH verwirft die Revision“ systematisch zu verfolgen, fehlt mir die Zeit. Drei Beiträge fielen mir aber (nachträglich) ins Auge.

  1. „Gast“ schrieb (#7) wohl begründet, Mollaths von Strate verrissene Anträge hätten ihm, weil ihn innerlich entlastend, „genützt“ und „nicht geschadet“. Er „hat sie für seine Seele gebraucht.“ Wäre ihnen stattgegeben, ihnen nicht schon vom „Verteidiger vom Kaliber Strate“ (#9) gewehrt worden, wäre bei Gericht zur Sprache gekommen, daß Mollath zwei Jahre vordem schon lege artis psychiatrisch begutachet und für ge­sund befunden worden war, dann hätte sich der Sachverständige Prof. Nedopil insbe­son­dere bei einer Gegenüberstellung der Gutachter wohl schwe­rer getan, Mollath in aberwitziger Konstruktion rückwirkend noch für 2001 eine „psychische Störung“ an­zuhängen.
  2. Auf „Noch ein Gast“ behauptete  in #15, ich hätte in meinem Gutachten 2011 ge­schrieben, „was seine angeblichen Tätlichkeiten gegen die Frau betreffe, … so seien sie alle erfunden, um ihn (Mollath) zu belasten.“ Und weiter dann: „Dr. Weinberger gründet sein Gutachten also auf  der Behaup­tung Mollaths, die Tatvor­würfe seien ‚alle erfunden’…“. Ich weise diese Darstellung als schlichte Verfälschung meiner Aussage zu­rück. Besagte Sätze gab ich im Konjunk­tiv, in indirekter Rede, klar als Zitate Mollaths wie­der. Keineswegs „grün­dete“ mein Gutachten auf diesen Aussagen (allein).
  3. Einen mir in  #36 unterlaufenen Schreibfehler  möchte ich noch korrigieren. Der dritte Absatz, der sich just auf Nedopil bezieht, sollte richtig beginnen: „Mit seiner Aussage zu Mollaths „Befinden…

Dr. med. F. Weinberger

4

Dr. Weinberger schrieb:

[...]wäre bei Gericht zur Sprache gekommen, daß Mollath zwei Jahre vordem schon lege artis psychiatrisch begutachet und für ge­sund befunden worden war, dann hätte sich der Sachverständige Prof. Nedopil insbe­son­dere bei einer Gegenüberstellung der Gutachter wohl schwe­rer getan, Mollath in aberwitziger Konstruktion rückwirkend noch für 2001 eine „psychische Störung“ an­zuhängen.

Hat er das denn? So wie ich die Beiträge hier verstehe ist nicht Prof. Nedopil, sondern das Gericht dafür (genauer gesagt: für die Widerlegung der Schuldfähigkeitsvermutung) verantwortlich.

Zitat Prof. Müller (S. 16, #14):

Quote:

Seit der Hauptverhandlung und dem Urteil wissen wir aber, dass der SV zu einem anderen Zweck "gebraucht" wurde. Es ging im Ergebnis doch nicht darum, ob Herr Mollath am 12.08.2001 schuldunfähig war, sondern, ob hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, die generelle Vermutung, eine erwachsene Person sei schuldfähig für Herrn Mollath am 12.08.2001 zu widerlegen, und dann im Rahmen des § 20 StGB  i.d.p.r. anzuwenden. Dazu hat es dem Gericht (nicht mir!) genügt, dass Verhaltensweisen von Herrn Mollath, die zeitnäher an 2001 beobachtet wurden, im Regensburger Gerichtssaal erneut Erwähnung fanden, sei es sein Auftreten im Nürnberger Gerichtssaal, sei es seine Kommunikation mit Prominenten, sei es seine Auseinandersetzung mit dem früheren Verteidiger. Dementsprechend richteten sich die  Beobachtungen (und Fragen) des Sachverständigen nicht einmal hauptsächlich auf Herrn Mollaths Verhalten im Gerichtssaal direkt, sondern z.B. an Zeugen, die über die früheren Verhaltensweisen berichteten. Sicherlich war vieles davon auch schon aus den Akten ersichtlich, aber der Sachverständige hat durchaus etliche Fragen an Zeugen und an andere Sachverständige gerichtet. Insofern er den Konflikt mit den aktuellen Verteidigern direkt beobachtete und in seiner Stellungnahme verwertete, habe ich mich ja schon dazu geäußert.

Mit dieser Verfahrenweise hat der Sachverständige  seine Funktion erfüllt: Er hat dem Gericht, obwohl er im Ergebnis meinte, nichts wirklich verwertbares sagen zu können, genug geliefert, um daran anknüpfend eine i.d.p.r.-Entscheidung zu treffen. Ich selbst sehe das nach wie vor sehr skeptisch, denn die Anhaltspunkte sind doch - jedenfalls bezogen auf den 12.08.2001 und auf die für mich allenfalls belegbare Körperverletzung - sehr dünn: [...]

5

Gast schrieb:

Hat er das denn? So wie ich die Beiträge hier verstehe ist nicht Prof. Nedopil, sondern das Gericht dafür (genauer gesagt: für die Widerlegung der Schuldfähigkeitsvermutung) verantwortlich.

Genau das ist der Punkt. Das Gericht hat den Gutachter Nedopil überinterpretiert. Möglich wäre es, daß Nedopil hier für das Gericht einen Strohhalm präsentierte, den dieses dann dankbar ergriffen hatte, aber das ist eine Spekulation, denn Nedopil hatte sich klug und vorsichtig geäußert.

Das Gericht wollte keine zweifache Exkulpation aussprechen, zum einen keine hinreichende Tatbeteiligung im Sinne einer KV, zum anderen keine Schuldfähigkeit  feststellen ( bzw. die Schuldunfähigkeit ausschließen).

Denn sowohl eine festgestellte KV, als auch eine verminderte Schuldfähigkeit (§ 21) bis hin zur Schuldunfähigkeit (§ 20) wird doch als ein Makel empfunden, jedenfalls von den meisten erwachsenen Menschen.

Was wirklich geschehen ist bei all diesen Streitereien, das wissen die ehemaligen Eheleute allein.

Auch wieder nichts Neues unter der Sonne.

 

Sie können noch hundert Jahre gegen die überzeugende Beweiswürdigung des Gerichts anschreiben und unbelehrbar wie Mollath selbst meinen, alles besser als u. a. das Gericht, Strate und Prof. Müller zu wissen; ändern werden Sie nichts und überzeugen werden Sie niemanden, der noch bei juristischen oder vernünftigen Sinnen ist, und: Roma locuta, causa finita.

4

Gast schrieb:

Sie können noch hundert Jahre gegen die überzeugende Beweiswürdigung des Gerichts anschreiben und unbelehrbar wie Mollath selbst meinen, alles besser als u. a. das Gericht, Strate und Prof. Müller zu wissen; ändern werden Sie nichts und überzeugen werden Sie niemanden, der noch bei juristischen oder vernünftigen Sinnen ist, und: Roma locuta, causa finita.

Sehr geehrter Herr Gast,

Herr Dr. Strate selbst ist davon ausgegagen, dass er die v o l l e   Rehabilitation von Herrn Gustl Mollath  erreichen wird, er also von der Unschuld seines Mandanten überzeugt ist und wurde vermutlich von der nicht überzeugenden schriftlichen Urteilsbegründung enttäuscht. Auch Prof. Müller hat zu dem Urteil aufgrund seiner wissenschaftlichen Tätigkeit einen sehr differenzierten professionellen Standpunkt, der mehrmals deutlich zum Ausdruck gebracht wurde und auch Kritik am Urteil teilweise beeinhaltet.Ich bin auch nicht unbelehrbar, wie angeblich Gustl Mollath, sondern ich äußere meine Meinung und begründe sie auch nachvollziehbar, mit Vernunft und mit Lebensnähe und habe m.E. viele Mitkommentatoren erreicht. Mir ist auch bewußt, dass ich im engeren Sinn nichts oder wenig erreichen kann. Gleichwohl wurde durch den Diskurs offensichtlich, dass das WA-Urteil fragwürdig und sehr zweifelhaft ist. Im Gegensatz dazu bringen Sie so gut wie keine Argumente und verteidigen das Urteil unkritisch, trotz Ihrer juristischen Kenntnisse und Ihrer Einsicht in die Problematik. Insofern empfinde ich Ihr Auftreten und Ihre Kommentar als anmaßende Wadlbeißerei mit wenig Substanz.

5

Wohl keiner, der da schreibt, glaubt "etwas" ändern zu können. Und doch war's gut, daß die Gesichtspunkte zur Sprache kamen. W.

4

Bin ich der einzige, der aus einem solchen Beitrag keinen genauen Inhalt herauslesen kann?

Nein. Aber ich habe es schon lange aufgegeben, den Beiträgen hier einen juristisch irgendwie relevanten Sinn abzugewinnen.

5

Gast schrieb:

Bin ich der einzige, der aus einem solchen Beitrag keinen genauen Inhalt herauslesen kann?

Nein. Aber ich habe es schon lange aufgegeben, den Beiträgen hier einen juristisch irgendwie relevanten Sinn abzugewinnen.

Wenn Sie dies so sehen, dann wäre es konsequent sich nicht mehr -ohnehin wenig konstruktiv beitragend und ablenkend- an der Diskussion in diesem Blog  zu beteiligen. Die Beiträge von W. Kolos, Lutz Lippke, Prof. Müller und Anderen sowie auch meinen Beiträgen haben zu der weiteren Aufklärung beigetragen, beinhalten insofern juristische Relevanz und trugen zur gesellschaftlich notwendigen Reflektion über den Ausgang des Verfahrens im Fall Mollath bei.

Alle Blogs mit den Kommentaren , die sich mit dem Justizunrecht, dem Fall Mollath befasst haben, sind und bleiben Dokumente der Zeitgeschichte und der Rechtssprechung und insofern von Bedeutung.

3

Es geht mir ja nicht mal um juristisch, sondern ganz allgemein. Ich habe keine Ahnung, was das "Nein" unter dem Zitat soll. Ich sehe nicht mal eine Frage in dem Zitat.

5

Die Beiträge von W. Kolos, Lutz Lippke, Prof. Müller und Anderen sowie auch meinen Beiträgen haben zu der weiteren Aufklärung beigetragen, beinhalten insofern juristische Relevanz und trugen zur gesellschaftlich notwendigen Reflektion über den Ausgang des Verfahrens im Fall Mollath bei.

Das wäre mir neu. Diese Beiträge wiederholen ad nausem immer wieder das gleiche, nämlich, dass Mollath
1) immer und überall im Recht war,
2) sich keinerlei Straftat schuldig gemacht hat und
3) auch nicht oder nicht ausschließbar unzurechnungsfähig war.

Alle diese Beiträge negieren die alleine dem LG Regensburg zufallende originäre Aufgabe der Beweiswürdigung und meinen, die laienhaften Zuhörer des Prozesses und die manischen und völlig unkritischen Unterstützer Mollaths etc. seien dazu besser geeignet und qualifiziert. In dieser Weise kann man noch lange ad nauseam weitermachen. Ein Ende dieser schrecklichen Logorrhoe ist nicht abzusehen.

2

Gast schrieb:

Die Beiträge von W. Kolos, Lutz Lippke, Prof. Müller und Anderen sowie auch meinen Beiträgen haben zu der weiteren Aufklärung beigetragen, beinhalten insofern juristische Relevanz und trugen zur gesellschaftlich notwendigen Reflektion über den Ausgang des Verfahrens im Fall Mollath bei.

Das wäre mir neu. Diese Beiträge wiederholen ad nausem immer wieder das gleiche, nämlich, dass Mollath
1) immer und überall im Recht war,
2) sich keinerlei Straftat schuldig gemacht hat und
3) auch nicht oder nicht ausschließbar unzurechnungsfähig war.

Alle diese Beiträge negieren die alleine dem LG Regensburg zufallende originäre Aufgabe der Beweiswürdigung und meinen, die laienhaften Zuhörer des Prozesses und die manischen und völlig unkritischen Unterstützer Mollaths etc. seien dazu besser geeignet und qualifiziert. In dieser Weise kann man noch lange ad nauseam weitermachen. Ein Ende dieser schrecklichen Logorrhoe ist nicht abzusehen.

Sie weisen den Genannten ganz andere Aussagen und Motive zu, als diese selbst äußern. Ist Ihnen die Deutung allein überlassen? Allein die Unfähigkeit zur richtigen Wiedergabe und Würdigung eines realen faktischen Beweises unterlegt das Versagen der STA, des LG und des BGH. Waren Sie dazu in der Lage? Wenn ja, sind Sie tatsächlich dazu in der Lage, die Auswirkung des Rechtsfehlers falsche Beweiswürdigung auf das Urteil tatsächlich und juristisch zu bestimmen? Die zuständige Justiz hat das doch offensichtlich versäumt. Die STA hätte doch in ihrer Stellungnahme zum Revisionsantrag darlegen müssen, warum die falsche Beweiswürdigung keine Relevanz hatte. Andernfalls wäre es die Aufgabe der STA gewesen, selbst Revision einzulegen, um die falsche Beweiswürdigung zu heilen.

Ich beziehe mich deshalb auf die faktisch falsche Beweiswürdigung zum Dateiausdruck / Praxissystem, weil es dazu definitiv keine abweichende juristisch zulässige Auslegung gab und gibt. Das LG hat einen zwar dürftig ermittelten aber korrekt  aufgenommenen Beweis im Urteil falsch wiedergegeben und rechtsfehlerhaft gewürdigt. Wer das nicht nachvollziehen kann oder will, der disqualifiziert sich doch für komplexe ambivalente Entscheidungsfragen.

4

Sehr geehrter Gast, Sie schreiben zu folgendem Zitat des "Menschenrechtlers":

"Die Beiträge von W. Kolos, Lutz Lippke, Prof. Müller und Anderen sowie auch meinen Beiträgen haben zu der weiteren Aufklärung beigetragen, beinhalten insofern juristische Relevanz und trugen zur gesellschaftlich notwendigen Reflektion über den Ausgang des Verfahrens im Fall Mollath bei."

Das wäre mir neu. Diese Beiträge wiederholen ad nausem immer wieder das gleiche, nämlich, dass Mollath
1) immer und überall im Recht war,
2) sich keinerlei Straftat schuldig gemacht hat und
3) auch nicht oder nicht ausschließbar unzurechnungsfähig war.

In dieser Weise kann man noch lange ad nauseam weitermachen. Ein Ende dieser schrecklichen Logorrhoe ist nicht abzusehen.

zu 1): das trifft nicht zu, wenn man sich wirklich die Mühe macht, die Beiträge der oben genannten Autoren zu lesen. Es werden von ihnen sehr unterschiedliche Positionen dazu vertreten, wann Herr Mollath "im Recht" war und wann nicht, allerdings  übereinstimmend - sogar übereinstimmend mit dem LG Regensburg, das ihn entschädigt hat  - darin, dass Herrn Mollath durch die Unterbringung Unrecht geschehen ist.

zu 2): das LG Regensburg hat - mittlerweile rechtskräftig - entschieden, dass sich Herr Mollath keinerlei Straftat schuldig gemacht hat, insofern wiederholen die Beiträge der genannten Autoren eine Selbstverständlichkeit, das ist richtig. Aber das ist offenbar auch nötig, denn Sie z.B. haben das noch nicht verstanden.

zu 3): "unzurechnungsfähig" ist ein rechtlich nicht zutreffender Begriff, der hier im Blog auch kaum benutzt wird. Haben Sie die Beiträge, die Sie kritisieren, wirklich gelesen?

Alle diese Beiträge negieren die alleine dem LG Regensburg zufallende originäre Aufgabe der Beweiswürdigung und meinen, die laienhaften Zuhörer des Prozesses und die manischen und völlig unkritischen Unterstützer Mollaths etc. seien dazu besser geeignet und qualifiziert.

Hätten die genannten Autoren und andere Personen Ende 2012 diese Auffassung vertreten, dass man nämlich die rechtskräftige Entscheidung des  LG Nürnberg-Fürth 2006, was mit Herrn Mollath zu geschehen habe,  nicht kritisieren dürfe, da es allein diesem Gericht zustand, über Herrn Mollaths Schicksal zu entscheiden, dann säße Herr Mollath heute noch im Maßregelvollzug. Man kann ja durchaus bestreiten, dass diese Blog-Diskussion noch wirklich neue Argumente hervorbringt. Aber Ihr Argument, eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung solle am besten gar nicht kritisiert werden, stammt aus dem Obrigkeitsstaat, den wir (hoffentlich für immer) hinter uns gelassen haben.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Das wirft die Frage auf: was hat die Rechtswissenschaft für ein Verständnis von der Wahrheit, der Lüge und dem dazwischen? Sind das überhaupt Rechtsbegriffe?

Um Schlimmerem vorzubeugen:

Ich meinte es nicht als Rechtsbegriff, wirklich nicht!!

 

Selbstverständlich könnte Mollath zum Zeitpunkt seiner Exploration durch Dr. Weinberger nicht ausschließbar unter einer von Erinnerungslücken geprägten seelischen Störung gelitten haben. Aber auch das hat Dr. Weinberger dann nicht bemerkt.

 

 

5

Die STA hätte doch in ihrer Stellungnahme zum Revisionsantrag darlegen müssen, warum die falsche Beweiswürdigung keine Relevanz hatte. Andernfalls wäre es die Aufgabe der STA gewesen, selbst Revision einzulegen, um die falsche Beweiswürdigung zu heilen.

Hätte sie? Hat sie das nicht?

Was Sie so wissen...

Das wäre ihre Aufgabe gewesen? 

Soso.

 

Abgesehen davon, daß auch Prof. Müller nun mehrfach darauf hingewiesen hat, daß es auf die Datei gar nicht so sehr ankam:

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, Herr Lippke, daß die Datei NICHT den Text der ausgedruckten Version enthält? Würden Sie mit mir um z.B. 50.000 Euro wetten, daß dies doch der Fall ist?

Dann würde ich bei Frau Maske und Arzt Reichel mal nachfragen, ob wir beide uns gemeinsam die Datei auf der CD ansehen dürfen.

Schlagen Sie ein?

 

4

@Gast #11

Unterlassene Beweiswürdigung umgewandelt in eine Spekuationswette. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Ihnen seriöse Juristen zurufen "Genau!"

Ob es für den Tatnachweis auf die falsche Beweiswürdigung zur Datei ankam oder nicht, ist für mich unbeantwortet. Fehler im Zusammenhang mit dem Ausschluß eines Belastungseifers im August 2001 und zur Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen ist evident. Da in diesem Zusammenhang ansonsten mit einer Gesamtschau zu auslegbaren Indizien gewürdigt wurde, stellt die fehlerhafte Würdigung eines faktischen Beweises bzw. ja sogar Versäumnis der ohne Weiteres möglichen Auswertung des echten Beweismaterials eine erhebliche Fehlleistung dar. Wenn man unterstellt, dass STA und Gerichte nicht den Anspruch "Hauptsache einen Täter" verfolgen, dann musste das als Versagen wahrgenommen werden.

Ich kann also nicht darüber befinden, ob die Feststellungen und Tatzuweisung der Realität entspricht. Ich kann aber feststellen, dass STA und Gerichte vorhandene einfache und eindeutige Beweismittel falsch bearbeitete und nicht zur Fehlerkorrektur in der Lage waren. Mich interessieren dazu die Fragen:

1. Warum ist das so?

2. Handelt es sich um ein Versagen im konkreten Einzelfall oder ein systemisches Versagen?

3. Welche Schlussfolgerungen kann/muss man daraus ziehen?

Die Behauptung, dass es keinen Fehler gab, offenbart Realitätsverweigerung. Die Behauptung, dass dieser Fehler in der Sache unerheblich war, beanwortet meine Fragen nicht.

 

2

Lutz Lippke schrieb:

Ich kann also nicht darüber befinden, ob die Feststellungen und Tatzuweisung der Realität entspricht. Ich kann aber feststellen, dass STA und Gerichte vorhandene einfache und eindeutige Beweismittel falsch bearbeitete und nicht zur Fehlerkorrektur in der Lage waren. Mich interessieren dazu die Fragen:

1. Warum ist das so?

2. Handelt es sich um ein Versagen im konkreten Einzelfall oder ein systemisches Versagen?

3. Welche Schlussfolgerungen kann/muss man daraus ziehen?

Die Behauptung, dass es keinen Fehler gab, offenbart Realitätsverweigerung. Die Behauptung, dass dieser Fehler in der Sache unerheblich war, beanwortet meine Fragen nicht.

1. Man hatte eine Idee/ einen Plan.

2. Es handelt sich um systemisches Versagen, weil es dauernd vorkommt, im Sachverständigenbereich mindestens zu 70%.

3. Das System bedarf dringend der Erneuerung. Eine gute erste Hilfe-Maßnahme wäre z.B. jeden Sachverständigen, der Befinden und Befindlichkeit von Tat- bzw. Handlungszeiten nicht feststellt, und jede RichterIn, die das durchgehen lässt, aus dem Verkehr ziehen.

 

 

RSponsel schrieb:

2. Es handelt sich um systemisches Versagen, weil es dauernd vorkommt, im Sachverständigenbereich mindestens zu 70%.

Quelle?

5

72% psychiatrischer Gutachten ohne Exploration

Gast schrieb:

RSponsel schrieb:

2. Es handelt sich um systemisches Versagen, weil es dauernd vorkommt, im Sachverständigenbereich mindestens zu 70%.

Quelle?

Dinger, Andrea; Koch, Uwe et al. (1992). Querulanz in Gericht und Verwaltung. München: Beck. S. 113:

"Eine Exploration - nach gutachtentechnischen Empfehlungen ein unabdingbarer Bestandteil jeder Begutachtung - wurde nur in 5 Fällen [RS: von 18, das sind nur 28%] durchgeführt."

Wenn die bayerische Justitz Haltung hätte, hätte sie die bayerischen Skandalfälle zum Anlass nehmen müssen, sämtliche §§ 20, 21, 63, 64, 67e StGB zu überprüfen, dann hätten wir eine solidere Datenbasis. Es ist natürlich klar, warum sie es nicht tat. Recht? Wissenschaft?

 

RSponsel schrieb:

 

"Eine Exploration - nach gutachtentechnischen Empfehlungen ein unabdingbarer Bestandteil jeder Begutachtung - wurde nur in 5 Fällen [RS: von 18, das sind nur 28%] durchgeführt."

 

Also müsste die Überschrift eigentlich lauten "Datenbasis unsolide - Studie nicht repräsentativ".

Quote:

Es ist natürlich klar, warum sie es nicht tat.

Tut sie doch im Rahmen der Rechtsmittel?? Kein Nachweis zur Tatzeit gibt auch keinen § 20 StGB + Maßregel.

5

Stillschweigendes Okkultismus-Kartell

Gast schrieb:

RSponsel schrieb:

"Eine Exploration - nach gutachtentechnischen Empfehlungen ein unabdingbarer Bestandteil jeder Begutachtung - wurde nur in 5 Fällen [RS: von 18, das sind nur 28%] durchgeführt."

Also müsste die Überschrift eigentlich lauten "Datenbasis unsolide - Studie nicht repräsentativ".

Quote:

Tja, die Sache mit dem "eigentlich". Ist eigentlich eigentlich ein Rechtsbegriff?

Es ist natürlich klar, warum sie es nicht tat.

Tut sie doch im Rahmen der Rechtsmittel?? Kein Nachweis zur Tatzeit gibt auch keinen § 20 StGB + Maßregel.

Nein. Ich kenne keinen Auftrag, sämtliche Verfahren mit Gutachten zur §§ 20, 21, 63, 64, 67e in Bayern zu überprüfen. Das könnte das stillschweigende Okkultismus-Kartell auch gefährden und deshalb wird es nicht gemacht. Da wir gerade dabei sind.

Okkult_b bedeutet  verborgen, geheim, dunkel. Über solche Fähigkeiten müssen forensische PsychiaterInnen verfügen, wenn sie ohne Exploraton, ohne persönliche Untersuchung, dennoch gutachten. Obwohl sie definitiv nichts wissen können, mimen sie doch Wissen, indem sie "gut"achten.  Sie müssen also über verborgene, geheime Fähigkeit verfügen: wissen trotz Nichtwissen. Das nenne ich Dialektik, da macht selbst Hegel einen Salto.

Das Kartell kommt zustande durch Hinnehmen, Dulden der RichterInnen. Es bedarf dazu so wenig einer Hinterzimmerverschwörung, wie wenn Shell die Benzinpreise erhöht nachdem Aral sie erhöht sie hat. Die müssen sich da nicht absprechen*. Man versteht sich ohne Absprache. Die eine Meinungszunft versteht sich prima mit der anderen. Frei meinen können ist einfach eine feine Sache.

*

http://www.sgipt.org/politpsy/global/kartell.htm

Herr Lippke, Sie machen hier aus einer Mücke eine Elefanten.

Richter sind Menschen, Menschen machen Fehler. Solange das aber für das Ergebnis eines Urteils gar nicht relevant ist, zudem die Wahrscheinlichkeit, daß es sich tatsächlich so verhält, wie es das Gericht darstellte, bei 99% liegt, hat Ihre Kritik kaum mehr Substanz als das Rügen eines Rechtschreibfehlers.

 

3

Gast schrieb:

Herr Lippke, Sie machen hier aus einer Mücke eine Elefanten.

Richter sind Menschen, Menschen machen Fehler. Solange das aber für das Ergebnis eines Urteils gar nicht relevant ist, zudem die Wahrscheinlichkeit, daß es sich tatsächlich so verhält, wie es das Gericht darstellte, bei 99% liegt, hat Ihre Kritik kaum mehr Substanz als das Rügen eines Rechtschreibfehlers.

 

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie Jurist sind. Warum sollte wegen einer Mücke die Elefantenjagd eröffnet werden (gerichtliche Untersuchung des Praxissystems)? Warum dieser Aufwand und gleichzeitig die Mangelhaftigkeit bei Auftrag, Ausführung, Auswertung und Beweiswürdigung?

Wie ermitteln Sie eine Wahrscheinlichkeit von 99%? Kennen Sie überhaupt den Unterschied zwischen Wahrscheinlichkeit und spekulativer Gläubigkeit?

5

Wenn Sie schon nicht wetten wollen:

Fragen Sie doch selbst mal höflich dort an, vielleicht gewährt man Ihnen Einsicht.

Sie hätten dann dann das Verdienst, eine erneute Wiederaufnahme zu ermöglichen, die dann endlich, endlich Recht schafft!

3

Ein Festival unklarer Rechtsbegriffe - oder doch nicht?

Der folgende Aufsatz ist vieleicht für die hier geführte Diskussion interessant.

Quote:

"Der Zweifelssatz in der neueren Rechtsprechung des BGH

Richter am BGH a. D. Dr. Klaus Miebach, Wachtberg

I. Allgemeines

Die gesamte Beweiswürdigung wird von dem rechtsstaatlichen Fundamentalgrundsatz zur Fussnote 1 beherrscht, dass bei Anwendung des materiellen Strafrechts bei Zweifeln im Tatsächlichen zugunsten des Angeklagten zu entscheiden ist. zur Fussnote 2 Der Zweifelssatz regelt im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung ausschnittweise den „Umgang mit Nichtwissen“. zur Fussnote 3 Dass vom Gericht nicht überwindbare Zweifel einer Verurteilung entgegenstehen, folgt aus den Grundsätzen des § STPO § 261 (Volle Überzeugung von der Schuld des Angeklagten), der Unschuldsvermutung und dem Verbot der Verdachtsstrafe. Der Zweifelssatz ist Ausdruck des dem Grundrechtsschutz und einer fairen Verfahrensgestaltung verpflichteten Rechtsstaatsprinzips. ..."

Sehr spannend finde ich folgende Stelle:

Quote:

" Nach ständiger Rechtsprechung zur Fussnote 8 können bloß „abstrakte“, „theoretische“, „unvernünftige“ Zweifel – der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlangt den Nachweis, dass „kein vernünftiger Mensch mehr zweifelt“ zur Fussnote 9 –, für die es keine reale Grundlage gibt, und übertriebene („überspannte“) Anforderungen an die vom Tatgericht zu erlangende Gewissheit das für die Verurteilung „nach der Lebenserfahrung ausreichende Maß an Sicherheit“ nicht in Frage stellen."

Ist "vernünftiger Mensch" ein Rechtsbegriff? Was sagen die Experten?

* Quelle:

Miebach: Der Zweifelssatz in der neueren Rechtsprechung des BGH        NStZ-RR 2015, 297

RSponsel schrieb:

Ein Festival unklarer Rechtsbegriffe - oder doch nicht? [...]

Ist "vernünftiger Mensch" ein Rechtsbegriff? Was sagen die Experten?

* Quelle:

Miebach: Der Zweifelssatz in der neueren Rechtsprechung des BGH        NStZ-RR 2015, 297

Diese "schönen" Formulierungen in richterlichen Schreiben auf Beschwerden werden ja oft gebraucht, neben einer "vernünftigen" Betrachtungsweise kenne ich auch noch die "verständige" Betrachtungsweise.

Damit wird ja Kritik a priori abgebügelt, weil damit eine unvernünftige oder unverständige Betrachtungsweise beim Kritiker impliziert wird.

Das sind alte rhetorische Tricks (oder wertfrei rhetorische Stilmittel) aus der Mottenkiste eines jeden Redners (oder Schreibers).

Vor Keppler (und später Galilei) hatte kein "vernünftiger Mensch" daran gezweifelt, daß sich die Sonne um die Erde dreht, oder noch früher, daß die Erde eine Scheibe sei.

Die herrschende Meinung = Mehrheitsmeinung war da unvernünftig.

@ Sponsel

1. Man hatte eine Idee/ einen Plan.

Wer hatte einen Plan und welchen?

Eine gute erste Hilfe-Maßnahme wäre z.B. jeden Sachverständigen, der Befinden und Befindlichkeit von Tat- bzw. Handlungszeiten nicht feststellt, und jede RichterIn, die das durchgehen lässt, aus dem Verkehr ziehen.

Darf ich fragen, wie "Befinden", "Befindlichkeit" und "feststellen" als Rechtsbegriffe legitimiert sind, in Ihrer Argumentation?

Ist "vernünftiger Mensch" ein Rechtsbegriff?

Früher sagte man "gesunder Menschenverstand" - eher Ihr Metier.
Oder in juristischen Kreisen: h.M.. Wegen Keppler und Gallilei ist die allerdings, wenn ich Rudolphi richtig verstehe, ohnehin eher abzulehnen.
Keine Definition, kein Halt, nirgendwo - auch für Richter nicht. Entscheiden müssen sie trotzdem.
Und weil das so ist, hat immer irgendwer irgendwas an Gerichtsurteilen zu nörgeln, und natürlich immer zu recht, was ich keineswegs ironisch meine. Das kann man zelebrieren bis ins Unermeßliche. Würden das Richter tun, kämen sie niemals zu einem Ergebnis, weil es dieses, so wie SIE es fordern, nicht gibt und nicht geben kann.

So ist die Welt, so ist der Mensch.

Die Frage ist doch, wenn man diese Realität anerkennt:

Wo ist Kritik sinnvoll für unsere Gesellschaft, wo ist sie zerstörerisch?

Die hier z.T. geäußerte Kritik von Lippke, "Menschenrechtler" oder Ihnen, Dr. Sponsel, empfinde ich zunehmend als zerstörerisch (nicht nur "bizarr"), ähnlich dem, was die blaue Partei vorantreibt, nämlich zu kritisieren, Unmögliches zu fordern, ohne praktikable Lösungen selbst anzubieten oder gar vorzumachen, obwohl dies möglich wäre.

"Eine Exploration - nach gutachtentechnischen Empfehlungen ein unabdingbarer Bestandteil jeder Begutachtung - wurde nur in 5 Fällen [RS: von 18, das sind nur 28%] durchgeführt."

Wenn die bayerische Justitz Haltung hätte, hätte sie die bayerischen Skandalfälle zum Anlass nehmen müssen, sämtliche §§ 20, 21, 63, 64, 67e StGB zu überprüfen, dann hätten wir eine solidere Datenbasis. Es ist natürlich klar, warum sie es nicht tat.

Das ist klar?! Mir nicht. Warum denn?
Vermutlich übersehen Sie, daß Gerichtsurteile NICHT auf der Exploration des SV beruhen, sondern auf der freien Meinungsbildung des Gerichts, also auf der Basis aller ihm in der HV dargelegten Informationen, deren TEIL ein solches Gutachten ggfs ist. 
Sollte, wie "Menschenrechtler" meint, hier in dieser Blog-Diskussion irgendeine Art von Aufklärung erfolgt sein, dann doch hoffentlich diese! Was also wäre da warum derartig pauschal zu überprüfen?

 

Was Ihr "Okkultismus-Kartell" betrifft:
Haben Sie mal ein eigenes Gutachten da, in dem Sie zeigen, wie es richtig geht?
Oder lehnen Sie psychiatrische Gutachten generell ab, also auch die entsprechenden Rechtsvorschriften, bei denen entsprechende SV-Hilfe notwendig ist?

5

Gast schrieb:

Oder in juristischen Kreisen: h.M.. Wegen Keppler und Gallilei ist die allerdings, wenn ich Rudolphi richtig verstehe, ohnehin eher abzulehnen.

So war das nicht gemeint, sondern auch der h.M. fehlt die totale Absolutheit in der Wahrheitsfindung, so wie z.B. 2 immer größer/mehr als 1 sein wird, dies wird auch nie zu erschüttern sein.

Mein alternativer Vorschlag für "ohne Zweifel aller vernünftigen Menschen" wäre "nach gegenwärtig mehrheitlichen menschlichem Ermessen", aber auch das ist natürlich angreifbar und außerdem auch ein Wortungetüm.

 

Zum Stichwort der "unabdingbaren" Exploration für ein psychiatrisches Gutachten noch:

Wer die als Angeklagter dann verweigert, zieht einem Gutachten den Zahn, denn dann wird es ja besonders angreifbar. Das dürfte sich vielleicht Mollath gedacht haben für seine Verteidigungsstrategie.

In der Diskussion war aber doch auch mal, daß die Verteidigung bereits in der Ermittlungsphase da mitwirken kann.

"Verfahrensrecht am Ausgang des 20. Jahrhunderts"

Autor Egon Müller:

"Über Probleme des Sachverständigenbeweises im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren"

http://archiv.jura.uni-saarland.de/projekte/Bibliothek/text.php?id=280

 

Günter Rudolphi schrieb:

Mein alternativer Vorschlag für "ohne Zweifel aller vernünftigen Menschen" wäre "nach gegenwärtig mehrheitlichen menschlichem Ermessen", aber auch das ist natürlich angreifbar und außerdem auch ein Wortungetüm.

Ja eben. Egal wie man es umschreibt, letztendlich läuft es auf Kasuistik hinaus. D.h. Urteile lesen und mit dem vorliegenden Fall vergleichen. Was ist gleich, was ist anders, was kann man übertragen. Letztendlich hängt es daran und nicht an dem "vernünftigen Menschen" o.ä. Formulierungen.

0

Mustergutachten

Gast schrieb:

@ Sponsel

Haben Sie mal ein eigenes Gutachten da, in dem Sie zeigen, wie es richtig geht?

Ein eigenes Gutachten erfordert die Einwilligung der ProbandIn, ist also schwierig. Aber es ist auch gar nicht nötig, da in den Mindestanforderungen (2005) ja steht, wie es geht. Dazu müsste man sie aber kennen und beachten:

"C. Katalog der formellen und inhaltlichen Mindestanforderungen für forensische Schuldfähigkeitsgutachten

Die Vorschläge zur Qualitätssicherung von psychiatrischen Schuldfähigkeitsgutachten sind in erster Linie ausgerichtet auf die Abfassung des schriftlichen Gutachtens. Dafür empfiehlt sich die Einhaltung einer relativ schematischen Struktur, nicht nur um wesentliche Punkte nicht zu übersehen, sondern auch, weil es dem Leser leichter fällt, das Gutachten zu erfassen, wenn er genau weiß, wo welche Informationen zu finden sind. Deshalb enthalten die Vorschläge sowohl formale Anforderungen an Aufbau, Gliederung und Umfang des Gutachtens als auch inhaltliche Aspekte wie die Verwendung kriterienorientierter Diagnosen entsprechend ICD-10 oder DSM-IV-TR. Der Katalog ist ausgerichtet auf die Begutachtung aller Störungsbilder, die im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen der §§ 20 und 21 StGB in Betracht kommen. Besonders hohe Anforderungen an die Qualität des Gutachtens müssen an die – in der Praxis wichtige – Begutachtung von Beschuldigten mit Verdacht auf Persönlichkeitsstörung oder Paraphilie im Zusammenhang mit der Schuldfähigkeitsbeurteilung bei Gewalt- und Sexualstraftaten gestellt werden. Die Arbeitsgruppe hat deshalb für solche Gutachten näher ausgeführte Vor­schläge entwickelt. Die Arbeitsgruppe betont, dass die Beachtung von Mindestan­for­derungen das Studium von Lehrbüchern und die Auseinandersetzung mit der ak­tuel­len wissenschaftlichen Literatur nicht ersetzt. Diese Auseinandersetzung ist zwangs­läufig auch Bestandteil eines wissenschaftlich begründeten Gutachtens. Einigkeit bestand auch, dass der Bezug auf Klassifikations­systeme und Lehrbücher keiner Zitierung im Gutachten bedarf.

I. Formelle Mindestanforderungen

1.1. Nennung von Auftraggeber und Fragestellung

1.2. Darlegung von Ort,Zeit und Umfang der Untersuchung

1.3. Dokumentation der Aufklärung

1.4. Darlegung der Verwendung besonderer Untersuchungs- und Dokumentationsmethoden (z.B. Videoaufzeichnung, Tonbandaufzeichnung, Beobachtung durch anderes Personal, Einschaltung von Dolmetschern)

1.5. Exakte Angabe und getrennte Wiedergabe der Erkenntnisquellen

a. Akten

b. Subjektive Darstellung des Untersuchten

c. Beobachtung und Untersuchung

d. Zusätzlich durchgeführte Untersuchungen (z.B. bildgebende Verfahren, psychologische Zusatzuntersuchung)

1.6. Eindeutige Kenntlichmachung der interpretierenden und kommentierenden Äußerungen und deren Trennung von der Wiedergabe der Informationen und Befunde

1.7. Trennung von gesichertem medizinischen (psychiatrischen, psychopathologischen, psychologischen) Wissen und subjektiver Meinung oder Vermutungen des Gutachters

1.8. Offenlegung von Unklarheiten und Schwierigkeiten und den daraus abzuleitenden Konsequenzen, ggf. rechtzeitige Mitteilung an den Auftraggeber über weiteren Aufklärungsbedarf

1.9. Kenntlichmachung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der beteiligten Gutachter und Mitarbeiter

1.10. Bei Verwendung wissenschaftlicher Literatur Beachtung der üblichen Zitierpraxis

1.11. Klare und übersichtliche Gliederung

1.12. Hinweis auf die Vorläufigkeit des schriftlichen Gutachtens.

 

II. Inhaltliche Mindestanforderungen

1.13. Vollständigkeit der Exploration, insbesondere zu den delikt- und diagnosenspezifischen Bereichen (z.B. ausführliche Sexualanamnese bei sexueller Devianz und Sexualdelikten, detaillierte Darlegung der Tatbegehung)

1.14. Benennung der Untersuchungsmethoden. Darstellung der Erkenntnisse, die mit den jeweiligen Methoden gewonnen wurden. Bei nicht allgemein üblichen Methoden oder Instrumenten: Erläute-

[Forens Psychiatr Psychol Kriminol 1 2007 Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten >7] rung der Erkenntnismöglichkeiten und deren Grenzen

1.15. Diagnosen unter Bezug des zugrunde liegenden Diagnosesystems (i. d.R. ICD-10 oder DSM–IVTR). Bei Abweichung von diesen Diagnosesystemen: Erläuterung, warum welches andere System verwendet wurde

1.16. Darlegung der differentialdiagnostischen Überlegungen

1.17. Darstellung der Funktionsbeeinträchtigungen, die im Allgemeinen durch die diagnostizierte Störung bedingt werden, soweit diese für die Gutachtensfrage relevant werden könnten

1.18. Überprüfung, ob und in welchem Ausmaß diese Funktionsbeeinträchtigungen bei dem Untersuchten bei Begehung der Tat vorlagen

1.19. Korrekte Zuordnung der psychiatrischen Diagnose zu den gesetzlichen Eingangsmerkmalen

1.20. Transparente Darstellung der Bewertung des Schweregrades der Störung

1.21. Tatrelevante Funktionsbeeinträchtigung unter Differenzierung zwischen Einsichts- und Steuerungsfähigkeiten

1.22. Darstellung von alternativen Beurteilungsmöglichkeiten."

Zur Arbeitsgruppe (Nur 1 Psychologe dabei!):

"Eine an forensisch-psychiatrischen Fragen besonders interessierte interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Juristen,  forensischen Psychiatern und Psychologen sowie

Sexualmedizinern hat die nachfolgenden Empfehlungen für die forensische Schuldfähigkeitsbeurteilung nach §§ 20, 21 StGB erarbeitet. Die Mitglieder der Ar-

beitsgruppe waren:  VRinBGH Dr.  Rissing-van Saan, VRiBGH Nack, RiBGH Basdorf, RiBGH Dr. Bode, RiBGH Dr. Boetticher, RiBGH Dr. Detter, RiBGH Maatz, RiBGH

Pfister,  VRiBGH a.D.  Dr.  Schäfer,  die Bundesanwälte Hannich und Altvater, der Kriminologe Prof. Dr. Schöch (München), der Rechtsanwalt Dr. Deckers (Düsseldorf ),

die forensischen Psychiater Prof. Dr. Berner (Hamburg), Prof. Dr. Dittmann (Basel), Prof. Dr. Foerster (Tübingen), Prof. Dr. Kröber (Berlin), Prof. Dr. Leygraf (Essen), Dr.

Müller-Isberner (Gießen), Prof. Dr. Nedopil (München), Prof. Dr. Saß (Aachen), Dr. Habermeyer (Rostock), die Sexualmediziner Prof. Dr. Dr. Beier (Berlin), Prof. Dr. Bo-

sinski (Kiel) und der Rechtspsychologe Prof. Dr. Köhnken (Kiel)."

Ich kenne keinen Auftrag, sämtliche Verfahren mit Gutachten zur §§ 20, 21, 63, 64, 67e in Bayern zu überprüfen.

Wieso nur in Bayern???

Gelten diese Gesetze nur dort?

5

@ Lippke

 

Ich dachte mir schon, daß Sie den Faden völlig verloren haben.

Bei der Untersuchung ging es ursprünglich um eine fehlende Datei, eine Beweisanregung von RA Strate.

http://strate.net/de/dokumentation/Mollath-Hauptverhandlung-2014-07-28.pdf, S. 17

Mit Ihrem Mücken-Elefanten hatte das gar nichts zu tun.

 

Die Wahrscheinlichkeit ermittle ich mit meinem "gesunden Menschenverstand", Logik (Stichwort: Transitivität).

Sagen Sie mir Ihre Zahl, und dann lassen Sie uns das überprüfen.

 

 

 

4

@ Rudolphi

Würden Sie den Fall Mollath wirklich kennen, wüßten Sie, daß sich die Frage eines SV im Ermittlungsverfahren noch gar nicht stellte.

5

Gast schrieb:

@ Rudolphi

Würden Sie den Fall Mollath wirklich kennen, wüßten Sie, daß sich die Frage eines SV im Ermittlungsverfahren noch gar nicht stellte.

Ist mir doch bekannt, Mollath hatte jedoch zweimal vor dem Nürnberger Prozeß eine ambulante Exploration verweigert und im Regensburger Prozeß wieder eine durch den SV Nedopil.

Aber der Aufsatz geht darauf im Prinzip doch ein und nur darauf kam es mir an.

Heute ist der Autor Prof. Dr. Egon Müller, u.a. "RA Prüfer".

Der Schluß des vorher genannten Aufsatzes:

"Jenseits dieser Vorschläge de lege ferenda scheint mir ein Appell an die Verteidiger an der Zeit[30]. Selbst die de lege lata bescheidenen Möglichkeiten und Chancen der Einwirkung auf die Staatsanwaltschaft werden offensichtlich nicht genutzt. Viele Verteidiger scheinen auf die Beteiligung an der Auswahl des Sachverständigen zu verzichten, um sich die Freiheit zu erhalten, später dessen Gutachten anzugreifen[31]. Hier halte ich ein Umdenken für notwendig. Gerade weil die StPO für die Verteidigung keine formellen Überwachungsrechte vorsieht, um die Gutachtenerstellung durch den Sachverständigen zu kontrollieren, sollten die Interventionen im informellen Programm genutzt werden. Sie reichen von der Weigerung des Mandanten, aktiv an der Exploration mitzuwirken, bis hin zur Ankündigung, den Mandanten zur Untersuchung durch den Sachverständigen zu begleiten und damit zu unterbinden, daß es zu unzulässigen Untersuchungen kommt[32]. Nicht in dem späten Bemühen, Unrichtigkeiten oder Widersprüche im Gutachten aufzuspüren und offenzulegen, liegt die beste Chance der Verteidigung, sondern in dem Versuch, so frühzeitig wie möglich Einfluß auf die Qualität der Person des Sachverständigen zu nehmen. Gerade der Sachverständigenbeweis kann Umstände zutage fördern, die dem Sachverstand der Strafverfolgungsbehörden entgangen sind und der Verteidigung ungeahnte Möglichkeiten bieten."

Meine ja bereits früher geäußerte Kritik an G.M. bezieht sich auch darauf, daß er dem SV Nedopil eine Exploration verweigerte und sich dann später darüber beklagte, er wäre von ihm falsch beurteilt worden.

Hat der SV aber keine Exploration zur Verfügung als Anknüpfung für sein Gutachten, dann bleiben ihm doch nur die "Aktenlage" und eigene Beobachtungen des Verhaltens des Probanden/Angeklagten/Betroffenen.

Da muß sich ein Proband/Angeklagter/Betroffener mal entscheiden, welche Strategie er fährt.

Nedopil zum Beispiel sagte ja in einem Interview (Zitate gefettet aus http://www.sueddeutsche.de/bayern/mollath-gutachter-nedopil-psychiater-o...):

"Er selbst übrigens würde sich nicht begutachten lassen. "Wenn ich etwas getan habe, dann stehe ich dazu und muss mich in die Hände des Gerichts begeben", sagte er. "Aber ich muss nicht auch noch meine Seele vor denen entblättern." Gustl Mollath hat das Interview gelesen und diesen Satz genüsslich zitiert."

Aber das genüßliche Zitieren reicht alleine nicht aus, wenn man nicht konsequent danach auch handelt und sich entsprechend konsequent/konsistent verhält.

Alles andere ist "Wasch` mir den Pelz, aber mach` mich nicht naß!" und das wird nicht funktionieren i.d.R., denn die Gegenspieler - oder die Richter - sind auch nicht von vorgestern i.d.R.!

Ohne Exploration bleibt dem SV in aller Regel gar nichts ...

Günter Rudolphi schrieb:

Hat der SV aber keine Exploration zur Verfügung als Anknüpfung für sein Gutachten, dann bleiben ihm doch nur die "Aktenlage" und eigene Beobachtungen des Verhaltens des Probanden/Angeklagten/Betroffenen.

...und wenn er wissenschaftlichen und berufsethischen Anstand hat, sagt er das auch und gibt den Auftrag zurück. Praktisch ist das Gegenteil der Fall. Nichts ist leichter als ein Meinungs"gut"achten. Da muss man sich nicht mit Fakten quälen. Die allzu willfährige forensische Psychiatrie hat sich vom Recht zu solch abenteuerlich-okkulten Praktiken missbrauchen lassen, weshalb das Recht sich auch nicht genötigt sieht, die Gesetzeslücke zu schließen.

Der rein theoretisch andere Weg wäre, die forensische Psychiatrie würde sich Vertrauen erwerben. Aber in ihren Standardwerken* kommt das Wort "Vertrauen" noch einmal in ihren Sachregistern vor. Die wissen gar nicht was ist und was es für eine Bedeutung hat. Das wäre die notwenige Basis für einen subjektwissenschaftlichen Ansatz, dem sie aber vorne und hinten nicht gewachsen sind. Die Forensische Psychiatrie ist nicht in der Lage, sich aus ihrer Sumpf- und Schlammbasis zu befreien. Das hat auch noch tieferen Gründe, nämlich dass das fünfstöckige Haus der Psychiatrie in der Luft hängt, weil das Erdgeschoss, die Basis des Erlebens und Verhaltens, fehlt. Und das ist wiederum der Grund, dass es mit Objektivität, Reliabilität und Validität schlechter als mit dem Zufall bestellt ist. 

*

http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/UntF.htm#Vertrauen,%20Vertrauensbezie...

@ G. Rudolphi

Ich gebe Ihnen Recht dass es ggf. taktisch klug sein kann einer Exploration zuzustimmen. Bei Hr. Mollath bin ich mir aber nicht sicher, ob das nicht das Gegenteil vom Gewünschten bewirkt hätte. "Mund halten und Vorteil ausspielen" galt bei dem Prozess m.E. wegen der doch durchweg positiven Presse-Berichterstattung über Hr. Mollath bzw. der negativen über die Justiz im Besonderen. Da bietet sich, objektiv-taktisch gesprochen, nur unerwünschte Angriffsfläche, wenn man es anders macht.

4

Für eine Verurteilung ist eine Exploration sicherlich unumgängliche Voraussetzung, für einen Freispruch aber eben nicht.

Die Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten sehen Akten zumindest als Erkenntnisquelle vor. Weiter heisst es dort:

Quote:

Die psychiatrische Diagnose nach ICD-10 und DSM-IV-TR ist nicht mit einem Eingangsmerkmal des § 20 StGB gleichzusetzen. Ob der sachverständige Befund unter ein Eingangsmerkmal des § 20 StGB zu subsumieren ist, entscheidet nach sachverständiger Beratung der Richter.

und

Quote:
Wichtige verfahrensrechtliche Fragen wurden in der Arbeitsgruppe erörtert, aber nicht in die Empfehlungen aufgenommen, weil es hier meistens um schwierige Abgrenzungsfragen ging, deren Entscheidung dem Einzelfall vorbehalten bleiben muß: z.B. welche Erkenntnisse aus beigezogenen Akten früherer Verfahren verwertet werden dürfen; [...]

Zu i.d.p.r. konkret äußern sich die Mindestanforderungen soweit ersichtlich nicht.

Von daher sehe ich die grundsätzliche Regensburger Vorgehensweise, wie sie Prof. Müller auf S. 16 in #14 dargestellt hat, nicht als das Problem. Das Problem ist ob das Ergebnis für eine Widerlegung der Schuldfähigkeitsvermutung gereicht hat und das gegen die i.d.p.r. § 20 StGB Entscheidung trotz BZR-Eintrag kein Rechtsmittel zulässig ist.

2

@Menschenrechtler #18

Mir fehlt rechtswissenschafliches Hintergrundwissen, um die Mängel im Abgleich mit allgemeingültigen wissenschaftlichen Methoden systematisch darzustellen. Ich denke, dass hierzu WR Kolos bisher die wichtigsten Ansätze dargestellt hat. Es fehlt darüber hinaus willentlich an einer systematischen Fundierung bzw. fristet diese ein Schattendasein. Um es auf den Punkt zu bringen: Mit der einsichtigen Feststellung, dass ein Rechtsfall nicht mit dem 1*1 mathematisch lösbar ist, wird die Unberechenbarkeit der juristischen Methoden begründet. Nur wer behauptet eigentlich eine solche Berechenbarkeit?

Vielmehr wird u.a. auch von mir vorgetragen, dass es um Klarheit, Kalkulierbarkeit und Bestimmung der Grenzen der anwendbaren Methoden geht. So ist eine summarische Entscheidung "~100%" zu einer Versuchsreihe von 1000 Individuen bei rechnerischer Wahrscheinlichkeit von 99% scheinbar angemessen. Die gleiche Entscheidung auf den Einzelfall bezogen ist jedoch i.d.R. unangemessen. Jedenfalls dann, wenn es genauere Prüfungen gibt oder die Entscheidung erhebliche Auswirkungen hat. Wer würde sich wohl gegen Grippe impfen lassen, wenn (nur) 99/100 die Impfung überleben. Dabei klingt 99 % doch so gut wie 100%. Diese Problemlage ist mathematisch darstellbar. Im Übrigen auch für Abschätzungen (unbekannte Variablen, Schätzwerte, Grenzwerte).

@Gast #27

Statt Erklärung Ihrer Denkweise und Methodik reagieren Sie mit Abwehr und neuen schlichten Behauptungen. Ihr "gesunder Menschenverstand" ist genauso schlicht wie die behaupteten 99 %. Sie könnten ja sogar recht haben, sind aber nicht in der Lage, die Methode Ihrer Erkenntnis / Abschätzung darzulegen. Ihr Ergebnis ist somit sachlich nicht begründet und unterliegt Ihrer persönlichen Willkür. Wenn jemand behauptet, mit einem Sechser im Lotto zu gewinnen, dann hat er eine rechnerische Chance von 1 zu X Mio. Also weit weniger als 1%. Nach ihrer Lesart wäre ein Sechser im Lotto damit faktisch ausgeschlossen und die Behauptung des tatsächlichen Gewinns nach "gesundem Menschenverstand" eine Lüge.

3

@ Lippke

Sie wollen sich ja interessanterweise GAR nicht zu einer Wahrscheinlichkeit äußern, mir wäre dabei auch zunächst ziemlich egal, wie Sie zu Ihrer Einschätzung kommen, könnte man später drüber reden.

Sie können mir natürlich auch gerne erklären, wie Sie zu Ihrer Einschätzung kommen, dann lerne ich nich was, aber sagen Sie doch erstmal eine Zahl, bevor Sie hier mit persönlichen Beleidigungen herumwerfen!

 

0

OT (Ergänzung zu #35) : Mindestanforderungen für Geschätsfähigkeits-, Prozessfähigkeits- und Testierfähigkeitsgutachten lassen sich aus den Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten sehr leicht gewinnen. Eigentlich muss Tat nur durch Handlung  oder Willenserklärung ersetzt werden. 1-12 bleibt so. In 1.13, 1.18, 1.19 und 1. 21 wird angepasst. Die Anpasung finden Interessierte hier:

http://www.sgipt.org/forpsy/GUF/MA_GuF.htm

 

Na, Lippke?
Ok, ich leg' mal vor:

Zur Diskussion steht (fett):

Die Angaben des Zeugen R zum Zeitpunkt der Untersuchung der Nebenklägerin sowie das Attest vom 14.8.2001 werden nämlich durch den von der RBA Nürnberg gefertigten Auszug aus dem Praxis-Backup vom 27.3.2002 bestätigt, aus dem sich ergibt,

dass die Word-Datei mit der Bezeichnung
„M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc“, die das Attest vom 14.8.2001 beinhaltet,

tatsächlich bereits am 14.8.2001 gespeichert wurde. Damit ist auch eine erst nach der Trennung der Nebenklägerin vom Angeklagten erfolgte erstmalige Ausstellung des Attests ausgeschlossen.

Quelle: https://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/l...

Feststellungen der IT-Untersuchung:
http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-IT-Untersuchung-2014-08-0...

  1. Die Datei „M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc“ auf dem Server enthält den gleichlautenden Text der in der HV vorliegenden Attest-Ausdrucke vom 14.8.2001 und 3.6.2002 (pdf-S. 10)
  2. Diese Datei ist mit der auf den 14.8.2001 datierenden Eintragung der elektronischen Krankenakte verknüpft und konnte von dort aus aufgerufen werden (pdf-S. 2)
  3. Diese Verknüpfung hat das Speicherdatum 14.8.2001 in der elektronischen Krankenakte (pdf-S. 7)
  4. Neben dieser Eintragung gibt es inhaltlich auf eine körperliche Auseinandersetzung mit Verletzungen hinweisende Eintragungen in der elektronischen Krankenakte vom 14.8.2001 (pdf-S. 4-6)
  5. Eine Datei mit diesem Namen findet sich auf der Backup-CD vom 27.3.2002 (also vor dem in Frage stehenden angeblichen "Fälschungsdatum" 3.6.2002)

[6. Es ist nicht dokumentiert, daß diese Datei auf der CD geöffnet wurde und deren Inhalt festgestellt wurde.]

 

Annahme Lippke wegen 6.:
Die Word-Datei mit der Bezeichnung
"M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc"
enthält (möglicherweise) NICHT das gedruckte Attest vom 14.8.2001.

Zur Wahrscheinlichkeit dieser Annahme:
(Berechnungsgrundlage für die, die das nicht kennen:
http://de.wikihow.com/Berechnung-von-Wahrscheinlichkeiten#Berechnen_der_...)

[Ich verzichte wegen Lippke und 6. auf den einfachen und an sich schon sehr wahrscheinlich richtigen Weg "Wenn A=B und B=C, dann A=C", wobei
A = Bestätigung Zeuge Reichel über Inhalt des von ihm gefertigten Attests unter Vorlage des Ausdrucks
B = Bestätigung, in der IT-Untersuchung, Punkt 1 (Dateiname Server=Textinhalt Ausdruck)
C = Dateiname auf der Backup CD = Dateiname Server]

 

Wenn das Dokument, wie von Lippke als möglich behauptet, einen anderen Inhalt haben sollte als die dem Gericht vorliegenden und das dem Zeugen Reichel vorgelegte(n) ausgedruckte(n) Exemplar(e), müßten folgende Bedingungen zutreffen:

 

  1. Petra Mollath hat bezüglich der KV am 12.8.2001 gelogen, die KV hat nicht stattgefunden, es gab keine körperliche Auseinandersetzung mit Verletzungen, denn ansonsten machte ja eine in Verdacht stehende Fälschung (Abweichender Inhalt der Datei "M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc" im Vergleich zu den Ausdrucken) eines Attests keinen Sinn. [Wegen der Konstellation "Aussage gegen Aussage" nehme ich hier eine Wahrscheinlichkeit von 1/1 an, ist also für die Wahrscheinlichkeitsbetrachtung das Dokument betreffend nicht relevant.]
  2. In der Praxis wurde die Worddatei manuell unzulässig verfälscht (Urkundenfälschung)
  3. In der Praxis wurden die in das EDV-Praxissystem eingegebenen Daten (elektronische Krankenakte) gefälscht (Urkundenfälschung)
  4. Zeuge Reichel hat in der HV gelogen (uneidliche  Falschaussage)
  5. Zeugin Simbeck hat in in der HV gelogen (uneidliche  Falschaussage)
  6. Zeugin Krach hat in in der HV gelogen (uneidliche  Falschaussage)
  7. Mollath hat in der HV bzw. in seiner Schrift "Was mich prägte" gelogen. [Da der Angeklagte in der HV lügen darf, nehme ich dies aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung heraus.]

(Quellen zu den Zeugenaussagen und der Beweiswürdigung des LG Regensburg vgl.
https://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/l..., S. 13-67)

Jetzt treffe ich folgende, ganz sicher sehr (!) viel zu hoch gegriffene, statistische Annahme bezüglich der jeweiligen Einzelbedingungen (vorauszusetzenden begangenen Straftaten der Zeugen in 2.-6.):
"20 von 100 Zeugen lügen in einer Gerichtsverhandlung oder fälschen in Bezug zur angeklagten Tat Urkunden."
Eine jeweilige, voneinander unabhängige Wahrscheinlichkeit von 1/5.
Dies in 5 Fällen (2.-6.) ergibt eine Gesamt-Wahrscheinlichkeit von (1/5*1/5*1/5*1/5*1/5)
1/3125 = 0,032%
Das ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß 2.-6. auf Straftaten von Zeugen basieren, also die Word-Datei mit der Bezeichnung
"M Petra29.09.196008-14-200106_49.doc"
möglicherweise NICHT das gedruckte Attest vom 14.8.2001 enthält.

Meine Wahrscheinlichkeit (daß die Datei den Text des gedruckten Attests tatsächlich enthält) beträgt demnach:
100% - 0,032% = 99,968%

So.
Ihre Rechnung bitte, Lutz Lippke!

 

4

Zwischenfrage: wie kommen Sie zu Ihren Unabhängigkeitsannahmen?

Gast schrieb:

Eine jeweilige, voneinander unabhängige Wahrscheinlichkeit von 1/5.

@Gast #39

Es ist einfach so: es gibt keine Wahrscheinlichkeit, solange es dafür keinen Maßstab, keine verifizierbare Regel gibt. Was Sie mit Wahrscheinlichkeit bezeichnen, ist spekulative Annahme entsprechend Ihrem subjektiven Weltbild. Selbst wenn dieses mehrheitsfähig wäre, könnte es verzerrt und mit dem "gesunden Menschenverstand" unvereinbar sein. Um das zu klären, braucht es verifizierbarer Methoden.

Ich beleidige Sie also nicht, sondern beschreibe und kritisiere die fehlende Methode in Ihrer Wertung.

Dass ich Ihnen keine Zahlen nenne, hat einen einfachen Grund. Jede Wahrheit gilt in einem konkreten Wahrheitsraum, auch die Wahrscheinlichkeit. Existiert kein definierter Wahrheitsraum, gibt es keine Wahrheiten. Was Sie oder ich persönlich befinden, ohne diese Wertung mit Tatsachen und Regeln in einem Wahrheitsraum belegen zu können, bringt uns keinen Schritt weiter'. 

3

Seiten

Die Kommentare sind für diesen Beitrag geschlossen.