Erbscheine ohne Erbquoten seit dem 17.08.2015 möglich (§ 352a Abs. 2 S. 2 FamFG)

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 23.01.2016
Rechtsgebiete: ErbscheinErbrecht|16818 Aufrufe

Die Überführung von verfahrensrechtlichen Vorschriften aus dem BGB in das FamFG brachte zum 17.08.2015 die Option, dass in einem Erbscheinsantrag keine Erbquoten ausgewiesen sein müssen (§ 352a Abs. 2 S. 2 FamFG). Hierzu müssen „alle Antragsteller“ auf die Aufnahme der Erbteile in dem Erbschein verzichten. Dieser Verzicht ist gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären, sodass ein Verzicht gegenüber den Miterben nicht ausreichend ist (BeckOK FamFG/Schlögel § 352a Rn. 3).

Nach neuem Recht ist die Einziehung eines Erbscheins ohne Erbquoten nicht mehr möglich; dieser ist schließlich nicht unrichtig geworden (§ 2361 BGB). Früher ließ die Rechtsprechung vereinzelt einen vorläufigen Erbschein ohne Quote zu, der aber nach Erteilung des endgültigen Erbscheines eingezogen wurde (Lange/Kuchinke § 39 Abs. 4 Rn. 1549; MüKoBGB/J. Mayer § 2357 Rn. 16). Jedoch wird der quotenlose Erbschein jetzt nicht mehr nur vorläufig erlassen.

Zimmermann zufolge ist in solchen Konstellationen ein Antrag auf Ergänzung des alten quotenlosen Erbscheins statthaft (ZEV 2015, 520, 522). Daher hält er auf Antrag aller oder sogar nur einzelner Miterben eine Ergänzung des Erbscheins um die Erbquoten für zulässig. Neue Gerichtsgebühren würden nicht entstehen, da diese durch die für den quotenlosen Erbschein bereits angefallene Verfahrensgebühr abgegolten sind (Nr. 12210 KV GNotKG). Sollte eine Ergänzung des Erbscheins unzulässig sein, hätten die Miterben eine Erbenfeststellungsklage zu erheben (§ 256 ZPO).

Praxishinweis: Theoretisch scheint es sich um eine für die Praxis nützliche Option zu handeln. So besteht für die Miterben vor Vorlage eines Erbscheins das Problem, dass sie sich gegenüber Grundbuchämtern und Kreditinstituten nicht legitimieren können. Daher können Miterben nicht ohne Weiteres die genaue Nachlasszusammensetzung in Erfahrung bringen. Da Privatpersonen durchaus keine Erbquoten, sondern Gegenstände einzelnen Personen zuweisen, können sich aus dem Verhältnis der Werte gegeneinander erst die richtigen Erbquoten ergeben.

Gleichwohl erfordert der quotenlose Erbschein, dass sämtliche potenziellen Miterben einen entsprechenden Verzicht gegenüber dem Nachlassgericht erklären. Das setzt eine Einigungsbereitschaft bei sämtlichen Miterben voraus. Wenn nur ein potenzieller Miterbe die Nachlassabwicklung blockieren möchte, so kann er dies auch in Zukunft tun.

Waren dagegen in der Vergangenheit im Grundsatz die Miterben einig, so konnten sie auch schon einen Erbschein mit Erbquoten beantragen und gleichzeitig vereinbaren, dass diese Quoten bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht maßgeblich sind.

Weiter bleibt das Problem bestehen, ob eine bedachte Person Miterbe oder Vermächtnisnehmer ist. Ein Vermächtnisnehmer kann schließlich nicht im Erbschein aufgenommen werden. Für das Nachlassgericht stellt sich zukünftig mithin auch bei Beantragung eines quotenlosen Erbscheins das Problem, ob eine bedachte Person Miterbe und Vermächtnisnehmer ist. In der Praxis bezweifele ich, dass diese neue Option im Hinblick auf die früheren Vergleichsmöglichkeiten wirklich nützlich ist.

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