Keine konkludente Inbezugnahme eines Zeitarbeits-Tarifvertrags

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 11.02.2016
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtZeitarbeitequal payLeiharbeit|2736 Aufrufe

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet in seinem § 9 Nr. 2 grundsätzlich Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen (Gebot des "equal treatment" und des "equal pay"). Allerdings kann ein Tarifvertrag abweichende Regelungen zulassen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Abs. 2 AÜG festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet; im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

Die "Vereinbarung" liegt jedoch nicht schon darin, dass der Arbeitgeber den Tarifvertrag anwendet. Das gilt auch dann, wenn er selbst kraft Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband an diesen gebunden ist. Ist der Arbeitnehmer nicht seinerseits als Gewerkschaftsmitglied tarifgebunden, muss die Bezugnahme im Arbeitsvertrag erfolgen. Dies setzt regelmäßig - schon wegen der Nachweispflicht des Arbeitgebers aus § 2 Abs. 1 Nr. 10 NachwG - eine ausdrückliche (schriftliche) Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien voraus:

Eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne von § 9 Nr. 2 AÜG verdrängt nur dann den Anspruch auf gleiche Vergütung, wenn beide Parteien des Arbeitsvertrages daran gebunden sind. Die Bindung kann durch beiderseitige Mitgliedschaft in den tarifschließenden Verbänden entstehen oder durch Bindung an das Tarifwerk im Arbeitsvertrag. Die alleinige Mitgliedschaft des Arbeitgebers in einem Arbeitgeberverband, der Tarifverträge abschließt, reicht nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis über Jahre nach den Regeln dieses Tarifvertrages gehandhabt wurde.

Aus diesem Grunde hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern das beklagte Unternehmen verurteilt, an den Kläger für Arbeitseinsätze in einem Zeitraum von drei Jahren über 16.000 Euro nachzuzahlen.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. vom 22.12.2015 - 2 Sa 105/15

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