Mindestlohn steigt vermutlich auf 8,80 Euro – Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission regelt künftige Verfahrensweise

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 03.03.2016

Mit Spannung wird derzeit die Entscheidung der Mindestlohnkommission darüber erwartet, wie sich der Mindestlohn weiter fortentwickelt. Dieses Gremium beruht auf den §§ 4 ff. MiLoG und ist dort näher ausgestaltet. Der Anpassungsbeschluss hat nach § 9 MiLoG bis zum 30.6.2016 mit Wirkung zum 1.1.2017 zu erfolgen. In § 9 Abs. 2 S. 2 MiLoG heißt es, die Kommission orientiert sich bei der Festsetzung des Mindestlohns nachlaufend an der Tarifentwicklung. In der Geschäftsordnung (vgl. § 10 Abs. 4 S. 2 MiLoG), die sich die Kommission – laut einem Bericht der FAZ – jetzt gegeben hat, ist festgelegt worden, an welcher Kennziffer sich die Kommission orientieren wird. Zurückgegriffen wird auf den vom Statistischen Bundesamt monatlich aktualisierten Index zur Entwicklung der tariflichen Stundenlöhne in der Gesamtwirtschaft. Wichtig ist ferner eine weitere Regelung der Geschäftsordnung, die vorsieht, dass die Kommission mit ihrem Vorschlag zur Mindestlohnanpassung nur dann von dem Tarifindex abweichen kann, wenn „besondere, gravierende Umstände aufgrund der Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung vorliegen“ und wenn sie die Abweichung mit Zweidrittelmehrheit beschließt. Das setzt de facto Einigkeit zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften voraus. Von daher lässt sich konstatieren, dass künftig mit einem Verhandlungspoker in der Kommission nicht gerechnet werden kann. Sie hat sich gleichsam selbst auf die Rolle eines Notars beschränkt, der lediglich das Ergebnis einer Rechenoperation amtlich feststellt. Geht man davon aus, so würde der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2017 voraussichtlich von aktuell 8,50 Euro die Stunde um 30 Cent auf 8,80 Euro steigen. Wie der Tagesspiegel aus Kreisen der Mindestlohnkommission erfuhr, lässt der sogenannte Tarifindex für 2015 und das erste Halbjahr 2016 eine stärkere Erhöhung nicht zu. Sollten IG Metall und ver.di im April und Mai hohe Tarifabschlüsse für die zusammen mehr als fünf Millionen Beschäftigten in der Metallindustrie und im öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes durchsetzen, könnte das den Tarifindex so beeinflussen, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 8,82 oder 8,83 Euro möglich wäre. In dem Fall, so die Einschätzung in der Mindestlohnkommission, wären die Arbeitgeber bereit zum Aufrunden und würden einen Mindestlohn von 8,85 Euro ab 1.1.2017 akzeptieren. Die nächste Erhöhung steht dann erst 2019 an.

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