Die Rechtsbeugung des OWi-Richters: BGH hält Verurteilung!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.03.2016

Wir hatten diese Thematik schon im Blog. Nun hat der BGH entschieden. Der OWi-Richter, um den es geht, war frustriert oder sauer oder was auch immer. Jedenfalls fand er die aus seiner Sicht nötigen Messunterlagen wohl nie in seinen Akten....und sprach darauf frei. Na ja. Besser und richtig wäre es natürlich gewesen, die Unterlagen mit Nachdruck anzufordern oder nach § 69 Abs. 5 OWiG zu verfahren. Das LG verurteilte wegen Rechtsbeugung, der BGH hat das jetzt gehalten. Hier geht es zu der Meldung bei Beck dazu. Ich bin schon auf die weitere Begründung gespannt...

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7 Kommentare

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Mich hat interessiert, wie die dienstrechtlichen Konsequenzen aussehen.

Mit der Rechtskraft des Urteils endet das Richterverhältnis wegen § 24 DRiG:

Quote:

Wird gegen einen Richter durch Urteil eines deutschen Gerichts im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkannt auf

1.
    Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlichen Tat,

[...]

so endet das Richterverhältnis mit der Rechtskraft dieses Urteils, ohne daß es einer weiteren gerichtlichen Entscheidung bedarf.

Der Richter war zu einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden.

http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/lg-erfurt-urteil-bussgeldrichter-r...

Der Richter ist also spätestens nach der BGH-Entscheidung keiner mehr.

 

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Die verschiedenen Entscheidungen zum Thema Rechtsbeugung sind recht interessant.

Klar ist der Fall des Betreuungsrichters. Da hat sich jemand vorsätzlich um des eigenen Vorteils willen massiv klar über das Recht hinweggesetzt.

Weniger eindeutig scheint mir schon der Fall des Zivilrichters. Hier habe ich beim subjektiven Tatbestand Zweifel. Offenbar war es doch wohl so, dass der Richter meinte, so auf diesem Weg dem Recht zum Erfolg verhelfen zu können. Und es liegt ziemlich nahe, dass er bei hinreichendem Unrechtsbewusstsein wohl kaum diese Idiotie begangen hätte.

Noch problematischer finde ich den Fall des OWi-Richters. Dieser war doch recht offensichtlich davon überzeugt, das Recht richtig anzuwenden. Und es ist, auch wenn es wenig sinnvoll ist, das Recht eines erstinstanzlichen Richters, abweichend von der Rechtsmeinung der höheren Instanz zu entscheiden. Dass die Auffassung, es liege ein Verfahrensfehler im Verantwortungsbereich der Behörde vor, der dazu geführt habe, dass das Messergebnis für das Gericht nicht nachprüfbar und die Ordnungswidrigkeit deshalb nicht beweisbar sei, jenseits jeglicher irgendwie vertretbarer Rechtsmeinung liegen soll,  halte ich für so überzeugend nicht. Jedenfalls zeigt dieser Fall doch deutlich, wo sich richterliche Unabhängigkeit und Anwendung des Rechtsbeugungsparafen gegenüberstehen. Es gibt keine größere Gefahr für die richterliche Unabhängigkeit als eine zweifelhafte Anwendung des § 339 StGB.

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Richter schrieb:

Noch problematischer finde ich den Fall des OWi-Richters. Dieser war doch recht offensichtlich davon überzeugt, das Recht richtig anzuwenden.

Das reicht aber nicht, wenn eine andere Vorgehensweise vom Gesetz (§ 69 Abs. 5 OWiG) vorgeschrieben ist und der Richter mehrfach von einer höheren Instanz auf seinen Fehler hingewiesen wird - und jedesmal wenn er von der höheren Instanz aufgehoben wurde hat er in dem Fall auch sein Verhalten geändert.

Dann ist irgendwann auch die Schwelle zum "für möglich halten und billigen" überschritten.

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Dass die Auffassung, es liege ein Verfahrensfehler im Verantwortungsbereich der Behörde vor, der dazu geführt habe, dass das Messergebnis für das Gericht nicht nachprüfbar und die Ordnungswidrigkeit deshalb nicht beweisbar sei, jenseits jeglicher irgendwie vertretbarer Rechtsmeinung liegen soll, halte ich für so überzeugend nicht.

Es kommt auf die Begründung an. Im Übrigen kann heute doch jeder Richter nahezu jedes privat gewünschte Ergebnis mit "Treu und Glauben" bzw. "Rechtsmißbrauch", "abgestufte bzw. sekundäre Beweislast" etc. begründen und sich dabei nach herrschender Ansicht immer auf § 242 BGB als einen "allgemeinen Rechtsgrundsatz" berufen, und schwupps ist es schon keine Rechtsbeugung mehr, sondern nur noch Anwendung des Gesetzes. Hatte dem betroffenen Richter das mit diesem angesagten deus ex machina noch niemand gesagt?

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Bei Straftaten muss doch wohl auch Vorsatz bewiesen werden, oder nicht? Nach dem "in dubio pro reo"Grundsatz müsste dann doch wohl zugunsten des Angeklagten die ihm günstigste Begründung unterstellt werden. Oder sehe ich da etwas falsch?

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@Richter (????):

1. Bei Vorsatztaten muss der Vorsatz bewiesen werden.

2. Zu "in dubio" ein kleines Zitat aus BVerfG 2 BvR 665/02 : "Die Überzeugungsbildung des Landgerichts verstößt auch nicht gegen den Grundsatz "in dubio pro reo". Diese Entscheidungsregel ist nicht schon dann verletzt, wenn der Richter nicht zweifelte, obwohl er hätte zweifeln müssen, sondern erst dann, wenn er verurteilte, obwohl er zweifelte"

 

 

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Der Fall des OWi-Richters wirft, wie ich finde, eine interessante Frage auf:

Gibt es mehr Verurteilungen wegen Rechtsbeugung gegen Richter, die

a.) freigesprochen oder

b.) verurteilt haben?

Und welche Erklärungsansätze gibt es dafür? Kennt vielleicht jemand eine Quelle/Untersuchung dazu oder hat eigene Erkenntnisse?

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