BGH zum Wohnrecht im Pflichtteilsergänzungsrecht

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 15.07.2016
Rechtsgebiete: Erbrecht1|9578 Aufrufe

Endlich! Der BGH hatte in seinem Urteil vom 29.06.2016 die Möglichkeit, zu einer viel diskutierten Frage Stellung zu beziehen (Az. IV ZR 474/15), und zwar den Auswirkungen eines Wohnrechtes auf den Fristbeginn des § 2325 Abs. 3 BGB. 

Behält sich der Erblasser bei der Immobilienschenkung ein Nießbrauchsrecht vor, war der Beginn des Fristlaufs gemäß § 2325 Abs. 3 BGB gehindert. Nach dem diesbezüglichen Grundsatzurteil des BGH vom 27.04.1994 (Az. IV ZR 132/93) diskutierten Rechtsprechung und Fachliteratur intensiv, ob und inwieweit diese Rechtsprechung auch auf den Vorbehalt eines Wohnrechtes zu übertragen war. 

Der BGH hat jetzt festgestellt, dass in Ausnahmefällen die Frist mit Schenkungsvollzug bei Wohnrechtsvorbehalt nicht beginnt. Es kommt sehr auf den Einzelfall an. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte sich der Erblasser die Erdgeschosswohnung und damit das Wohnungsrecht an einer von drei Etagen vorbehalten. Das genügte dem BGH nicht, dass die Frist nicht begann. Der Schenker konnte eben nicht den Gegenstand im Wesentlichen weiter nutzen. Dabei stellte der Bundesgerichtshof darauf ab, dass im Vergleich zum Nießbrauchsrecht der Wohnungsrechtsberechtigte nur selber nutzen kann und die Nutzung eben nicht Dritten (gegen Miete) überlassen kann. Der BGH bestätigte damit im Grundsatz die zu diesem Thema ergangene obergerichtliche Rechtsprechung.

Geradezu in einem Nebensatz findet sich noch ein interessantes Detail: Bislang wurde durchaus vertreten, dass die Frist auch dann nicht beginnt, wenn der Schenker die Immobilie tatsächlich nutzt. In dem Urteil des BGH vom 29.06.2016 bezeichnete der BGH eine rein faktische Nutzung als rechtlich unerheblich. In dem dortigen Fall hatte der Erblasser noch zwei Zimmer im Obergeschoss und das dortige Badezimmer genutzt

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1 Kommentar

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Gerade die Ausführungen zur faktischen Nutzung sind nicht sinnvoll begründet. Es wird darin auf eine Missbrauchsgefahr abgestellt. Aber der Missbrauch liegt doch in der (behaupteten) faktischen Nutzung und erfolgt zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten.

Insgesamt ist die Begründung des BGH-Urteils für eine so wichtige Grundsatzentscheidung leider sehr schwacht. Zum Beispiel werden verschiedene Argumente bemüht, nur um anschließend zu erklären, dass es auf sie nicht entscheidend ankomme. Also kommt es nun darauf an oder nicht?

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