Weinskandal in Sachsen, ein Jahr danach: Änderung der Weinrechtsdurchführungsverordnung

von Michael Else, veröffentlicht am 22.09.2016

Vor einem Jahr im September 2015 wurde anlässlich einer Traubenlieferung an eine Kellerei eine reguläre Probe genommen und analysiert. Dieser normale Vorgang führte in Sachsen in den folgenden Monaten zu einem Wein-Skandal, der den Ruf des gesamten Anbaugebiets Sachsen geschädigt hat. Eine Wiederholung möchte Sachsen nun mit der zum 9.9.2016 in Kraft getretenen Änderung der Sächsischen Weinrechtsdurchführungsverordnung – SächsWeinRDVO verhindern.

Was war passiert?

In einer Probe der Rebsorte Goldriesling fielen Verunreinigungen des Leseguts mit den Insektiziden Dimethoat und Iprodion auf (in einer Probe Trauben wohlgemerkt, nicht im fertigen Wein), beides Mittel ohne Zulassung für den Weinbau. Goldriesling ist eine in Sachsen weit verbreitete Rebsorte und so wurde rasch vermutet, dass auch bereits Weine im Markt davon betroffen sein könnten. Tatsächlich konnte man in den folgenden Monaten insgesamt sechs Weinbaubetriebe ausmachen, die verunreinigte Weine im Angebot hatten, auch aus älteren Jahrgängen. Mehr als 500.000 Liter Wein mussten in Folge aufgrund der fehlenden Verkehrsfähigkeit der Weine vernichtet werden.

Aber wie konnte dies geschehen?

Es kamen wohl mehrere Faktoren zusammen. Die Erzeuger nutzten die für den Weinbau nicht zugelassenen Spritzmittel für sich selbst oder aber verunreinigten mit dem Einsatz zugleich die Rebzeilen der Nachbarn. Zum anderen wurde bisher das fertige Erzeugnis Wein nicht regulär auf Rückstände aus Spritzmitteln untersucht. Aufgefallen waren die Verunreinigungen derzeit gerade nicht im Wein, sondern bei einer Traubenlieferung und der damit verbundenen Qualitätskontrolle einer Kellerei.

Wie wurde reagiert?

Dieser Vorfall soll sich natürlich nicht wiederholen. Auch wenn eine Gesundheitsgefahr abgestritten wurde, so ist der Schaden für das Vertrauen des Verbrauchers und auch des Handels natürlich immens. Abhilfe soll eine neue Regelung in der Sächsischen Weinrechtsdurchführungsverordnung schaffen, die zum 9. September in Kraft getreten ist, SächsGVBl 2016, 150.

Die Neuregelung des § 8 Abs. 2a SächsWeinRDVO ordnet nun an:

Der Untersuchungsbefund für Qualitätsweine und Prädikatsweine mit dem Prädikat Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein ist durch die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen zu erstellen.

Grundlage hierfür für diese Regelung ist § 23 Abs. 1 Weinverordnung - WeinV.

§ 23 Abs. 1 WeinV:

Mit dem Antrag auf Erteilung einer Prüfungsnummer ist unbeschadet des § 22 Absatz 5 von dem abgefüllten Erzeugnis ein Untersuchungsbefund eines von der zuständigen Stelle zugelassenen Labors vorzulegen. Einer Zulassung bedarf es nicht für Labors, die über hinreichend qualifiziertes Personal verfügen und eine Akkreditierung durch eine hierfür allgemein anerkannte Stelle erhalten haben; sie sind der zuständigen Stelle anzuzeigen. Der Untersuchungsbefund muss die in Anlage 10 genannten Angaben enthalten.

(Wobei die in Anlage 10 genannten Angaben sich nur auch sensorischen Befund, und die analytischen Werte wie etwa Alkoholgehalt, Restzucker und Säure beziehen, nicht aber auf Analysewerte von Rückständen in Wein.)

Soll ein Wein als Qualitätswein in den Verkehr gebracht werden, dann ist hierfür der Antrag auf Erteilung einer Prüfungsnummer „AP-Nummer“ erforderlich. Mit dem Antrag muss ein Untersuchungsbefund vorgelegt werden, der aber bisher in Sachsen -wie auch in anderen Ländern- von jedem akkreditierten Weinlabor erstellt werden konnte. Nun ist die Erstellung des Untersuchungsbefundes zwingend durch die landeseigene Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) angeordnet. Dies soll dazu führen, dass die Untersuchungen in einer Hand verbleiben, aber primär sollen bei jeder Untersuchung gleichzeitig Analysen auf Spritzmittelrückstände durchgeführt werden.

Alles gut? Nicht alles.

Interessant bei dieser Regelung ist, dass das Land Sachsen ganz offenbar das Vertrauen in private akkreditierte Weinlabore verloren hat, anders ist die nunmehr bestehende Alleinzuständigkeit des LUA kaum zu erklären. Es wurde zwar verlautbart, dass die Kosten der Untersuchungen durch das LUA durch das Land getragen werde, dennoch kommen Zweifel auf, ob dies einen Ausschluss anderer zuverlässiger Labore rechtfertigt. Auch diese können eine gleichwertige Untersuchung dem Grunde nach anbieten.

Weiterhin erfasst die neue Regelung allein die Qualitätsweine. Für Landweine müssen vor dem Inverkehrbringen kein amtlicher Untersuchungsbefund vorgelegt werden. Rein theoretisch bietet dies die Möglichkeit, einen betroffenen Qualitätswein abgestuft als Landwein in den Handel zu bringen, und so die amtlichen Kontrollen weitgehend zu meiden. Sollte dies passieren, dann wäre der nachhaltige Schaden für den Sächsischen Wein nicht auszudenken.

Das durch die Land Sachsen angekündigte „Sonderprüfungsprogramm für Landweine“ hat zumindest in der SächsWeinRDVO keine Regelung erfahren. Allerdings stehen dem Land auch keine Regelungskompetenzen aus der WeinV zu, für Landwein derartige Befunde anzuordnen. Höchstens im Rahmen der allgemeinen Wein-/ Lebensmittelkontrolle könnten Proben genommen und Analysen durchgeführt werden.

Aber dann wird wieder der Zufall helfen müssen.

Zum Nachlesen:

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