Finanzgericht Hamburg: Rechtmäßigkeit der Superabgabe – Keine Vorlage beim EuGH

von Prof. Dr. Jose Martinez, veröffentlicht am 04.10.2016

Das Finanzgericht Hamburg  hat am 30.9.2016 in einem Musterverfahren die Klage eines Milcherzeugers abgewiesen  Gegenstand war die Festsetzung einer Strafabgabe nach Ende des Milchquotenjahres 2014/2015 wegen Überlieferung der Milchquote, d.h. weil er mehr Milch lieferte, als seine Milchquote erlaubte (Überschussabgabe oder der Superabgabe).  Das dies kein Einzelfall ist belegen bereits die Zahlen: So haben noch im letzten  Milchquotenjahr die Behörden in Deutschland Überschussabgaben von insgesamt mehr als 300 Millionen Euro festgesetzt.

Zahlreich wurde die Auffassung vertreten, dass für die Abführung einer Superabgabe für das Milchquotenjahr 2014/2015 die rechtliche Grundlage fehle. Es bestünde nach der ersatzlosen Aufhebung der milchquotenrechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 zum 31.3.2015 keine ausreichende gesetzliche Basis für die Durchführung der EU-Milchquotenregelung nach dem 31. März 2015. Da mögliche Superabgabenbescheide für das Milchquotenjahr 2014/2015 erst nach dem 31. März 2015 erstellt und verschickt worden sein, wären die für deren Rechtswirksamkeit notwendigen Bestimmungen nach o.g. Verordnung zu früh außer Kraft getreten.

Diese Auffassung  hat die EU-Kommission nicht geteilt und eine Klärung durch den Europäischen Gerichtshof gefordert.

Das Finanzgericht Hamburg hat nunmehr entschieden, dass die Festsetzung der Milchabgabe rechtmäßig ist.

Nach Auffassung des Gerichts sei kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber der EU für das letzte Milchquotenjahr auf die Erhebung der Überschussabgabe habe verzichten wollen. Die Verordnungen des Milchquotensystems seien eindeutig und enthielten auch die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Abgabenbescheiden. Dass die Überschussabgabe erst zu einem Zeitpunkt festgesetzt wurde, als das System der Milchregulierung bereits ausgelaufen sei, stelle rechtlich keine Besonderheit dar, sondern sei im Abgaben- und Steuerrecht eine übliche Gesetzestechnik. Es liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit vor. Jeder Milcherzeuger habe – auch nach dem 31.3.2015 – damit rechnen müssen, zur Überschussabgabe herangezogen zu werden, wenn er seine Milchquote überliefert habe. Ein besonderer Vertrauenstatbestand sei nicht gegeben.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Gleichwohl bleibt die Frage offen, ob die der Entscheidung zugrunde gelegten Grundsätze des deutschen Abgaben- und Steuerrechts europarechtskonform angewandt worden sind. Leider hat das FG Hamburg auf eine Vorlage im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH verzichtet. Es bleibt abzuwarten, ob dies der BFH nachholt.

Nachweise: FG Hamburg, Urteil v. 30.9.2016 - Az. 4 K 157/15

http://justiz.hamburg.de/finanzgericht/7049956/superabgaben-superabgabe-...

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