Diskriminiert ver.di Minijobber bei der Betriebsrente?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 19.11.2016
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3467 Aufrufe

In den nächsten Monaten wird sich das BAG mit einer brisanten Rechtsfrage aus dem Betriebsrentenrecht zu befassen haben. Es geht dabei um die Ausklammerung von sog. Minijobbern und zwar – besonders pikant – durch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Das LAG München (13.1.2016 - 10 Sa 544/15) hat Anfang dieses Jahres in einer vielbeachteten Entscheidung gegen ver.di entschieden. Nach § 4 Abs. 1 TzBfG dürften teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, worunter auch geringfügig Beschäftigte fallen, nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, „es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen“. Die unterschiedliche vertragliche Arbeitszeit allein dürfe aber nicht die schlechtere Behandlung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer rechtfertigen, so das LAG. Auch aus den Reglungen zur gesetzlichen Rente für geringfügig Beschäftigte lasse sich nicht ableiten, dass für diese Personen kein Versorgungsbedürfnis bestehe. Der Gesetzgeber habe gerade seit dem 1.4.1999 ein solches Versorgungsbedürfnis anerkannt, indem er die gesetzliche Rentenversicherung schrittweise für geringfügig Beschäftigte geöffnet hat. Dass diese Öffnung nur schrittweise geschah und bis heute Ausnahmen vorsehe, sei den gewachsenen Strukturen geschuldet und ändere nichts an dem bereits erfolgten Paradigmenwechsel. Die vor dem 1.4.1999 geltende Rechtslage, wonach aus Sicht des EUGH die Herausnahme der geringfügig Beschäftigten aus der Pflichtversicherung einem Strukturprinzip des deutschen Sozialversicherungssystems entspreche, das es erlaube zu differenzieren (so noch EUGH v. 14.12.1995, C-317/93, NJW 1996, 445 und daran anschließend BAG v. 22.02.2000, 3 AZR 845/98, NZA 2000, 659), biete daher jedenfalls in dem hier in Rede stehenden Zeitraum seit 2007 keinen Ansatz mehr für einen sachlichen Differenzierungsrund. Das LAG weist sodann darauf hin, dass die Höhe der Verwaltungskosten zwar eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könne, jedoch sei dies allenfalls bei einem „krassen Missverhältnis“ denkbar. Dies liege hier aber nicht vor. Die von ver.di eingelegte Revision ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 3 AZR 83/16 anhängig.

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