OLG Düsseldorf: Keine Einspruchsbeschränkung nach § 24a StVG möglich, wenn THC-Gehalt nicht im BG-Bescheid genannt wird

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.11.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3045 Aufrufe

Meist sind Verfahrensbeteiligte froh, wenn ein Einspruch auf die Rechtsfolge beschränkt wird. Alle sparen sich dann eine größere Beweisaufnahme, da die Feststellungen im Bußgeldbescheid dann bindend sind. Gleichzeitig ist das aber auch süßes Gift - es kann nämlich durchaus ein guter Verteidiger hierdurch das Gericht auf`s Glatteis führen, wenn die Beschränkung gar nicht wirksam ist. Zuletzt gab es etwa den Fall der Beschränkung nach rechtlichem Hinweis auf Vorsatz. Hier geht es um die Unmöglichkeit der Beschränkung nach THC-Drogenfahrt - die Rechtsprechung fordert für eine Beschränkbarkeit die Nennung des HC-Wertes im Bußgeldbescheid. Hier hatte das AG Glück, weil es die Konzentration gleichwohl festgestellt hatte: 

Zwar ist eine solche Beschränkung des Einspruchs nach § 67 Abs. 2 OWiG grundsätzlich zulässig. Die Wechselwirkung von Geldbuße und Fahrverbot steht bei dieser Konstellation - anders als im umgekehrten Fall bei der Beschränkung auf die Anordnung des Fahrverbots - nicht entgegen, da die angestrebte Herabsetzung der Geldbuße keinen Grund darstellen kann, ein daneben angeordnetes Fahrverbot zu verlängern, zu verkürzen oder wegfallen zu lassen (vgl. OLG Hamm DAR 2012, 218). Vorliegend stellt indes der Bußgeldbescheid keine hinreichende Grundlage für den Rechtsfolgenausspruch dar, weil die Tat bei der dortigen Sachverhaltsdarstellung nicht hinreichend konkretisiert worden ist.
 
Nach § 24a Abs. 2 Satz 1 StVG handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Gemäß § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG liegt eine solche Wirkung vor, wenn die Substanz im Blut nachgewiesen wird. Hierbei ist der Nachweis der betreffenden Substanz in einer Konzentration erforderlich, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt und damit die in § 24a Abs. 2 Satz 2  StVG aufgestellte gesetzliche Vermutung rechtfertigt (vgl. BVerfG NJW 2005, 349). Das ist dann der Fall, wenn der von der Grenzwertkommission empfohlene analytische Grenzwert erreicht ist, der für THC (Cannabis) derzeit bei 1 ng/ml liegt (vgl. OLG Karlsruhe NZV 2007, 248; OLG Schleswig NStZ 2007, 183; OLG Saarbrücken NJW 2007, 309).
 
Der Bußgeldbescheid enthält keine Angaben dazu, welche konkrete THC-Konzentration im Blut des Betroffenen nachgewiesen wurde. Dort wird lediglich das berauschende Mittel (Cannabis) als solches angeführt. Dem Bußgeldbescheid lässt sich daher nicht entnehmen, ob überhaupt von einer beeinträchtigenden Wirkung der im Blut des Betroffenen nachgewiesenen Substanz auf dessen Fahrtüchtigkeit ausgegangen werden kann, wie es der Tatbestand des § 24a Abs. 2 StVG in verfassungskonformer Auslegung voraussetzt. Die somit unzureichende Sachverhaltsdarstellung stellt keine hinreichende Grundlage für die Bemessung der Rechtsfolgen dar, so dass die Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe der in dem Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße nicht wirksam war (vgl. OLG Hamm NZV 2010, 270; a.A. König DAR 2015, 363, 374).
 
Zutreffend ist der Hinweis des Verteidigers, dass durch den aufgezeigten Darstellungsmangel die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides nicht in Frage gestellt wird (vgl. OLG Celle ZfSch 2015, 649). Hier geht es indes um die Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs, welche aus den dargelegten Gründen zu verneinen ist.
 
Das Amtsgericht hatte im Rahmen seiner Kognitionspflicht ohne Beschränkung über den Schuldspruch und die Rechtsfolgen zu entscheiden. Es hat die erforderlichen Feststellungen - auch zur THC-Konzentration (hier: 2,1 ng/ml) - getroffen. Die Verhängung des einmonatigen Regelfahrverbots (§ 4 Abs. 3 BKatV, Nr. 242 BKat) ist nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerhaft wäre es gewesen, von Teilrechtskraft des Bußgeldbescheides auszugehen und nur noch über die Höhe der Geldbuße zu entscheiden.
 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. 11. 2016, IV-2 RBs 157/16

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