Gelockertes Kündigungsrecht für Banker?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.11.2016
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3018 Aufrufe

Frankfurt a.M. hat offenbar gute Chancen, vom britischen EU-Austritt zu profitieren. Derzeit werden vielfältige Überlegungen angestellt, wie man Frankfurt als Standort für Finanzinstitute stärken kann, die von der Londoner City zu einem anderen Handelsplatz wechseln wollen. Auch das offenbar als zu streng wahrgenommene deutsche Arbeitsrecht wird in diesem Zusammenhang angesprochen. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) antwortete in einem Interview mit dem Handelsblatt auf die Frage, ob man sich einen lockereren Kündigungsschutz für Bankmitarbeiter, die mindestens 300.000 Euro pro Jahr verdienen, vorstellen könne: „Diese Summe könnte die Grenze für den üblichen Arbeitnehmerschutz sein. Ich kann mir auch vorstellen, dass man sich in Deutschland letztlich darauf einigt: Die Schutzbedürftigkeit eines Investmentbankers muss nicht so hoch sein wie bei anderen Arbeitnehmern. Meine Überlegung geht dahin, das tradierte deutsche Arbeitsrecht dahingehend zu ergänzen, dass ein Mitarbeiter, der zwar kein leitender Angestellter ist, aber mehr verdient als der Chef des Unternehmens, weniger geschützt wird. Es gibt auch eine Blaupause für so eine Regelung: Für leitende Angestellte ist der Kündigungsschutz ja bereits beschränkt.“ In dasselbe Horn stieß jüngst auch der Finanzvorstand der Deutschen Bank, Marcus Schenck, bei einer Tagung in Frankfurt. "Man wird sich Gedanken machen müssen, wie man eine größere Flexibilität kreieren kann", sagte Schenck - etwa im Arbeitsrecht. Die FAZ (vom 25.11.2015, S. 17) zitiert den stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion Ralph Brinkhaus mit den Worten, es sei für internationale Finanzunternehmen ein Problem, wenn für ihre Angestellten das deutsche Arbeitsrecht gelte, obwohl diese 300.000 oder sogar 500.000 Euro verdienten. Denkbar sei, das Kündigungsschutzrecht in solchen Fällen zu lockern, so dass solche Fragen vertraglich zu regeln seien. Noch konkreter wird Matthew Deney von der Kanzlei Linklaters. Die FAZ zitiert ihn wie folgt: „Sinnvoll wäre eine gesetzliche Abfindungsregelung mindestens für leitende Angestellte, durch die Unternehmen die Kosten einer eventuell unwirksamen Kündigung besser abschätzen könnten. Dies würde für klare Verhältnisse sorgen und Rechtsstreitigkeiten vermeiden.“ In diesem Zusammenhang darf daran erinnert werden, dass diese Diskussion schon seit langem geführt wird (vgl. z.B. Bauer/von Medem: „One size fits all“ – im Arbeitsrecht nicht angemessen NZA 2013, 1233). Sie anlassbezogen auf die Brexitfolgen zu verengen, verkennt die größere Dimension der Fragestellung.

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